Den Vierwaldstättersee nicht links liegen lassen!

Der Vierwaldstättersee liegt idyllisch in der Innerschweiz. Dampfschiffe schaukeln pittoresk über die Wellen von Ufer zu Ufer. Gar mächtig erheben sich rundum die Berge. Da ist stolz die Rigi, auch Königin der Berge genannt. Dort ist der Pilatus, welcher mit der steilsten Zahnradbahn der Welt spektakulär bezwingbar ist. Im Hintergrund schimmert das ewige Eis des Titlis.

Interessiert Sie alles nicht? Sie suchen nur gutes Essen? Dann erst recht sollten Sie den Vierwaldstättersee nicht links liegen lassen! Ein Besuch im Restaurant Annex in Weggis (1 Stern Guide Michelin, 16 Punkte Gault Millau) könnte Sie begeistern!

Es riecht nach Winter

Dunkel ist es geworden. Früh schon. Der Herbst ist da, der Winter naht. Es nieselt vor sich hin. Es riecht schon nach Winter, es riecht nach Schnee.

Die Anfahrt: Zunächst die Monotonie der Autobahn. Kurz vor Luzern wechseln wir auf die Landstrasse. Fernlicht – Abblendlicht – Fernlicht – Abblendlicht.

Nach Kilometern gemessen sind wir schon fast da, doch die Strecke zieht sich. Küssnacht. Ah, jetzt sind wir Weggis. Gleich bei der Ortseinfahrt lotst uns das Navi Richtung See. Ein paar Kurven noch.

Da ist es auf der rechten Seite, das Parkhotel Weggis. Nein, „Park Weggis“ – das ist der neue Name. Egal – wir sind angekommen, freundlich werden wir empfangen. Unser Auto wird geparkt. Nein, parkiert, wir sind in der Schweiz.

Eintauchen und Wohlfühlen

Warmes Licht, freundliche Gesichterim Restaurant. Wir werden begrüsst und an unseren Tisch gebracht. Schade, dass es schon so dunkel ist – der wunderbare Blick auf den See entgeht uns heute Abend!

Zwei Glas Champagner kommen an unseren Tisch. Menükarte und Weinkarte werden uns gebracht. Die beiden Herren im Service sind Österreicher, die Dame ist Schweizerin. Alle drei sind sehr freundlich und sympatisch!

Einen Michelin Stern und 16 Gault Millau Punkte hat das Annex. Und zwei Menüs auf der Karte, das „Annex Menü“ sowie das saisonale „Herbst Menü„, mit jeweils bis zu 9 Gängen. Beliebige Kombinationen sind möglich.

Wir entschliessen uns zum Annex Menü (einmal 7, einmal 9 Gänge) mit kleinen Anpassungen. Statt der Kürbiscremesuppe soll Kaviar & Auster Gang aus dem Herbstmenü sein – kein Problem.

Und studieren dann die Weinkarte. Unglaubliche 2’600 Positionen! Und vom Wine Spectator mit dem „Best of Award of Excellence“ ausgezeichnet.

Wir entscheiden uns für einen Chablis „Montmains“ 1er Cru 2009 von William Fevre mit charakteristisch mineralischer Nase und intensivem Geschmack; sowie einem Nuit St. Georges 2009 von David Duband, welcher uns mit rundem, intensivem Geschmack und doch einer filigranen und spielerischen Note überraschte. Und schon geht es los…

Wir speisen im Restaurant Annex in Weggis mit Genuss

0. Grüsse aus der Küche

Die erste Grüsse werden serviert – 3 Kleinigkeiten zum Thema Maispoularde; kombiniert mit Sellerie, Pastinake, und Pistazie. Noch sind wir nur neugierig, noch nicht begeistert.

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Da bietet der zweite Gruss aus der Küche schon deutlich mehr Geschmackserlebnis: Ein Langostino wunderbar auf den Punkt gebraten, dazu Mini-Fenchel und als schöner Kontrast Mandarine.

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Danach wird uns Brot offeriert: Wir wählen aus etwa 6-8 angebotenen Sorten. Dazu Butter gesalzen und ungesalzen sowie Aufstriche / Cracker.

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1. Carpaccio vom Wagyu Filet mit Steckrübe und Burgunder Trüffel

Das Carpaccio vom Wagyu Filet hat genau die richtige Serviertemperatur, ist nicht zu dünn und geschmacklich im Mund eine Wucht. Es wirkt für sich selber, fast stehen da die „Beilagen“ mit Steckrübe, Burgunder Trüffel, Plizen und einem Wachtelei ein wenig in der zweiten Reihe.

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2. Zwyer Baerii Premier Cru Caviar und Loch Fyne Auster an Petersilie und Eigelb

Ja, die Schweiz ist unter die Kaviar Produzenten gegangen. Die Appenzeller, um ganz genau zu sein. Die junge und innovative Firma ZwyerCaviar betreibt u.a. eine Störzucht in Uruquai – und das Resultat kann sich sehen lassen! Andreas Caminda und Juan Amador sollen Zwyer Caviar einsetzen, um nur deren zwei zu nennen; und auch im Annex wird er uns serviert; die Kaviar Dose in der charakteristischen Schwarzen Kugel mit dem Zwyer Schriftzug.

Und so finden wir auf unserem Teller neben dem wohlschmeckendem Kaviar eine ausgezeichnete Auster – frisch und an den Geschmack Meer erinnernd – sowie einen wachsweichen Eidotter (fast schon eine Spur zu „wachs“ und zu wenig „weich“ für unseren Geschmack), Petersilsauce und Wurzel und (wenn uns unsere Erinnerung nicht täuscht) feine Selleriestreifen unter der Auster. Sehr gut gelungen!

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3. Gebratene Entenstopfleber an Haselnuss und Mango

Der dritte Gang ist das bisherige Highlight unsere Menüs: Da ist mal die gebratene Entenleber. Dazu gibt es Haselnuss – u.a. in der Form von Nougat-Creme, aber auch als ganze Nuss. Wir könnten versinken in den Aromen, diese Kombination ist wow gelungen! Für ergänzende Fruchtigkeit sorgt die Mango.

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4. Norwegische Jacobsmuschel auf Blumenkohl-Wasabi-Risotto

Auf einer Muschelschale werden uns präsentiert: Ein knackiges Risotto. Im Risotto Wasabi, welcher schärfe gibt. Neben dem Risotto (zum Mischen) Passisonfrucht / Passisonsfruchtkerne für die Süsse und Säure. Fettig – scharf – süss – sauer: Ein schönes Aromenspiel!

Der Blumenkohl darauf gleichfalls gelungen; er dämpft die genannten Aromen ein wenig, und verbindet sie damit umso besser. Einzig die Jacobsmuschel – auch wenn durchaus von anständiger Qualität – geriet neben diesem Aromenspiel fast ein wenig in den Hintergrund.

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5. Offenes Polenta Ravioli mit Steinpilzen und Spanferkelbäggli

Das Bäckchen vom Spanferkel war in einer wunderbar intensiven, dunklen Sauce, hätte jedoch noch für unseren Geschmack ein wenig zarter und ‚glibbriger‘ sein können. Dazu Steinpilze und einen offenen Polenta-Ravioli, welcher uns etwas ratlos zurücklässt.

Doch darunter Rosenkohl: Ach, meist erlebt man Rosenkohl höchst rustikal zubereitet. Hier jedoch war er frisch, lebendig, grün – vom Nebendarsteller für uns zur positiven Überraschung des Tellers geworden!

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6. Konfierter Isländischer Kabeljau an roter Peperoni, Ananas und Chorizo

Verschiedene Elemente befinden sich nun auf dem Teller:  Da ist einerseits der isländische Kabeljau – konfiert und sehr fein; noch ein wenig glasig, so wie wir das schätzen. Dann ist da Ananas, welche Süsse und Säure gibt. Des weiteren roter Paprika sowie zwei getrocknete Scheiben von scharfer spansicher Chorizo-Wurst.

Die Idee hinter dem Gericht finden wir spannend. Doch auf dem Teller konkurrieren hier für uns verschiedene intensive Geschmäcker miteinander, anstatt sich zu ergänzen. Und scheinen uns die Filigranität des Kabeljaus zu erschlagen. Für uns leider etwas unausgewogen.

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7. Im Teriaky mariniertes Bisonfilet mit Pak-Choi, Shiitake, Tandoori und Mais

Genial das in Teriaky marinierte Bison Filet: Dunkel das Fleisch, keine Sekunde zu gar; intensiv im Geschmack. Ausgezeichnet!

Als Begleiter gab es dazu Pak Choi, Shitake Pilze, Tandoori und Mais in verschiedenen Konsistenzen, z.B. als Creme oder als Popcorn. Auch in Summe ein sehr gelungener Gang!

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8. Rohmilchkäse vom Wagen

Danach erfreute uns die Auswahl an Rohmlichkäsen vom Wagen; eine kleine, aber durchaus schmackhafte Auswahl. Unter anderem erwähnenswert ein mehr als 4 Jahre gereifter Comté.

9. Birne Helene à l’Annex

Die Birne Hélène ist ja ein Dessert Klassiker. Zugeschrieben wird er Auguste Escoffier, welcher das Rezept 1870 anlässlich der Uraufführung von Jacques Offenbachs Operette „Die schöne Helene“ kreiert haben soll. Und auch Loriot hat die Birne Helene in Pappa ante Portas schon gewürdigt – auch wenn dort eine gewisse Uneinigkeit über das Rezept bestand (mit Apfel? Mit Birne? Mit Vanillesauce?).

Welches normalerweise in etwa wie folgt definiert ist: Die Birne wird in Läuterzucker pochieren, dann auf Vanielleeis angerichtet und schliesslich mit einer Schokoladesauce übergossen.

Im Annex wird die Birne Helene dramatisch modernisiert, und das tut ihr gut. Und sie wird in zwei Gängen serviert. Zunächst ein Becher, darin Birnenstücke, Hohlrippenbruch, ein Birnensüppchen und viel Schokolade, welche mit Popping Candy versehen für einen modischen Effekt im Munde sorgt. Geschmacklich sehr gut!

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Danach ein zweiter Teller mit Birnensorbet, darauf einem grossen runden Schokoladenchip (etwas schwierig zum zerbrechen / essen, Schokosauce und unterschiedlich zubereiteten Birnenstücken – gut gelungen!

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Petit Fours:

Der Abend neigt sich zum Ende zu. Wir sind sehr gut gesättigt, die 9 Gänge waren durchaus füllend (was ok ist! Das soll keine Aufforderung zu Minigängen sein, welche auch nach grossem Menü den Gast hungrig nach Hause entlassen! Wer alle neue bestellt, weiss, worauf er sich einlässt…).

Und so werden zum Kaffee noch einige Petit Fours gebracht. Vorne eine Art Mozartkugel im Stanizel (Marzipanmasse mit Schokolade umhüllt – leider am Tisch jemand, welcher in Mozartkugeln vor allem alles ausser dem Marzipan mag…), diverse kleine Leckereien – sehr fein!

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Unser Küchenreise-Rating:

Wir haben den Abend genossen: Ausgezeichnetes Essen, toller Sommelier, toller Service! Wir haben spannende und komplexe Gerichte erlebt. Asiatische oder fruchtige Aromen haben diese immer wieder bereichert. Küchenchef Renee Rischmeyer und sein Team haben hier souverän auf 1 Sterne Niveau gekocht.  Wir werden sehr gerne bei anderer Gelegenheit wiederkommen!

Erwähnt sei, dass der Vierwaldstättersee noch mehr zu bieten hat. Auch wenn in Luzern vor kurzem das Restaurant Jasper im Palace Hotel ‚umpositioniert‘ wurde und nun ‚Modern Dining‘ statt Sterneküche bietet.

Doch „gegenüber“ von Weggis, in Hergiswil befindet sich ein starker Newcomer, das Seerestaurant Belvédère (Bericht) mit moderner, reduzierterer Küchenlinie unter Küchenchef Fabian Inderbitzin und stylischem Ambiente.

Und „nebendran“ wird gerdade das Park Hotel Vitznau von Peter Pühringer, Eigentümer des Wiener Palais Coburg renoviert; mit grossen Plänen für die Küche. Paiais Coburg – ja dort kocht Silvio Nickol (Bericht), und das seit kurzem mit 2 Sternen und mit Ambitionen auf deren 3.

In Vitznau wird Nenad Mlinarevic an den Start gehen, der schon für Andreas Caminada in Schauenstein gekocht und danach als Küchenchef im Restaurant Neue Blumenau tätig war.  Und obendrauf noch Christian Nickel, welcher im Rigiblick in Zürich überzeugt hat. Wann die Eröffnung ist – keine Ahnung. Einmal hiess es Sommer ’12, einmal Herbst ’12, jetzt auf der Website „Soft Opening im Herbst 2012“, dann wieder Frühjahr ’13. Doch kulinarisch könnte sich hier spannendes anbahnen!

Alles in allem, der Vierwaldstätter See scheint zu kulinarischen Höhenflügen anzusetzen. Lassen Sie ihn nicht links liegen, den Vierwaldstättersee!

 

4 – Gerne wieder
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder)

Und wie bewerten andere?

Der Guide Michelin verleiht dem Restaurant Annex in Weggis einen Stern.

Der Gault Millau bewertet das Restaurant Annex mit 16 Punkten.

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Blogroll – was schreiben andere:

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Das Finanzielle:

Ca. CHF 550 für einmal 9 Gänge, einmal 7 Gänge, zwei kleine Flaschen Wein, Champagner, Wasser und Espresso – für das gebotene sehr ok! Die Weinkarte ist umfassend, von den Preisen aber nicht abgehoben; doch die kleinen Flaschen erscheinen uns vom Preis-Leistungsverhältnis hinter den grossen zurückzuliegen.

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Die Adresse

Restaurant Annex im Hotel Park Weggis Hertensteinstrasse 34 CH-6353 Weggis

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