Opulente Klassizität

Ein Abstecher durch den herbstlichen Schwarzwald liess uns bei Claus-Peter Lumpp im Restaurant Bareiss (19 Gault Millau Punkte, 3 Michelin Sterne) einkehren und klassisch inspirierte Küche auf hohem Niveau geniessen. Lesen Sie, weshalb sie unbedingt oder keinesfalls das Bareiss aufsuchen sollten!

Opulenz

Mit der opulenten Klassizität der Küche von Claus-Peter Lumpp harmoniert der festliche Klassizismus des eleganten Restaurants, in dem die Gäste eine Grosse Küche in liebenswürdigster Gastfreundschaft geniessen.

Restaurantbeschreibung der Restaurantbesitzers, Michelin iPhone App (November 2012)

Was für eine Selbstbeschreibung!

Sie polarisiert. Die einen werden nach dem Lesen zum Telefonhörer greifen, um einen Tisch zu reservieren. Die anderen werden ob der Opulenz verschreckt einen weiten Bogen um das Restaurant machen.

Diesen Satz haben wir noch nicht gekannt bei unserer Reservierung. Uns aber durchaus einen Eindruck vom Restaurant via das Internet verschafft.

Und so führte uns eines Abends das Navi durch das dunkle Baiersbronn Richtung Hotel Bareiss. Irgendwann tauchte dann über den Häusern ein hell erleuchtetes Gebäude auf. Einige Kurven später fuhren wir dann durch die weitläufige Hotelanlage. So muss Schwarzwälder Luxus auch schon im letzten Jahrhundert ausgesehen haben.

Den letzten Wegweiser in Richtung Rezeption haben wir dann übersehen, nach einem kurzen Umweg sind wir dann doch ans Ziel gekommen. Freundlich wurden wir empfangen und ins Restaurant geleitet.

Opulent, ja das ist das richtige Wort. Da ist der blaue Teppich, da sind die goldenen Vorhänge. Da sind die historisch anmutenden (und manchmal auch etwas ‚abgesessen‘ wirkenden) weiss-blau-goldenen Sessel. Da sind die ausladend dekorierten Tische. Da ist der Blumenschmuck von beeindruckender Fülle.

Von unserem Tisch können wir das Restaurant perfekt überblicken – wir lieben das. Dafür zischt der Service am Weg zur Küche immer an uns vorbei – kein Problem, wir sehen als erste, was von dort kommt!

Unser Menü im Restaurant Bareiss in Baiersbronn

0. Grüsse aus der Küche

Und wenden uns bei einem Glas Jahrgangschampagner der Speisekarte und der dicken Weinkarte zu. Zwei Degustationsmenüs werden da angepriesen, einmal mit 6, einmal mit 8 Gängen. Und eine feine Auswahl aufwändiger und komponentenreicher a la Carte Gerichte. Das 8 Gang Menü möchten wir heute abend geniessen!

Die Weinkarte ist umfassend und schwer. Natürlich findet man hier all die Wein-Superstars aus den besten Jahrgängen zu entsprechend teuren Preisen. Doch daneben – und dafür sei unser grosses Kompliment ausgesprochen – auch eine gute und breite Auswahl an preisgünstigen Tropfen!

Die Karte ist in der jeweiligen Region nach Jahrgängen sortiert – und auch bei den güstigeren Weinen sprechen auch ältere Jahrgänge für die kluge Zusammenstellung. Die Beratung durch den Sommelier ist gleichfalls sehr kompetent und wiederum kein Pushen zu Weinen teuerer Kategorien.

Schon erreichen uns die ersten Grüsse aus der Küche. Zunächst einige exquisite Kleinigkeiten wie ein Bareiss Sushi mit Sesam und Curry, danach ein genialer Löffel mit Kichererbsen und Minze (leider ohne Bild).

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Als nächstes eine Kombination von Aubergine und harmonisch zurückhaltendem Chiccoree – fein!

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Und last but noch least ein uns eher defig erscheinender Hummerravioli mit asiatischem Gemüse.

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1. Variation von der Gänsestopfleber mit Quitten und Kaffee

Der erste ‚richtige‘ Gang gibt schon einen guten Einblick in die Küchenstilistik von Claus-Peter Lumpp. Hier werden nicht zu wenige Komponenten kombiniert, gerne noch ein zweiter Teller zum Hauptteller beigefügt. Perfektion in der Produktqualität trifft auf eine klassisch angelegte Linie.

So fanden wir auf einem Glasteller eine wunderbare Gänsestopfleber, ausgezeichent harmonierend mit den Aromen des Kaffees. Rund, keine Extreme, klassisch, einfach gut. Begleitet wurde das ganze von Quitten und Kleinigkeiten wie einem Blättchen aus karamelisiertem Zucker oder getrockneten Apfelscheiben. In separatem Teller dazu ein Quittensüppchen mit Gänselebereis. Einzig die Brioche-Scheibe dazu konnte uns nicht überzeugen, sie schien uns sehr lasch und lieblos.

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2. Gebratene Jacobsmuschel mit Sauce Rouille, Vongole Verace und Curry-Sud

Wir wähnen uns in Südfrankreich. Dort wo die Kontraste in der südfranzösischen Sonne stärker sind, dort wo die Düfte extremer scheinen. Doch wo sich letztlich ein harmonisches Bild ergibt.

Genauso auf unserem Teller: Eine gebratene Jacobsmuschel von guter Qualität, oben darauf eine hauchdünne Scheibe knackigen Brotes als texturelle Abwechslung. Dazu die leichte Schärfe des  am Tisch angegossenen Curry-Suds. Venusmuscheln und andere Kleinigkeiten. Sowie die Sauce Rouille: Knoblauch ist ja nicht immer ganz einfach, doch hier ist alles rund, harmonisch und doch wunderbar intensiv.

Plakative Geschmäcker! Und sich doch zu einem tollen ganzen zusammenfügend. Wie bei einem guten Wein lang im Abgang – im positivsten Sinne!

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3. Bretonischer St. Pierre mit schwarz geräuchertem Speck und Petersilie

Auf einem kleinen Tellerchen wird der nächste Gang in kleiner Portion serviert: Der bretonische St. Pierre ist ok, der Petersilschaum harmonisch dazu, der Speck überraschend – doch nicht störend – intensiv.

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4. Geschmortes vom Kalb mit Kartoffelschaum und weissem Trüffel aus Alba

Das nächste Gericht wird in einem Glasschälchen zu unserem Tisch gebracht. Unten befinden sich zunächst kleine, geschmorte Stückchen vom Kalb. Darauf dann ein Kartoffelschaum, ein flüssiger Eidotter und kleine, knackige Stückchen von der Staudensellerie – nicht zu intensiv, um zu ergänzen, nicht zu dominieren.

Oben drauf wurde am Tisch dann noch weisser Trüffel gerieben, wenn auch die Menge auf den Tellern ein wenig unterschiedlich ausfiel. In Summe eine klassische Geschmackskomposition, perfekt umgesetzt. Noch 5 Portionen zum mitnehmen, wollen wir schon rufen!

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5. Rehrücken aus der Bareiss Jagd mit Hagebutten, Haselnüssen und Blinis

Der Rehrücken präsentiert sich perfekt zubereitet und mit tiefgründiger Sauce auf dem Teller. Gefallen hat uns die Kombination mit der Haselnuss, welche sich in feinen und etwas grösseren Stücken auf dem Teller findet und geschmacklich eine tolle Ergänzung ist wie auch von der Textur für Abwechslung sorgt. Schön dazu auch die Aromen der Hagebutte, welche Fruchtigkeit und Säure beisteuern. Klassisch und gut gelungen!

Auf einem separaten Teller noch geschmortes vom Reh (von der Rehschulter?), gratiniert und eher schwer.

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6. Käseauswahl vom Wagen

Vom gut sortierten Käsewagen durften wir anschliessend wählen und genossen diesen Gang.

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7. Sanddornsorbet mit Pralinennougat Mousse und Estragon

Der erste Dessertgang in einem kleinen Schälchen: Sorbet vom Sanddorn – mit Säure, lebendig, intensiv und Fein. Das Pralinen-Nougat-Mousse sowie die Tupfen vom Estragon-Gelee passen wunderbar dazu.

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8. Mascarponecrème mit Tahiti Vanille, Passionsfrucht und Kokosnuss

Als moderner angelegter Abschlussteller dann der Teller mit Mascarbonecreme, Kokosnuss, Eis von der Tahiti Vanille und Passionsfrucht; auf separatem kleinen Tellerchen (hier nicht abgebildet) ein Mango-Kokossüppchen mit einer Art ‚molekularem‘ Passionsfrücht-Ravioli. Ein guter Abschluss, auch wenn der Hauptteller für unseren Geschmack sehr ins süssliche tendierte.

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9. Petit Fours

Zu Ende ist noch lange nicht vorbei – die Petit Fours sind schon fast ein kleines Menü für sich: Zunächst werden da verschiedene Kleinigkeiten an unseren Tisch gebracht. Ein Mini-Schokoladenkuchen, ein Ananas Petit-Four mit ‚Popping Candy‘ und ein Passionsfrucht-Macaron. In separaten Gefässen etwas „Schwarzwälderisches“ (Schoko, Kirsch, ..) und tolle Pralinen aus weisser Schokolade mit flüssigem Hollunder.

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Danach freie Wahl vom Dessertwagen – eine beeindruckende Auswahl an Pralinen, Törtchen etc. lacht uns da an. Vor kurzem noch haben wir über kleine Tellerchen gemeckert, jetzt stellen wir fest, wie satt wir eigentlich sind…

Somit beschliessen wir den Abend „nur noch“ mit eine vorzüglichen Torte aus zweierlei Schokolade sowie einer tollen Schoko-Vanille Praline aus der beeindruckenden und zweilagigen Pralinenkiste.

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Unser Küchenreise-Rating:

Wir verlassen das  Restaurant Bareiss in Baiersbronn mit gemischten Eindrücken an diesem Abend.

Zum Ambiente – persönlich lieben wir eher Bauhaus als Barock und wir ziehen klare Linien den verspielten Schnörkel vor. Auch ist uns keinerlei sentimentaler Bezug zum Schwarzwald in die Wiege gelegt worden. Das Ambiente hat uns daher schon ein wenig erdrückt.

Zum Kulinarischen – wir genossen klassisch inspirierte Küche auf sehr hohem Niveau. Wurden mit perfekter Produktqualität und hochwertige Zubereitung verwöhnt. Doch die wilde Verwegenheit, die einzigartigen Momente haben sich eher nicht eingestellt; die ‚life changing experience‘ war nicht gegeben. Das basiert auf unseren Präferenzen – andere werden das je nach Wünschen gegebenfalls anders beurteilen.

Die Weinauswahl und Beratung – grosses Kompliment!

Der Schwarzwald– bezaubernd. Vielleicht gerade weil seine grosse Tourismus Zeit schon vorbei zu sein scheint, hat er seinen Reiz. Wenn wir wieder einmal im Schwarzwald sind, werden wir auch sehr gerne das Bareiss erneut besuchen.

3 – Wenn es sich ergibt wieder
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder)

Und wie bewerten andere?

Der Guide Michelin verleiht dem Restaurant Bareiss drei Sterne.

Der Gault Millau bewertet das Restaurant Bareiss mit 19 Punkten.

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Blogroll – was schreiben andere:

  • Sternefresser (2011)
  • Forum von Restaurant-Ranglisten.de
  • Malathounis (Feb 2010)
  • Andy Hayler (2008 und 2012)
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Das Finanzielle:

Zwei mal das 8-gängige Degustationsmenü im Restaurant Bareiss, vorab Champagner, Wein weiss & rot, Wasser und Espresso summieren sich auf ca. EUR 630,-

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Die Adressse

Restaruant Bareiss im Hotel Bareiss Gärtenbühlweg 14
D-72270 Baiersbronn

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8 Kommentare

  1. Ein schöner Bericht! Lebhaft werden die visuellen sowie geschmacklichen Eindrücke beschrieben, was es einem als Leser ermöglicht, sich auch wirklich reinzufinden. Ich war früher selbst des Öfteren im Barreis (da im Schwarzwald aufgewachsen ;)), inzwischen stimme ich aber Eurer Meinung zu! Ich mag auch lieber Bauhaus, als Barock und bin vor allem ein Fan der leichten Küche!

    Auf jeden Fall ein toller Blog, ich werde jetzt mit Sicherheit öfters vorbeischauen!!!

  2. Danke, das ihr euch solch eine mühe macht.
    Hab da einen kleinen fehler entdeckt. Oben schreibt ihr das restaurant hat 19 punkte im GM und unten stehen 17 Punkte…

  3. Moegen lieber vom Ambiente her Restaurant Bareiss als Restaurant Ueberfahrt. Letzteres etwas nuechtern. Geschmacksache. Beide Kuechen unterschiedlich (klassich vs kreativ). Der Tegernsee bietet natuerlich landschaftlich ungleich mehr.

  4. Bin begeistert von eurem Blog,den ich eben erst entdeckt habe.
    Mir gefällt das Ambiente und die Küche des Bareiss sehr.Fühle mich dort willkommen und die Küche trifft meinen Geschmack.Gerne immer wieder.Ausgezeichneter Schreibstil,chapeau !!!

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