Weshalb vergessene Söhne besser kochen

Das es in Baiersbronn nicht nur zwei, sondern gleich deren drei ‚Sterne-Restaurants‘ gibt, ist ja nicht gerade neu.

Doch geredet haben alle immer nur über die beiden 3-Sterner, über die Schwarzwaldstube und das Bareiss. Klar, Eingeweihte hat man das Restaurant Schlossberg zwar auch gekannt. Und gelobt.

Und immer wieder ausgerufen: „Eigentlich müsste das Restaurant Schlossberg ja 2 Sterne haben!“. Doch in der breiten Öffentlichkeit ist das Restaurant ein wenig vergessen gegangen.

Und so sind auch wir, wenn wir in Baiersbronn einkehrten, zu einem der Drei-Sterner gegangen. Zeit und Geld sind bekanntlich ja knappe Güter, und dann entscheidet man sich schnell mal für die ständig in den Medien präsentesten, nicht für den ‚vergessenen Sohn‘.

Doch dann wurden wir genötigt. Im positiven Sinn. Von Eingeweihten quasi. Von klugen Eingeweihten, wie wir zugeben. Und so trafen wir uns vor nicht so langem zu einem Dinner in Baiersbronn. Bei Jörg Sackmann, dem ‚vergessenen Sohn‘.

Ach ja, zum Thema vergessen. 3 Wochen später wurde das Restaurant im dem 2. Michelin-Stern ausgezeichnet. Und plötzlich wieder in allen Medien. Wir gratulieren! Und finden das gut!

Und haben mit unserem Bericht gewartet, bis sich die Hektik und der Trubel wieder gelegt haben. Doch hier sind sie, unsere Eindrücke des neuen 2-Sterne-Restaurants aus Baiersbronn:

Unser Dinner im Restaurant Schlossberg im Hotel Sackmann in Baiersbronn

Schon der erste Eindruck kann entscheidend sein. In unserem Fall waren das Grüsse aus der Küche, ein Blini mit Sockeye Lachs und fermentiertem Knoblauch, einem Sepia Ravioli mit Blumenkohl und Totanis sowie eine karamellisierte Tomatenpraline mit griechischem Joghurt und Sardellen. Eindruck gelungen – und gerade letztere blieb uns auch durch wunderbar intensiven Tomatengeschmack in Erinnerung!

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Das nun folgenden Seeigelmousse mit Koriander und Wachtelei setzte den Meeresaromen des Seeigels das dämpfende Wachtelei und ein Buttermilchmousse entgegen – eine sehr starke Kombination! Der kleine jodige Extrakick ergab sich durch ein wenig Kaviar.

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Die Jacobsmuschel dann wurde in einem intensiven Sud von Bonitoflocken dargebracht, dazu ein Schaum von Zitronengras für einen Tick Säure: Asiatisch inspiriert und überzeugend.

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Rund und wohlschmeckend dann der Kaviar als Hauptdarsteller, begleitet von Buttermilch, Eiweiss und Buchweizenbrot.

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Weiter ging unsere Reise durch das Amouse-Bouche Menü: Ein zurückhaltend angebratenes Kalbsbries mit Artischocken, dazu Lakritze und Limettenbutter, feine Röstaromen und schönes Säurespiel.

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Beim Salat aus alten Tomatensorten geben Olivencrunch Textur, Honig-Marinade ein wenig Süsse, und ein mit Angelikawurzel aromatisierter Joghurt einen milchigen Kontrast. Doch der Hauptdarsteller – die Tomaten – bleiben (vielleicht Jahreszeit-bedingt) hinter unseren Erwartungen zurück.

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Beim nächsten Gang „Gegrillter Seeteufel mit Lardo – Gemüsegarten, geräuchertes Auberginenconfit, Zitronenöl“ schien uns das Gemüse der Hauptdarsteller. Lebendig, knackig, mit säuerlichen und grünen Elementen.

Der Seeteufel und der Lardo ergänzten (nur) subtil, und vielleicht hat gerade das diesem Gang das gewisse Etwas gegeben.

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Schwertmuscheln mit Kalbsfilet – Ananas Gel, Schalotten

Nun wurden Schwertmuscheln und Kalbsfilet präsentiert: Das Kalb überzeugend, die Muschel schienen uns texturell ein wenig auf der zäheren Seite. Ein Gel von der Ananas (mit Süsse und einem Hauch Säure) sowie Schalotten (ein klein wenig Schärfe) gefielen uns dazu gut!

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Auf der fein abgestimmten Seite dann auch ein pochierter blauer Hummer, dazu Vadouvan (eine fermentierte Gewürzmischung), eine vorzügliche Sabayon mit Ingwer und Orangenblüten sowie eine texturell interessante „Knuspermischung“.

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Ein mit Zitrusfrüchten confierter Wolfsbarsch ist das nächste Gericht, dazu Vongole Verrace, grüner Rettich und eine Daikonemulsion. Ein asiatisch inspirierter Gang, welcher erneut ein von intensivem Säurespiel geprägt ist. Gelungen, doch unser Gusto auf intensive Säurespiele ist allmählich gesättigt.

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Wir kommen zum Fleischgang: Ein zarter Rehrücken mit Feigen, Butternusss-Kürbis und Wacholderbeerenstreusel sowie Rehschinkencotta. Nach Ausflügen in asiatischer Geschmäcke nun wieder mehr klassisches, geprägt von der Aromatik des Wacholders und der Süsse der Feigen.

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Ansprechend dann der Gruyère Krapfen mit Pancetta und Birnenchutney.

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Als erster süsser Gang dann Hagebutte mit Sanddorn sowie Mandelbisquit und Blanc Manger. So richtig warm wurden wir mit diesem Gang nicht.

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Die thailändische „Nam Dok Mai“ Mango hat eine dünne, gelbe Schale und ist intensiv fruchtig und süss. Als zweiter Gang aus der Patisserie erhalten wir eine solche in Kombination mit Papaya und Kokosnuss-Baiser. Eine exotische Mischung, die beim Verzehren ein Lächeln auf unsere Lippen zaubert.

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Zum Abschied des Dessert-Reigens wird es nun schokoladig: Bananen Dome und Bitterschokolade – getrocknete Bauernmilch, Luftschokolade, Lakritzkaramell, Malzschokoladeneis. Schön gefällt uns die verschiedenen intensiven und (bei der Malzschokolade) auch karamellisierten Aromen der Schokolade, dazu das Milchige und die Frucht der Banane.

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Ein langer Abend und ein beeindruckendes Menü neigen sich dem Ende zu. Schön, diesen mit einer vorzüglichen Auswahl an Petit Fours abzuschliessen!

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Und der richtige Zeitpunkt, um noch einen Blick auf die Flaschen der Weinbegleitung zu werfen:

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  • 2008 Emmanuel Brochet Brut Champagne
  • 2887 Schwarzenberg „66“ Riesling trocken, Rechsgraf von Kesselstatt, Mosel
  • 2012 Weisser Burgunder „Alte Reben“, Alexander Laible
  • 2010 Gratallops Partida Bellvisos, Sara Pérez / René Barbier, Priorat
  • 2007 Chianti Classico San Marcellino, Rocca di Montegrossi
  • 2003 Pinot Gris Vendange Tardive, Kientzler, Elsass
  • Sherry, East India, Lustau
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Unser Küchenreise-Rating

Jörg Sackmann versucht nicht, die klassisch-französische Küche der 3-Sterner Schwarzwaldstube und Bareiss im selben Ort nachzuahmen. Er ist – und das war eine kluge Wahl – eine eigenständige Weg gegangen.

Ist dabei vielleicht nicht immer so im Vordergrund gestanden in der Sternehochburg Baiersbronn. Doch der manchmal „vergessene Sohn“ hat dies genutzt, um auf eigenständige Art immer besser zu werden!

Die Küchenlinie im Restaurant Schlossberg ist international, mit einigen asiatische Anleihen. Sie ist modern, ohne jedoch übermässig stark auf der Klaviatur der avantgardistischen Technologien zu spielen. Und dadurch gefällt das Resultat am Teller.

Die verwendeten Produkte sind vorzüglich, die Gerichte sind kreativ, die technische Umsetzung ist perfekt. Der 2. Michelin Stern ist wohlverdient!

Das Ambiente des Restaurants kann mit der Küchenlinie nicht ganz mithalten. Zwar nicht so schwülstig-golden wie etwa im Bareiss, dafür doch eher sehr bodenständig und nach einer Auffrischung schreiend.

Der Service ist kompetent und charmant. Und Jörg Sackmann ist auch selbst um das Wohl der Gäste bemüht und ein vorzüglicher Gastgeber!

Wir haben den Abend sehr genossen und kommen gerne wieder!

4 – Gerne wieder

(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder)

Wie bewerten andere?

Der Guide Michelin hat Jörg Sackmann und das Restaurant Schlossberg in Baiersbronn im November 2013 erstmals mit 2 Sternen ausgezeichnet. Der Gault Millau vergibt 17 Punkte, der Gusto bewertet mit 9 Pfannen.

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Das Finanzielle

Wir waren im Rahmen einer privaten Einladung zu Gast im Restaurant.

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Die Adresse

Restaurant Schlossberg

im Hotel Sackmann

Murgtalstrasse 602

D-72270 Baiersbronn

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