Zu Besuch bei Ana und Bruno
Die einfache Küche in Italien hat ja den Ruf, perfekt zu sein. Jede Mama ist die weltbeste Köchin, alle essen immer Pasta und diese ist bissfest und lecker. Manches zwar Vorurteil, doch das mit dem bissfest stimmt sicher. Die einfache italienische Küche ausserhalb des Landes ist meistens auch fein, wenn das mit dem bissfest nicht immer so gut klappt.
Die gehobene Küche in Italien ist schon schwerer zu finden. So gibt es gemäss Guide Michelin 2011 25 3-Sterne Restaurants in Frankreich, 9 in Deutschland und nur 6 in Italien. Auch ist die gehobene italienische Küche ausserhalb des Landes selten im absoluten Spitzenfeld zu finden.
Aufgeben? Verzweifeln? Die einfache italienische Küche geniessen und die Sehnsucht nach der gehobenen italienischen Küche nicht stillen? Nein, unsere Küchenreise geht weiter auf der Suche nach dem perfekten ‚gehobenen‘ italienischen Restaurant ausserhalb Italiens. Sachdienliche Hinweise immer willkommen.
So scheuten wir keine Kosten und mühen und jetteten nach Berlin. Ok, wir machen uns gerade der Übertreibung schuldig, der Grund war ein anderer. Aber warum nicht einen Besuch der deutschen Hauptstadt auch mit einer kulinarischen Expedition in italienische Gefilde verbinden? Gerade wenn es da einen Italiener gibt, welcher im Gault Millau immerhin mit 17 Punkten bewertet wird und gleichzeitig Küche bis 24h abends anbietet – gut wenn der Flieger erst am Abend landet (und wenn die Taxi-Situation am Berliner Flughafen katastrophal ist).
Und so trafen wir ein wenig nach 21h nach einer Irrfahrt im Taxi (mit wahrscheinlich der letzten Berliner Taxifahrerin, welche Falk Faltpläne anstatt eines Navis verwendet) im Ana e Bruno. Oder besser gesagt vor dem Ana e Bruno, der Abend war italienisch warm und dann soll sich das Leben nun mal auf der Strasse abspielen.
Natürlich findet man den besten Italiener nicht ohne ausgiebiges probieren, so entschlossen wir uns ohne Zögern zum 6-Gang Menü. Für die Qualität der Photos entschuldigen wir uns, der „richtige“ Fotoapparat hatte wohl Flugangst und blieb zu Hause. Wir speisten wie folgt:
Unser Dinner im Restaurant Ana e Bruno in Berlin
0. Gruss: Geröstete Garnele auf Brocolicreme mit Mandelöl
Eine Garnele erwartete uns da auf einer Broccolicreme, mit ein wenig Mandelöl. Die Aromen ergänzen sich gut, ein netter Einstieg.
1. Hummer auf Bohnen mit Thunfischwölkchen und Trüffel
Grüne Bohnen, fein und knackig. Darauf zwei Stück vom Hummer; eines weich, eines etwas zäher. Dazu „Thunfischwolken“, quasi Tonnato vom Vitello Tonnato in Form eines Schaumes, sowie Trüffel.
Interessante Kombination, Hummer Tonnato sozusagen. Hatte durchaus seinen Reiz.
2. Saibling auf Erbsencreme mit marinierten Tyhmiantomaten
Danach ein Stück vom Saibling, auf Erbsencreme gebettet. Oben drauf kleine Stückchen von marinierten Tyhmiantomaten. Wiederum durchaus sich gut ergänzende Aromen, wenn auch bis jetzt der grosse Wow-Effekt ausgeblieben ist.
3. Gänseleber auf Kapstachelbeeren-Mousse und Pralineekrokant
Sodann erreichte uns die Gänseleber, diese wirklich gut gelungen! Der Pralineekrokant gibt Knackigkeit und eine andere Textur, neudeutsch würden wir rufen „gutes Mouthfeeling“. Das Kap-Stachelbeeren-Mousse weist Süsse und Säure auf, harmoniert gut mit der Gänseleber; wenn auch eine Person am Tisch dieses schon etwas sehr süss fand. Die andere nicht, was zeigt, dass Geschmack glücklicherweise relativ ist. Dazu genossen wir ein Glas Süsswein.
4. Hausgemachte Gnocci Puttanesca Art
Puttanesca steht für eine intensive Sauce mit Sardellen, Tomaten, Kapern, Knoblauch und mehr… Angeblich haben sie Prostituierte auf ihrer Pasta gegessen, zwischen den Besuchen ihrer Freier, daher der Name. Die Puttanesca Sauce, welche wir zu flauschig-lockeren Gnocci erhielten, war wunderbar abgerundet, fast schon ein wenig zurückhaltend und ein schönes Gegenstück zu den manchmal ein wenig aggressiven Varianten. Gelungen!
5. Lammfilet mit gegrilltem Kräuterseitling, Spargel, Selleriepüree und Pfifferlingen
Sodann nahte der Fleischgang. Gegrilltes Lammfilet, innen rosa, so wie es sei soll. Dazu Kräuterseiltlinge, leider verbrannt und bitter schmeckend. Sollte unserer Ansicht so nicht auf dem Teller raus gehen. Die Pfifferlinge wiederum sehr fein, der Spargel ok, das Selleriepüree eine gute Ergänzung.
6.a Dessert
Das Dessert ist mir leider nur teilweise in Erinnerung geblieben, von diesem habe ich nur kurz genascht, etwas mit Himbeeren.
6.b Halbflüssiger Schokoladenkuchen mit Tonkabohneneis und Erdbeeren
Das andere Dessert, diesmal so gut wie ganz meines, ein halbflüssiger Schokoladekuchen – technisch gut gelungen und intensiv nach Schokolade schmecken. Dazu Tonkabohneneis, eine gute Ergänzung, auch wenn wir feststellen, dass die Tonkabohne ihren manchmal etwas undifferenzierten Rundzug durch die Gastronomie fortstetzt, um dann irgendwann vermutlich wieder in der Versenkung zu verschwinden. Die Erdbeeren im Hintergrund ergänzen mit Fruchtigkeit und Säure.
Ein letzter Blick auf die jetzt schon nächtliche Terasse und dann nach der Rechung gefragt:
Das Finanzielle:
2 mal 6-Gang Menü mit Aperitiv, Wein, 2 Glas Süsswein, Wasser und Kaffee für doch recht stolze EUR 344.
Unser Küchenreise Rating:
Und? Haben wir den besten gehobenen Italiener gefunden? Nun, wir haben auf der Suche schon einige nicht so tolle Überraschungen erlebt. An diesem Abend waren wir durchaus zufrieden. Doch 17 Gault Millau Punkte haben unsere Erwartungen hoch gesetzt – wären es 14-15 gewesen, hätten wir gesagt „Ja, gute Alternative zu anderen 14-15 Punkten Restaurants“. So wurden aus unserer subjektiver Sicht die hohen Erwartungen nicht ganz erfüllt. Und dann ist wiederum der Obulus gar hoch angesetzt. Wenn es sich ergibt, werden wir wieder einkehren…
Höchst lobend möchten wir uns über den Service äussern!
3 – Wenn es sich ergibt wieder
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder)
Ana e Bruno
Sophie-Charlotten-Str. 101
D – 14059 Berlin – Charlottenburg
