Werkstatt des guten Geschmacks
Werkstatt, Manufaktur oder Atelier, alle Begriffe beschreiben zutreffend die Küchenwerkstatt: Mit Fachkenntnis, Handwerk und künstlerischer Ader werden hier aussergewöhnliche Menüs zubereitet!
Freundlich werden wir in der Küchenwerkstatt begrüsst und an unseren Tisch geführt. Heute sitzen wir im vorderen Teil des Restaurants, welcher moderner und heller ist.
Gleich am Fenster platziert betrachten wir das rege Treiben draussen und die ankommenden Restaurantbesucher bei einem Glas Champagner. Nicht irgendeier, sondern ein Jacquesson 735 von einem unserer Lieblinsproduzenten (siehe auch Bericht zum Milléssime 2002).
Und studieren die Karte: Ein grosses Menü mit 11 Gängen bietet die Küchenwerkstatt an, oder aber in der mittleren (8 Gänge) oder kleinen (6 Gänge) Variante. Wir sind sowohl neugierig als auch hungrig und entscheiden uns für die vollen 11 Gänge, dazu die Weinbegleitung.
Unser Menü im Restaurant Küchenwerkstatt in Hamburg
0. Gruss aus der Küche
Zunächst erreicht uns ein Gruss aus der Küche. Vertieft in unser Gespräch vernachlässigen wir unsere Notizen, man verzeih uns dass… War das nicht links ein Macaron mit Sepia Tinte gefärbt?
Das Brot sowie Butter und Olivenöl werden sodann an unseren Tisch gebracht; und gleich geht es los mit dem ersten Gang!
1. THUNFISCH: Sashimi / Artischocke / Ziegenjoghurt
Hier ist er schon, der erste Gang. Sashimi, mal anders als üblich präsentiert. Roher Tuna, dazu Artischocke in verschiedenen Formen (Artischockencreme, Artischockenkaviar, Artischockenöl, getrocknete Artischocken) sowie ein Schaum vom Ziegenjoghurt – ein toller Start des Menüs!
2. BRETONISCHE MAKRELE süss-sauer / Meerrettich / Pumpernickel
Das wir Makrele schätzen, mag dem einen oder anderen Leser dieses Blogs bereits aufgefallen sein. So waren wir natürlich erfreut, diese auf der Karte zu entdecken. Am Tisch fanden wir dann eine kreative Kombination aus Makrele (süss-saure Aromen), Meerrettich / Radieschen (eine gewisse Schärfe) und dazu eine Art „Erde“ vom Pumpernickel. Ausgezeichnet!
3. GÄNSELEBER gebraten / Meeresgemüse / grüner Apfel
MIt der gebratenen Gänseleber konnten wir wenig anfangen, sie liess die Cremigkeit, die Intensität und den Schmelz vermissen, welchen wir sonst schätzen. Der Meeresalgensalat und die grüne Apfel Vinaigrette (durch ihre Säure dem Gericht Frische gebend) haben uns gemundet und uns zumindest die Idee hinter dem Gericht spüren lassen.
4. ROTE GARNELE / Sauerampfer / Sepia
Verschiedene Temperatueren, verschiedene Texturen, dies prägt viele Gerichte der Küchenwerkstatt. HIer eine rote Garnele, dazu Käutergratinee, geeiste Milch, Kügelchen von Sepiatinte, Dill. Die Kräuter waren für uns noch gar zu extrem gefrostet, was manches geschmackliche Aroma in den Hintergrund treten lässt oder vielleicht durch eine stärkere Aromatisierung ausgeglichen werden könnte. In Summe durchaus gut.
5. ROTBARBE: Königsberger Art
Ein Stück Rotbarbe, innen eine dünne Scheibe vom Kalbskopf sind die Hauptkomponente dieses Gerichtes. Dazu Petersiliencreme, gelierte Kügelchen (oder Neudeutsch ‚Kaviar‘) von der Kaper und eine Zitronenmarmelade, welche bittere und süsse Aromen einbringt. In Summe fein und ein Vergnügen, mal ein wenig mehr von hier, mal ein wenig mehr von da auf die Gabel zu nehmen und immer neue Geschmacksvariationen zu erleben!
6. EICHELSCHWEIN / Gewürz von Cornichons / lauwarme Pilze
Ach die kulinarische Geschichte des Schweines ist über weite Strecken eine traurige. Vom Diätwahn nahezu vollständig entfettet und vom Drang zu schneller Zucht vom Geschmack nahezu vollständig befreit, schrumpfen gar viele Schweinsfilets in der Pfanne auf einen Bruchteil ihrer ursprünglichen Grösse zusammen und schecken eigentlich nach – nichts.
Wie gut doch, dass jeder Trend einen Gegentrend auslöst. Wie gut, dass Wollschwein oder Eichelschwein zeigen, dass gutes Schweinefleisch intensiv und gar köstlich sein kann. Für die Fleschfreaks: Nicht nur Rind, sondern auch Schwein wird jetzt von findigen Schweizer Jungunternehmern mit der Luma Methode (und einem Schimmelpilz) gereift. Das Rind gibt es z.B. bei Otto Gourmet, das Schwein im Moment nur bei einigen Restaurants.
Das servierte Schwein gehörte eindeutig der zweiten Kategorie an. Ob es glücklich war? Wer kann das schon genau sagen, und wie kann es eigentlich glücklich machen, auf dem Teller zu landen? Gemundet hat es vorzüglich! Dazu ein krosses stück Haut, knackiges Gemüse mit Gewürzgurken, Kräutersaitlinge. Auch der dazu gereichte Schwarzriesling vom Schnaitmann hat gefallen.
7. Erfrischung: KÜRBISCHGEWÄCHSE / Shiso / Tonic / Yuzu
Kürbis kann erdig sein, manchmal schon fast ein wenig „einfältig“ (in Deckung, die Kürbisliebhaber werden jetzt böse werden…). So kombiniert ist er wunderbar, ein Granitee vom Tonic bringt eine schöne Bitternote, dann noch Gurke, Melone. Das Obst wurde vakumiert zubereitet, sehr intensiv das Resultat. Der zum Gericht gereichte Sake harmonierte toll mit den Bitternoten am Teller.
8. Vom Holzkohlegrill: RIND / Zwiebeln / Sauerrahm
Das Fleisch Sous Vide gegart, dann noch ab auf den Holzkohlegrill, und schliesslich auf den Teller. Wunderbar!! Eines der besten Stücke Fleisch, welche wir seit langem gegessen haben. Mit „Fettrand“ – ja, Fett ist Geschmacksträger und in vernünftigen Mengen genossen keinesfalls gefährlich.
Gefährlich eher, dass auch die Balsamico-Zwiebel, der Sauerrahm mit Knochenmark, die Frühlingszwibel etc. ausgezeichnet schmeckten. Denn ein mehrmaliger Genuss dieses Ganges hätte unseren Mangen an diesem Abend dann wohl doch überfordert… einzig die Creme vom „modischen“ schwarzen Knoblauch konnte uns nicht so in Euphorie versetzen.
9. CHEDDAR WALDORF
Der Cheddar auf Waldorf Art: Mit gebackener Sellerie, einem Walnuss Granitee, Apfel- und Walnuss-„Powder“. Gelungene Abwechslung zum „normalen“ Käseteller.
10. Rhabarber / Matcha / Mandeln
Nach dem Käse nun das Süssse. Je nach Land wird ja zuerst der Käse bzw. zuerst das Süsse serviert. Hier heisst das Süsse, das Ende des Menüs naht. Das ist schade. Und doch erfreulich, denn das gebotene – eine Art gefrorenes halbes Rhabarber „Ei“,, dazu Mandeleis mit schönen Bitternoten und Grüntee – mundet vorzüglich!
11. PURE CHOCOLATE
Wir begrüssen es, wenn ein Gericht Pure Chocolate heisst (Ok, eigentlich nur eine Person am Tisch. Die andere ist da deutlich neutraler) . Weil was gibt es schöneres als Schokolade, Schokolade, Schokolade… und nochmals Schokolade…
Doch heute waren wir ein wenig enttäuscht. Eine Schokorolle mit einem Schoko-Essig (?) Gelee, hm, das Gelee war nicht so ganz unserer Fall. Am Teller auch rechts Karamellpulver, links Puffreis. Separat dazu serviert eine (recht dünne) Schokoladensauce mit Würfeln zum tunken. Alles durchaus gut, aber nicht so ganz unseres.
12. Kaffee und Petit Fours
Zum Kaffee dann noch ein Blättchen karamellisierte Schokolade mit Mandeln und einige Leckereien vom dargebotenen Tablett mit den Pralinen. Fein!
Das Finanzielle:
In Summe ca. EUR 440 für zwei Personen mit dem 11-gängigen Menü, Weinbegleitung, Champagner und Kaffee – für das Gebotene absolut im Rahmen.
Unser Küchenreise Rating:
Es war ein schöner Abend! Die Speisen waren kreativ, spannend und wohlschmeckend; mit einigen Highlights wie dem Rind vom Holzkohlegrill! Die Weinbegleitung hat uns gefallen und Stoff für angeregte Diskussionen gegeben. Der Service war freundlich und zuvorkommend. Wir kommen sehr gerne wieder!
4 – Gerne wieder
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder)
Blogroll – das schreiben andere:
- Czezuli (Oktober 2011)
- Unser Besuch der Küchenwerksatt vom August 2011 (ältere Blog-Bereichte sind bei unserem früheren Bericht erwäht)
Restaurant Küchenwerkstatt
Hans-Henny-Jahn-Weg 1
D-22085 Hamburg