Innovative Tradition in Hamburg
Seit etwa 15 Jahren prägt das Restaurant Jacobs die Gastronomielandschaft von Hamburg – das ist eine Menge Tradtion. Der zweite, 2011 verliehene Michelin Stern illustriert, dass auch die Innovation keinesfalls auf der Strecke geblieben ist.
Restaurant-Gäste in Frankfurt: Banker, neues Geld, ungezwungen modische Outfits. In München: bayrische Tradition, die eine oder andere Tracht. Hamburg ist wieder anders: altes Geld, konservatives Erscheinungsbild.
Geht das mit ‚konservativer‘, gar langweiliger Küche Hand in Hand? Nicht zwingend – hinter konservativer Atmosphäre kann auch – das Restaurant Jacobs beweist es – moderne Küche und ausgezeichneter Service stecken.
Fangen wir mit dem Service an. Guter Service heisst, auf den Gast einzugehen. Interessiert an ihm und seinen Bedürfnissen zu sein. Alles zu tun, um ihm einen perfekten Abend zu bereiten und ihn – auf Augenhöhe – durch den Abend zu geleiten. Auf die Kleinigkeiten achten. Genau diese Kultur wird im Jacobs gepflegt.
Ach, Sie wollen jetzt konkrete Beispiele?
Gehen Sie mit einem Linkshänder oder einer Linkshänderin essen. Meist wird das dezente Vertauschen von Messer und Gabel niemandem im Service auffallen; bei keinem der Restaurantbesuche für diesen Blog ist das je geschehen. Im Jacobs nach dem ersten Gang erkannt. Und sodann dezent und ohne weitere Fragen das Besteck korrekt aufgelegt.
Oder wackeln sie bei der Ankunft nicht deutlich sichtbar mit ihrem Reisepass herum. Gut, das tun sie ohnedies nicht – Leser dieses Blogs haben Stil. Doch im Jacobs interessiert sich der Chef-Sommelier Markus Berlinghof (vormals Vendome) dennoch für ihre Nationalität, er möchte ihnen einen Wein aus ihrer Heimat zu einem Gang bringen. Und bringt – da unsicher – gleich 2 Flaschen aus 2 Nationen zur Auswahl mit.
Das ist Interesse am Gast!
Doch nun zum Essen – angeboten werden 3 Menüs: „Bewährt“, „Zeitgenössisch“ und „Natürlich“. Die Gänge zu ergänzen oder zu tauschen kein Problem. Die offerierte Weinbegleitung ist ebenfalls auf hohem Niveau. Bei einem Glas Krug Grande Cuvée entschieden wir uns für das 7-gängige „Zeitgenössisch“ mit leichten Anpassungen.
Unser Dinner im Restaurant Jacobs in Hamburg
0. Grüsse aus der Küche
Und schon wurden die ersten Grüsse aus der Küche an unseren Tisch gebracht:
Zunächst eine Rolle mit Ziegenfrischkäse und Orangemarmelade (sommerlich/proviencialisch, gut) ein Haselnuss-Macaron mit Gänseleber (sehr gut), ein Cornetto mit Forelle und Forellenkaviar (gut) sowei ein geräuchertes Wachtelei (feiner Räuchergeschmack des lauwarmen Eis).
Danach dann das Brot, mit der Butter in Kugelform – eine kleine Herausforderung, da Kugeln bekanntlich gerne wegrollen. Doch die Motorik wird trainiert, und das Brot nicht so schnell verschlungen.
Sodann als zweiter Gruss ein orientalsich angehauchtes Cous Cous Cous mit Gewürzsud und Cracker – toll!
1. Hüttenkäse, Moorkarotte, Kümmel, Sonnenblumenkerne
Der Hüttenkäse auf der Karte hat uns neugierig gemacht: Sonst kaum ein Hauptbestandteil in der gehobenen Gastronomie waren wir neugierig, wie er – ergänzt um Karotte, Kümmel und Sonnenblumenkerne – hier in Szene gesetzt werden würde. Ausnehmend gut, können wir berichten; das beste Hüttenkäsegericht weit und breit! Schöne Harmonie mit der Karotte in verschiedenen Zubereitungen – süss, sauer, als Eis – und auch optisch ein gefälliger Anblick. Der Sauvignon Blanc von Skoff aus der Steiermark harmonierte gut mit dem Gericht.
2. Roh marinierter Zander aus Nordpommern, Queller, Dill Staudensellerie
Ein Tatar von Zander, klassisch kombiniert mit Gurke und Dill sowie einigen „crispy“ Elementen. Gut und der Fisch voll Frische, doch hätten wir uns etwas mehr Lebendigkeit (Säure) gewünscht. Ansprechend der danzu servierte Sancierre.
3. Sardine – en escabeche -, Tomate, Olive, Basilikum
Schon von der Präsentation ein tolles Gericht – die Sardine am Teller angerichtet, dazu eine Etagere mit verschiedenen Beilagen. Die Sardine köstlich (wir lieben es, wenn Fische wie Sardine, Hering, Makrele auch mal toll inszeniert werden), als Beilage ein Schälchen mit Olivenöleis, Tomatensauce auf Pesto (durch das kalte Eis ist das Pesto zu Beginn im Mund nur Nebendarsteller, tritt dann aber Schritt für Schritt deutlicher hervor), ein Tellerchen mit kunstvoll angerichtetem Gemüse sowie ein leicht angeröstetes Brot mit köstlicher Aioli. Wunderbar!
4. Nordsee Kabeljau, Seeigel, Mangold
Ohne Bild – der Kabeljau ok, die Sauce eher zurückhaltend für unseren Geschmack.
5. Cokctail vom Kaisergranat, Sauerampfer, weisser Spargel
Köstlich der Kaisergranat, toll dazu der Spargel, der Sauerampfer, die Tomatenkerne und die Sauce – hat uns ausgezeichnet geschmeckt!
6. Charolais Rinderfilet auf Holzkohle gegrillt, Café de Paris Aromen, Mairübchen
Das Filet mit Holzkohlengeschmack und wunderbar zart, toll kombiniert mit einer vergleichsweise leichten Café de Paris Sauce und als schöner Kontrast das Mairübchen. Gut!
7. Rücken vom Altländer Salzwiesenlamm, Aubergine, Hirse
Der Lammrücken gut gelungen, der Fonds fein; doch es gibt noch deren zartere Lammrücken, deren intensivere Fonds. Doch gut gelungen.
8. .Käswagen
Ein schöner Käsewagen mit guter Beratung und ansprechenden Produkten!
9. Pre-dessert
Als Pre-dessert dann eine Schokoladenganache mit Himbereis (fein!) sowei ein Grünteesorbet mit „Grumble“ (gut).
10. Rhabarber, Buttermilch, Vanille, Granat
Das Dessert-Wunderland: Was da unter dem Titel „Rhabarber, Buttermilich, Vanille, Granat“ angerichtet wurde, war eine köstliche Reise durch Aromen und Geschmäcker! Von links nach rechts genossen wir bei jedem Bissen neue kleine Sensationen, alle auch ein tolles Gesamtbild ergebend. Super!
11. Petit Fours
Vom märchenhaften Dessertwagen dann noch ein paar Petit Fours zum Kaffee:
Das Finanzielle:
Zweimal das 7-gänige Menü „Zeitgenössisch“ mit Weinbegleitung, Champagner vorab, Wasser und Kafee summieren sich auf ca. EUR 530.
Unser Küchenreise-Rating:
Ein gelungener Abend mit einigen kulinarischen Höhepunkten und tollem Service! Wir kommen gerne wieder!
5 – unbedingt wieder
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder)
Blogroll – was schreiben andere: –
- hgskulinarischewelt (März 2012)
- Trois Etolies (November 2011)
Jacobs Restaurant
im Hotel Jois C. Jacob
Elbchausee 401-403
D-22609 Hamburg