Sag beim Abschied leise Servus
Einem ausserirdischen, rosa illuminiertem Raumschiff gleich landete das Silk im Frankfurter kulinarischen Universum. Doch nun „bleibt alles anders“, das Silk ist seit kurzem geschlossen. Mit einem Besuch am allerletzten Abend sagten wir zum „Abschied leise Servus“.
Essen im Liegen, Sterneküche in einem Club am Stadtrand von Frankfurt – das kann nicht funktionieren. Dass es doch geht, hat die Familie Lohninger nun etwa 8 Jahre bewiesen. Mario Lohninger und der „Papa“ in der Küche, die „Mama“ die wunderbar sympathische Grande Dame des Service mit Mario Lohingers Lebensgefährtin Sabine Mischke. Aussergewöhnliches Ambiente und kulinarische Höhenflüge lassen sich unter einem Dach vereinen!
Doch die Zeiten haben sich geändert, und stehenbleiben heisst manchmal zurückfallen. Der Coocon Club ist vielleicht nicht mehr so „in“ wie vor Jahren, auch die Spesenessen sind weniger geworden. Die Lohningers haben sich neu orientiert, bleiben der Frankfurter Gastronomieszene erhalten.
Doch für das Silk fällt heute Abend der Vorhang. Das Geschirr ist schon zum Teil verpackt, der Wein ebenfalls. Der Rest wird in einer langen Nacht noch einsortiert werden müssen. Nach einem langen Abend – das Restaurant ist voll bis zum letzen Platz. Und es scheint, die Gäste möchten den Abend noch so richtig geniessen.
Unser Menü im Restaurant Silk (Mario Lohninger)
Champagner – stossen wir auf die schönen Abende der Vergangenheit an, stossen wir auf die Zukunft an!
Die Karte – heute abend dürfen wir sie offiziell mitnehmen. Als kleine Erinnerung.
0. Gruss aus der Küche
Und schon folgt nach der Lohninger’schen Dramaturgie der erste Gruss aus der Küche – Popcorn (die Geschmacksrichtung dieses Abends ist uns leider entfallen).
Sodann Lotuswurzel im Tempurateig herausgebacken mit einer Wasabi Majonnaise – ausgezeichent!
1. ballett vom amuse:
1.a cornetto, büsumer krabben, wasabi sorbet
Das Balett der Amuses startet mit dem Cornetto mit Krabben und leicht scharfem Wasabi Sorbet. Asiatisch und die Krabben doch an Norddeutschland erinnernd – eine spannende Kombination.
1.b kawano spezial
Suhii-Meister Kawano Hirofumi verabschiedet sich mit dreierlei köstlichen Kleinigkeiten: Bluefin mit eingelegter Aubergine und Sesampaste, Pulpo mit Scharfem Rettich und einer Dorate mit Kaviar.
1.c. foie gras, marille & kakao keks
Ganz Lohninger Klassiker dann die am Löffel servierte Foie Gras Kugel mit fruchtiger Marille, Kakao und neutralisierendem Keks als Kontrapunkt – so gut wie eh und je.
2. melonensalat, ziegenkäse, traminer essig & melonenkaviar
Wer das Kochbuch von Mario Lohninger kennt, hat dieses Gericht zumindest schon mal gesehen, es schmückt dessen Frontseite. Melone und Melonenkaviar (heutzutage quasi schon eine Reminiszenz an die Molekualrküche), Tomate, feinem Ziegenkäse sowie etwas nussigem als toller Kontrast (Pistazie?).
Auch beim Brot alles so, wie wir es uns am letzten Abend wünschen: Bauernbrot, Lavendelstangerl, Ziegenfrischkäse, Salsa Verde, gesalzene Butter.
3. ein stunden bio ei, frankfurter kräuter & backerbsen
Das Einstunden-Bioei wie immer auf den Punkt gelungen, mit ansprechender „grünen Sauce“ / Frankfurter Kräutern sowie als östereichisches Element die – leider nicht mehr wirklich knackigen – Mini-Backerbsen.
4. lachs, miso-orangenvinaigrette & mizuna
Perfekt auf den Punkt gegart der Lachs, noch wunderbar glasig – genau so, wie wir ihn schätzen. Ganz toll dazu die Miso-Orangenvinaigrette. Zum Thema nörgeln auf hohem Niveau (oder Raunzen, wie die Wiener sagen würden; doch Achtung – die Lohningers kommen aus dem Salzburgerischen): Die Pilze verblassten hinter dem intensiven Geschmack der Vinaigrette, die zwei Orangenspalten unter dem Lachs waren fast schon zu intensiv und zu säuerlich.
5. maine hummer, arbequina olivenöl suppe & tomaten sorbet
Ansprechend der Hummer, die Sauche diesmal vielleicht mit einem Hauch zu viel Bitterton für unseren Geschmack. Sehr intensiv und köstlich das Tomatensorbet, welches auch temperaturmässig einen schönen Kontrast zur warmen Olivenöl-Suppe gab.
6. sorbet
Danach erfrischte uns ein Preiselbeeren-Orangensorbet – nicht zu süss und die mit der feinen Bitterkeit und Säure von Blutorangen.
7. bergheufilet, vogerlsalat & la ratte erdäpfel
Erneut en Silk Klassiker – im Bergheu gegarte Ochsenfilet zart und intensiv, toll das Erdäpfelpürre von La Ratte Kartoffeln, tiefgründig, doch nicht zu konzentriert die Sauce dazu – es hat uns sehr gemundet!
8. dessertwalzer:
8.a weinbergspfirsich, zitronen verbene & bourbon whiskey
Ein Dessertwalzer zum Abschied – wir schätzen süsses! Doch vermissen wir ein wenig die Komplexität der Desserts, wie sie in 2011 mit der Verpflichtung von Benjamin Kunert Einzug gehalten hat; fühlen uns wieder an die guten alten Zeiten erinnert… Wobei das auch nicht übel ist…
Zum Start ein Weinbergppfirsich mit Zitronenverbene.
8.b soufflierte manjari sabayone, sherry kirschen & pistazien eis
Danach dann Sabayone, Schokolade, Krisch und Pistazien.
8.c silk lollipop
Und nun – aus, Schluss, vorbei – „alles ist anders“: Als letzer Gang nicht nur des Abends, sondern überhaupt im Restaurant Silk dann ein Lolipop aus Waldmeistereis mit Zuckerwatte.
Das Finanzielle:
Zwei mal das Menü mit Champagner, Weisswein, Rotwein, Wasser und Espresso für vernünftige EUR 430,-
Unser Küchenreise-Rating:
Zum Abschied sagen wir nicht „Lebewohl“ und nicht „Adieu“. Leise „Servus“ ist unser Abschiedsgruss. Gibt es auch kein Wiedersehn, es war immer wieder schön!
P.S. Das eine oder andere der Gerichte aus dem Silk wird man vielleicht im Lohninger oder im Holbein’s wiederentdecken. Und das Silk kann noch eine Zeit lang für Events gemietet werden.
(5 – Unbedingt wieder)
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder)
GESCHLOSSEN: Restaurant Silk
Carl-Benz Strasse 21
D-60386 Frankfurt