Grosser Klassiker

Ankommen

Das Wetter kann sich nicht entscheiden. Noch Winter – oder schon Frühling. Macht nichts – heute Abend ist gutes Essen angesagt!

Vorfahrt beim Hotel Traube in Baiersbronn-Tonbach. Rechts das moderne Entrée zum Hotelteil, links sehen wir sie schon: Die Schwarzwaldstube!

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Ein touristischer Rückblick …

Thermalkurorte waren die touristischen Anfänge des Schwarzwaldes in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Ausbau der Eisenbahn erlaubt es immer mehr Städtern, ihre Sommerfrische dort zu verbringen.

Anfang des 20. Jahrhunderts erlebte der Schwarzwald dann seine erste Boomzeit. Der Schwarzwald war bevorzugte Skidestination – gar Skisonderzüge in den Schwarzwald gab es schon 1922. Auch die ersten Skispringer praktizierten ihren Sport dort schon kurz nach 1900.

Der zweite grosse Boom setzte in den Wirtschaftswunderjahren der 1950er und -60er Jahre ein. Die Heilbäder und Kurorte waren es nun, welche die touristische Entwicklung prägten. Und Gäste langfristig begeisterten: Jene, welche damals als Kinder im Schwarzwald den Urlaub genossen, sind ihm heute als Grosseltern noch immer treu.

In den 1980ern sorgte dann die Fernsehserie „Die Schwarzwaldklinik“ erneut für Rekorde bei den Nächtigungen.

Danach begann vielerorts der NiedergangBilligflüge und hohe Ansprüche an moderne Hotelierie fielen viele der ehemaligen Nobelhotels zum Opfer. Die Investitionen für eine zeitgemässe Ausstattung bringen andere an ihre finanziellen Grenzen.

… und eine kulinarische Momentaufnahme

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Baiersbronn hat sich in diesem Umfeld als Gourmet-Location etabliert. Die Sommerfrischler von gestern sind die Gourmets von heute!

7 Sterne in einem Ort, das muss Baiersbronn erst mal jemand nachmachen! Da ist die Schwarzwaldstube, dann das Restaurant Bareiss (Lesen Sie auch: Opulente Klassizität), und dann noch Jörg Sackmann’s Restaurant Schlossberg.

Die Schwarzwaldstube entstand 1977 und erhielt bereits damals ihren ersten Michelin Stern. Harald Wohlfahrt ist seit 1980 dort Küchenchef und ist seit 1992 mit drei Sternen ausgezeichnet. Das sind mittlerweile 21 Jahre! Auch das muss Harald Wohlfahrt erst jemand nachmachen.

Sehr gespannt sind wir daher auf unseren Abend im Restaurant Schwarzwaldstube!

Unser Dinner im Restaurant Schwarzwaldstube in Baiersbronn

0. Grüsse aus der Küche

Los geht’s! Drei Kleinigkeiten werden auf einem Stein gebracht. Ein Krabbenbrot, eine Plunderrolle mit getrüffeltem Perlhuhnmousse und Gänseleber und ein Gänseleberparfait. Schön, wie die Aromen von Trüffel und Gänseleber herausgearbeitet werden!

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Danach das erste „Kleinkunstwerk“ – der Glasteller mit den 4 Variationen eines Produktes, welchen es in der Schwarzwaldstube regelmässig zum Einstieg gibt. Heute ist das Thema: Kaninchen.

Und so essen wir ein Stückchen Keule in Senfkruste auf einer Paprikacreme mit leichter Schärfe. Eine konfierte Schulter. Eine Galantine aus dem Bauchlappen des Kaninchens gefüllt mit seinem Filet und einer Farce, dazu Sellerie und Karotte.  Eine Terrine Royale mit Pumpernickel. Ein gelungener Start!

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1. Gebeizter Thunfischbauch mit konfiertem Gemüse, gehobeltem Thunfischrogen und Olivenvinaigrette

2011 Verdejo Cuvée Especial, José Pariente

Ich ahne es nicht, doch spüre es beim ersten Bissen: Das Highlight des heutigen Abends steht vor mir!

Die Basis bildet eine Scheibe von gebeiztem Thunfischbauch mit einem Hauch Sternanis, diesem geschmacksintensiven und fettreicheren Prachtstück des Fisches. Darauf befindet sich konfiertes Gemüse – stundenlang war es wohl in der Oberhitze, die Säure ist in den Hintergrund getreten, eine feine Süsse hat das Zepter übernommen.

Weitere Elemente sind ein Thunfischtatar zwischen dünnen gerösteten Brotscheiben, Parmesanchips, Oliven, geröstete Pinienkerne und eine wunderbare, alles verbindende Olivenvinaigrette.

Eine Art mediterrane Wunderwelt tut sich da auf – genial!

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2. Gänseleber mit Périgordtrüffel und Apfel im Strudelteig gebacken, Selleriepüree und Trüffelsauce

2010 Chardonnay Drascho, Heinz Velich

Nun steht eine in Strudelteig gebratene Gänseleber in Geflügelfarce & Mangoldblatt vor mir. Durchaus fein der Schmelz der Leber, tiefgründig dazu die Trüffelsauce. Der Apfel gibt Säure, das Selleriepüree ergänzt gut.

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3. Gedämpfte Jakobsmuscheln und Taschenkrebs auf Korailemulsion, dazu Krustentiersud mit Sternanis aromatisiert

2009 Birkweiler Kastanienbusch GG Riesling Spätlese, Ökonomierat Rebholz

Die Basis dieses Gerichtes ist der Taschenkrebs auf Korailemulsion. Darauf ansprechend angerichtet die gedämpften Jacobsmuscheln, dazu Spargelspitzen. Am Tisch dann angegossen ein wunderbarer Krustentiersud, welcher mit Sternanis aromatisiert ist.

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4. Dreierlei vom Kalb mit gefülltem kleinen Gemüse an Albuferasauce

2003 Château Monbrison, Margaux

Als Hauptgang nun Dreierlei vom Kalb. Das Bries ok, das Bäckchen schön zart, das Filet fein mit einem Stückchen gebratener Gänseleber ‚on top‘. Dazu kleine Stückchen gefülltes Gemüse und eine Albuferasauce – ein stark reduzierter Geflügelfonds, hier dann mit Gänseleber gebunden.

In Summe ein qualitativ hochstehendes Gericht, welches man sich auch an anderen Orte in ähnlicher Aufmachung und Qualität vorstellen kann.

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5. Käse vom Wagen

Der Käsewagen ist da! Ansprechend die Auswahl an Rohmilchkäse:

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Natürlich finden einige Stücke davon den Weg auf meinen Teller.

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6. Kokosmüsli mit Apfel-Mangokompott, Sorbet von exotischen Früchten und Apfel-Streichhölzern

2010 Jurancon Cuvée Thibault, Domaine Bellegarde

Wir sind beim Süssen angekommen! Zunächst geniesse ich ein Kokosmüsli – laienhaft ausgedrückt so in etwa Crumbles mit Kokosgeschmack, dazu ein Apfel-Mangokompott, ein Sorbet aus exotischen Früchten sowie feine Schnitze vom Granny Smith Apfel.

Eine Schöne Mischung aus verschiedenen Fruchtaromen!

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7. Yuzu-Joghurtreis, Pampelmusen Cassisgranité, Pomelos, Rosensirup-Perlen und Macha-Bisquit

Wie schön, noch ein zweiter süsser Gang folgt! Da findet sich ein Yuzu-Joghurteis – schön, der leicht säuerliche Ton. Da ist etwas Pampelmusen-Cassis-Granité, da ist  Macha-Bisquit. Und da sind Pomelos, welche einen schönen Bitterton einbringen; obendrauf noch ein paar Rosensirup-Perlen. Gelungen!

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8. Feingebäck

Spät ist es geworden. Ein langer und kulinarisch interessanter Abend liegt hinter uns. Zum Abschluss nun noch ein wenig köstliches Feingebäck.

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Unser Küchenreise-Rating

Über 20 Jahre 3 Michelin Sterne; und jede Menge ehemaliger Mitarbeiter, welche auch selbst Chefs in hoch dekorierten Restaurants geworden sind – die Schwarzwaldstube ist ein aussergewöhnlicher Ort. Und Gerichte wie der ‚gebeizte Thunfischbauch‘ brauchen keine Extravaganz, um genial zu sein. Generell hoch die Produktqualität, die Intensität der Geschmäcker, die Präzision in der Umsetzung.

Hier wird – wie nicht anders zu erwarten – auf sehr hohem Niveau gekocht. Klassisch – nicht extravagant. Klassisch im positiven Sinne, reines Verharren auf Traditionen findet man in der Schwarzwaldstube nicht.

Aussergewöhnliche Experimente findet man hier auch nicht. Das beim Besuch an den anderen Tischen grösstenteils ältere Publikum kennt und schätzt den Stil des Restaurants wohl oft schon seit langen Jahren, und kommt vermutlich genau deshalb. Liebhaber avantgardistischer Küchenkreationen mögen weniger euphorisch sein.

Der Rahmen – nun viel Holz und Schwarzwald-Charme vergangener Tage. Wie auch im Hotel – manche werden es romantisch nennen, manche als Zeichen für Investitionsbedarf auch bei den Vorreiterbetrieben der Region deuten. Und stellt die Frage, wie sich die Region in der Zukunft optimal positionieren wird. Wie eine jüngere Generation ohne Kindheitserinnerungen an den Schwarzwald begeistert werden kann.

Die Atmosphäre – die Freundlichkeit und Kompetenz der Mitarbeiter und der Besitzer-Familie überzeugt!

Wir kommen gerne wieder! Und besuchen auch gerne einige der Wohlfahrt-Schüler, welche mit einer weniger klassischen Küchenlinie und in ’stlyischerem‘ Ambiente ihr bestes geben!

Das Dinner fand im Rahmen eines Treffens des Gourmet-Clubs von Restaurant-Ranglisten.de statt. Für die tolle Organisation möchte ich mich bei Hannes Buchner bedanken. Und den Website / das dortige Forum als eine beeindruckende Quelle kulinarischer Informationen hoch loben!

4 – Gerne wieder

(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder)

Wie bewerten andere?

Der Guide Michelin verleiht dem Restaurant Schwarzwaldstube in Baiersbronn-Tonbach seit über 20 Jahren 3 Sterne.

Der Gault Millau bewertet das Restaurant Schwarzwaldstube mit 19 Punkten.

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Was schreiben andere?

  • QLI (Juli 2011)
  • Sternefresser (2011)
  • Forum von Restaurant-Ranglisten.de
  • Budis Foodblog (Juni 2010)
  • Back Road Journal (Nov 2012)
  • Docsconz (Aug 2012)
  • Trois Etoiles (2009)
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Das Finanzielle

Im Rahmen der Veranstaltung des Gourmet Clubs von Restaurant-Ranglisten.de betrug der Preis für das Menü mit Weinbegleitung EUR 250.-

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Die Adresse

Restaurant Schwarzwaldstube

im Hotel Traube

Tonbachstrasse 237

D-72270 Baiersbronn

Tel. +49-7442 49 26 65

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2 Kommentare

  1. Ich habe im vorigen Sommer einen 3-tägigen Aufenthalt im Hotel TRAUBE-TONBACh verbracht und war in allen Restaurants des Hauses zu Gast. Auffallend: überall perfekt geschultes Personal, das überaus freundlich agiert. Und überall zu sehen: Mitglieder der Besitzerfamilie, die sich persönlich um das Wohl ihrer Gäste kümmern.
    Ein besonderes Highlight war dann der Abdend in der SCHWARZWALDSTUBE. Zwar bin ich eher ein Anhänger einer moderneren Küchenlinie, aber Küchenklassik in dieser Form ist doch ein besonderes Erlebnis. Ich kann hier die Meinung der Autoren vollinhaltlich teilen.
    Bilder einiger der von mir genossenen Speisen finden sich unter http://www.spitzenrestaurants.at

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