In der Zukunft angekommen
Kommentar: Das Restaurant ist seit Dezember 2015 geschlossen und soll im Frühjahr 2017 mit überarbeitetem Konzept wieder eröffnet werden.
1968 in Berlin. Kalter Krieg, Studentenproteste. Vor 45 Jahren wird das Hotel Palace im kurz davor erbauten Europa-Center an der Budapester Strasse in Berlin, gleich bei der Gedächtniskirche, eröffnet.
1997 in Berlin. Das junge Restaurant im 1. Stock des Palace, das ‚First Floor‘, wird unter Chefkoch Rolf Schmidt mit dem ersten Michelin Stern ausgezeichnet. Und kann diesen danach Jahr für Jahr halten.
2010 in Berlin: Vor 3 Jahren übernimmt Matthias Diether die Küche des First Floor.
2013 in Berlin: Von aussen versetzt uns das Palace Hotel noch immer in die Zeit von Westberlin, Agenten, kaltem Krieg & Co. Doch innen ist das Hotel schon in der Zukunft angekommen. Auch das Restaurant wurde einer Modernisierung unterzogen. Und der neue Chef hat die Küchenlinie schritt für Schritt modernisiert.
Kurz nach dem wir an unserem Tisch Platz genommen haben, lernen wir ihn auch schon kennen. Bei den neu angekommenen Gästen kommt er persönlich an den Tisch, erklärt die Philosophie des First Floor und führt durch die Speisekarte.
Neben diversen a la Carte Gerichten gibt es auch das „Menü – Chef de Cuisine“ in 4, 6 und 9 Gängen. Wir wählen die grösste Variante und die dazu angebotene Weinbegleitung.
Unser Dinner im Restaurant First Floor
Ein Reigen an Grüssen aus der Küche stimmt uns auf das Menü ein.
Zum Start geniessen wir einen Schokoladenchip mit Koriander und Soja, dann einen hervorragenden Kräutersalat mit roten Beeren, Blüten, Malz und einem Sorbet.
Anschliessend werden uns Knochenmarkt mit Safranchip (sehr fein) sowie Kartoffel-Marshmallows mit Zitronenmarmelade und Kaviar (gut, doch das Zitronige recht dominant) gereicht.
Hervorragend ist dann der grüne und weisse Spargel, welcher mit einem Hollandaise-Eis sowie mit einigen am Tisch beigefügten Tropfen brauner Butter kombiniert wird.
Danach folgte ein Jakobsmuschel-Tatar mit Dashisud und ein paar Tropfen Butterschmalz.
Und schliesslich wurde eine feine Auswahl an Brot gereicht.
Als erster Gang des eigentlichen Menüs dann Thunfisch mit Gänseleber und Wandmeister. Auf einem Brioche die Gänseleber als Creme, dann oben der rohe Thunfisch. Eine ausgezeichnete Ideen, wie wir finden. Einzig kommt durch die Mengenverhältnisse am Teller der Thunfisch nur wenig zur Geltung; und ein Tick mehr an Säure hätte der Gänseleber mehr Lebendigkeit gegenübergesetzt.
Die nun folgende Langoustine war butterzart und genau auf den Punkt; die Sparelvariationen (weiss, grün) gleichfalls perfekt. Die Krustentier-Nage verband das ganze zu einem wunderbaren ganzen.
Zum Niederknien dann die Kartoffel mit flüssigem, pochiertem Eidotter, einer Kartoffel-Essenz und gehobeltem Comté. Die Gabel teilt den Eidotter, dieser läuft über die anderen Zutaten und verbindet sie zu einem hocharomatischen Ganzen!
Einzig selbstgemachten Kartoffelchips in separatem Behältnis waren sehr süsslich und eigentlich nur vom wesentlichen ablenkend.
Erdig das Geschmacksbild des nun folgenden Tellers: Saibling mit Karotten-Variationen und einem Bries mit schönen Röstaromen. Gelungen!
Nun folgt wieder ein Highlight im Menü: Hauptdarsteller ist der angebratene Rochenflügel, welcher schöne Röstaromen einbringt. Dazu gibt es mit Parmesan aromatisierte Spinatcreme sowie mit Nussbutter aromatisierte Spinatblätter, dies harmoniert wunderbar mit dem Fisch. Die kleinen Nuss-Stückchen im Gericht intensiven die nussigen Aromen und geben eine schöne Textur. Toll!
Nicht ganz so auf unserer Linie war das zweierlei vom Schwarzfederhuhn. Gerade das grosse, vermutlich Sous Vide zubereitete Stück war sehr dezent und unauffällig, einzig die Hülle aus geröstetem Quinoa könnte intensive Geschmäcker beisteuern.
Käse und Trauben – eine klassische Kombination. Hier wird sie weniger klassisch, doch umso überzeugender umgesetzt. Eine Creme von gereiftem Epoises wird mit einem Traubensorbet kombiniert. Durch die Kühle und die Frische der Trauben wirkt auch der Käse lebendiger und leichter – gelungen!
Das erste Dessert kombiniert Pfirsich, Blutpfirsich, Haferflockeneis und Haferflocken-Crumble sowie Basilikum zu einem gelungenem und abwechslungsreichen Gesamterlebnis.
Danach folgt Kirsche mit Schokolade, Kakao und einer Baileys-Panacotta. Kirsche und Schokolade. Das erinnert an eine ‚dekonstruierte’ Schwarzwälder Kirschtorte.
Auch wenn wir diese Idee schon auf zu vielen Tellern gesehen haben und nicht immer geglückt: Hier gefällt das Resultat durch die unterschiedlichen Texturen und wohl abgestimmten Geschmäcker.
Wie schnell ist doch die Zeit vergangen, wir sind beim Kaffee angelangt. Und geniessen den dazu gereichten Schokokuss sowie die Haselnussschnitte und den Zwetschkenkuchen.
[tabs title=“Tabs Group Title“ active=1 event=“click“] [tab title=“Rating“]Unser Küchenreise-Rating
Das Restaurant First Floor ist mit einem Michelin Stern ausgezeichnet, und wir finden, die Küche kocht auf starkem und sicherem Ein-Sterne Niveau!
Matthias Diether hat die ehemals sehr klassische Küche des First Floor modernisiert und kocht kreativ und am Puls der Zeit, jedoch immer mit klassischer und produktorientierter Basis und ohne übertriebener technischer Leistungsshow der Küche. Uns gefielen die harmonischen Gerichte, die klaren Aromen, die kreativen Ideen und deren technisch perfekte Umsetzung.
Der Service unter der Leitung von Sommelier und Gastgeber Gunnar Tiez überzeugt gleichfalls, und wir haben uns sehr willkommen gefühlt. Und die Weine der Weinbegleitung waren gut gewählt!
Das Ambiente des Restaurants wurde modernisiert, doch wir stimmen dem Gusto in seinem Kommentar zu, dass es ein wenig an den Speisesaal eines Kreuzfahrtschiffes erinnert.
Das First Floor ist in der Zukunft angekommen. Wir denken, hier ist auch noch mehr an Entwicklungspotential und werden den Weg des First Floor gespannt weiter verfolgen!
5 – Unbedingt wieder
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder)
Wie bewerten andere?
Der Guide Michelin zeichnet das Restaurant First Floor in Berlin mit 1 Stern aus. Im Gault Millau wird das First Floor mit 17 Punkten bewertet, im Gusto mit 8 Pfannen.
[/tab][tab title=“Blogroll“]Blogroll – was schreiben andere?
- Sterneküche seit 15 Jahren (creme, 2013)
- Das Trio aus Etage 1 (Sternefresser, 2011)
- Gourmet Unterwegs (2011)
- Restaurant Ranglisten – Restaurant First Floor
Die Kosten
Das 9-gängige Menü mit Weinbegleitung, Champagner vorab, Wasser und Kaffee summierte sich auf ca. EUR 570,- Wir erlauben uns anzumerken, dass der Service an diesem Abend immer schnell unterwegs war, einzig bis zum Erhalt der Rechnung hat es dann sehr lange gedauert.
[/tab][tab title=“Adresse“]Die Adresse
Restaurant First Floor im Hotel Palace
Budapester Strasse 45
D-10787 Berlin-Tiergarten
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