Dem Winter entfliehen

Kalt ist es geworden. Auch im Saarland.

Die Äcker sind braun, die Reben an der Mosel haben alle Blätter verloren. Die letzten Trauben sind schon lange geerntet.

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Schon von der Bundestrasse aus sehen wir unser heutiges Ziel. Schloss Berg.

Wir wollen dem Winter entfliehen. Nicht in die Karibik. Mehr Richtung Frankreich und Japan. Auf kulinarische Art und Weise.

Dazu besuchen wir Victor’s Gourmet Restaurant von Christian Bau. 3 Michelin Sterne seit bald 10 Jahren.

2 ‚Carte Blanche‘ Menüs mit 4 oder 5 Gängen stehen zur Auswahl. Oder die 9-gängige ‚Voyage Culinaire‘. Wir denken, mit letzterer wird es uns gelingen, dem Winter zu entfliehen…

Unser Dinner im Restaurant Victor’s in Perl-Nenning

‚Prolog‘

Als Prolog zum Menü erhalten wir nun eine Reihe kulinarischer Einstimmungen. Fulminant und mit ‚voller Geschwindigkeit’ ist der Einstieg in den Abend mit diesen „Mini-Gerichte“, und sie zeigen bereits sehr schön das Spektrum der Küche.

Schon ein Klassiker ist das Cornet mit Tatar vom Bio-Ox und einer Räucherfischcreme. Eine in ihrer Einfachheit schön abgeschmeckte Kombination, wunderbar ergänzt durch die jodigen Aromen des Kaviar-Toppings.

Aufwändiger wird es beim ins süssliche tendierenden Apfel-Macaron mit Entenleber und Räucheraal sowie einem Krabbenbrot mit Island-Shrimps, Avocado und rosa Ingwer.

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Das Zweierlei vom Yellow Fin Tuna ist dann eigentlich schon ein kleines, doch vollwertiges Gericht. Der Tuna wird als Tatar und im Tepapanyaki-Stil zubereitet. Kombiniert wird das Meerestier mit Gurke, verschiednen eingelegten Gemüsen und japanischen Kartoffeln.

Der Geschmack des Gelbflossen-Thuns und die verschiedenen Aromen der Begleiter, getragen durch eine präsente Säure und dadurch Lebendigkeit, vermengen sich zu immer neuen Kombinationen. Wir sind sehr angetan!

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In einer globalen Welt wie der unseren hat fast jeder schon seine Erfahrungen mit der thailändischen Tom Ka Gai Suppe gemacht. Meist wohlschmeckend, manchmal einfach und schlicht, manchmal komplexer im Aufbau.

In seinen „Erinnerungen an Thailand“ nimmt Christian Bau die Idee der Suppe auf, interpretiert sie aber radikal neu. Und begeistert uns! Die einzelnen Zutaten der Suppe werden in einer Art Creme vereint. Dazu kommen Garnelen, Basilikumperlen und mehr – toll!

Das Finale: Eine Maronensuppe von der Schloss-Kastanie. Nun können solch Suppen oft dumpf und einzig süsslich sein. Jene im Victor’s Restaurant ist lebendig durch ausreichend Säure, sie hat Textur durch viele kleine Maronenwürfelchen und als zusätzlichen Geschmacksträger sind weisse Alba-Trüffeln darübergehobelt. Fein!

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Sommelier Daniel Kiowski hat auch schon unseren ersten Wein dekantiert und eingeschenkt. Einen trockenen Riesling GG Erdener Prälat 2010 von Dr. Loosen. Viele sagen, seine beste Lage.

Bis vor kurzem hat Dr. Loosen aus den dortigen Trauben nur Süssweine gemacht, in 2009 erstmals einen trockenen Riesling aus dem Erdener Prälat viniviziert. Auch wenn das Etikett mindestens so ’schrecklich’ ist wie von Knoll aus der Wachau (auch der hat grosse Rieslinge), der selbst Wein ist dicht, facettenreich und vorzüglich!

Taschenkrebs: Buttermilch, Gurke, Osietrakaviar

Weiter volle Kraft voraus: Als erster Gang der ‚Voyage Culinaire‘ wird uns nun Taschenkrebs serviert. Gurke in verschiedenen Zubereitungsarten (u.a. auch als geeiste Kügelchen) erzeugt ein spannendes Geschmacksbild, eine Schicht aus Buttermilch verbindet die Komponenten, ein wenig jodig-salziger Osietrakaviar gibt luxuriös-belebende Akzente.

Im Aufbau ist das Gericht durchaus komplex, im Mund verbindet sich das alles zu purem Wohlgeschmack!

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Gänseleber aus der Landes: Haselnuss, Sauerkirsch, Café

2 x Gelbflossenmakrele aus Japan: Algen, Reis (-crème), schwarzer Knoblauch

Zwei Alternativen werden im nächsten Gang angeboten, welche für uns die beiden Pfeiler der Küche in Victor’s Gourmet Restaurant gut illustrieren.

Da ist einerseits die Französische Hochküche: Aus dem Süd-Westen Frankreichs, aus dem Département Landes stammt die  Gänseleber von bester Qualität. Christian Bau kombiniert sie herbstlich-winterlich: 3 Gänseleber-Pralinen sind am Teller, der Kern jeweils eine Haselnuss, rundherum ein Kaffeegelee.

Eine Sauerkirschencreme gibt dem ganzen noch eine fruchtige Note, am Teller auch noch ein Brioche. Ein Gericht, welches – angesichts des kalten Wetter draussen – unsere Herzen erwärmt und uns das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt.

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Und, als zweiter Pfeiler, das Japanische: Hauptdarsteller ist die vermeintlich (doch wirklich nur vermeintlich) gar nicht so luxuriöse Makrele.

Auf dem einen Teller ist die Makrele dünn aufgeschnitten und ein wenig gebeizt, dazu Algen, Reis und schwarzer Knoblauch. Auf dem anderen Teller ein geflämtes Kiemstück der Makrele mit einem Soba-Canneloni, am Tisch dann angegossen mit einem Dashi-Sud von der Makrele angegossen wird.

Wir begeben uns in die japanischen Geschmackswelten, lassen Frische und Meer, aber auch das Umami des Sudes auf uns wirken. Sehr gelungen!

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Wir blicken uns an und denken „Unglaublich toll, wie dieses Menü gestartet ist!“

Coquille Saint-Jacques: Topinambur, Brunnenkresse, Wintertrüffel

Wäre der nun folgende Gang der erste an diesem Abend, so wären wir voll des Lobes.

Eine Jacobsmuschel findet sich gegrillt und als Tatar am Teller. Dazu gibt es Brunnenkresse in verschiedenen ’Strukturen’, süssliche Aromen vom Topinambour und erdige von der Wintertrüffel.

Gute Produktqualität, technisch perfekt umgesetzt. Dennoch fehlt uns nach den fulminanten Gängen zuvor der mindestens ebenso grosse, wenn nicht gar grössere „Wow-Effekt“.

Der Spannungsbogen ist ein wenig durchbrochen. War es zu früh, den Tag vor dem Abend zu loben? Wird es der Küche gelingen, diesen wieder aufzubauen?

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Winterheilbutt: 2 x Blumenkohl, Buddha’s Hand, Austern-Schnittlauchnage

Doch schon der nächste Gang fesselt uns wieder mehr! Ein Stück vom Winterheilbutt wird mit einer der klassischen französischen Küche entlehnten, butterigen Nage mit Schnittlauch kombiniert.

Auf dem Heilbutt befinden sich pochierte Austern, darüber eine dünne Scheibe von „Budda’s Hand“. Geschmacklich eine formidable Idee, doch einen Tick zu dick, um ein einfaches Zerteilen mit der Gabel zu erlauben und dadurch auch zu zitronig-Intensiv.

Ein weiterer Mitspieler ist der Blumenkohl in zwei Zubereitungen. In Summe – trotz der kleinen Irritation – ein Gang, der sicher nicht langweilt, sondern uns gefällt und erneut fesselt. Der Spannungsbogen baut sich wieder auf…

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Chawanmushi: Schnecken, Plize, chinesischer Schnittlauch

Chawanmushi ist ein japanisches Ei-Gericht. Mehr dazu in einem vom Ambiente etwas skurril anmutenden Video bei den Links in der Blogroll-Sektion.

Die Einlagen in unserem Gericht sind wunderbar zarte Schnecken und Pilze. Und auf einer hauchdünnen Scheibe von geröstetem Brot wird ein Tatar von Schecken gereicht.

Kombiniert wird das ganze mit einem chinesischen Schnittlauch, dessen milde Knoblauch-Aromen wiederum an traditionelle „Schnecken mit Knoblauch“ erinnern, doch das ganze Lichtjahre feiner und komplexer. Toll!

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Wildhase aus der Sologne: Hokkaido-Kürbis, Dim Sum, Gewürz-Essigjus

Nach Zentral-Frankreich, in die Sologne begeben wir uns beim nächsten Gang: Von dort stammt der nun servierte Wildhase. Das Fleisch ist butterzart und von einer wunderbaren Intensität im Geschmack!

Kombiniert wird das ganze mit einem Dim Sum vom Hasen, mit verschiedenen Strukturen vom Hokkaido-Kürbis und mit einem Jus mit Gewürzen, mit angenehmer Säure und mit einem Hauch vom Curry; letzterer in der Nase angenehm wahrnehmbar, im Mund eine ganz leichte, doch wunderbar zurückhaltende Schärfe beisteuernd.

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Unser zweiter Wein, der Assmanshäuser Höllenberg von August Kesseler, ein Pinot Noir aus dem Rheingau, gefällt uns gleichfalls gut!

Kartoffel: Sojastaub, Tahiti Vanille, 2 x Chèvre

Es ist Zeit für Käse: Auf einem Kartoffelschaum finden sich angefrorene Stücke von zweierlei Ziegenkäsen, dazu Thaiti-Vanille und Sojastaub.

Das Gericht polarisiert an unserem Tisch: Von „ganz gut“ bis zu „supertoll“. Gut, dass Geschmäcker nicht immer gleich sind.

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‚Pré Dessert‘: Joghurt, Rote Bete & Cassis, Pistazie

Das nun folgende Pré-Dessert mag optisch schon wie ein ganzes Dessert wirken, doch der Teller ist ein kleinerer. Doch das Gericht selbst ist dennoch aufwändig und kulinarisch klug zusammengestellt.

Wir geniessen Cassis und Rote Beete in verschiedenen Strukturen, dazu die milchigen Aromen einer Joghurtcreme und einem in Stickstoff gefrorenen Sorbets sowie verschiedene Strukturen von der Pistazie. Unterschiedliche Temperaturen, unterschiedliche Texturen – letztlich Geschmacksbilder, welche uns gefallen!

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Schokolade & Banane: Unsere Interpretation vom ‚Bananen-Split‘ Version 4.13

Schon oft erlebt: Ein tolles Menü, doch der süsse Gang ist gerade mal so lala. Gerade bei den beliebten Variationen vom Bananensplit oder der Schwarzwälder Kirschtorte.

Auch Christian Bau wagt sich (schon seit langem) an den Bananensplit, heute wird die „Version 4.13“ serviert. Schon optisch ist das ganze ein zauberhafter Anblick.

Wir tauchen ein in das Gericht, kombinieren die Elemente, und finden immer neue Variationen von Banane, Vanille, Schokolade. Ein goldener Doughnut gefüllt mit flüssiger Banane. Allerfeinstes Vanille- und Schokoladeneis. Eine Art Mini-Törtchen aus wunderbar reifer Banane. Gelees, krosse und flüssige Elemente.

Zugegeben, Kindheitserinnerungen hat das Gericht bei uns wenige geweckt (sieht man vom intensiven Geschmack reifer Bananen ab). Auch damals haben wir alles brav aufgegessen, um dann noch eine Portion zu bekommen. aber Vanilleeis und Schokoladensauce waren – nun nennen wir es mal „einfacher“.

P.S. Hat jemand ein Bild von der Version 1.0? Bitte an uns schicken – wir sind geschichtsinteressiert!

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Süsse Spielereien

Eine beeindruckende kulinarische Reise neigt sich dem Ende zu. Einige Grüsse werden noch an unseren Tisch gebracht.

Da ist eine neu interpretierte ‚Yogurette‘ (der Schokoladeriegel mit Joghurt-Erdbeer-Füllung), welche sentimentale Erinnerungen auf ein kulinarisch neues Niveau hebt. Wir geniessen Marshmallows (Joghurt und Orange) sowie gleichfalls nach Orangen schmeckendes Fruchtgelee.

Da sind verschiedene feine Pralinen und ausgezeichnete Schokomandeln. Unser Liebling ist jedoch die HImbeer-Cheescake. Was für ein schöner Abschluss!

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Unser Küchenreise-Rating

Die Küche von Christian Bau ist uns eine der liebsten unter den 3-Sternern im deutschsprachigen Raum!

Er demonstriert eindrucksvoll, dass man aus französischer Küche eine sehr eigenständige Linie mit vielen japanischen und asiatischen Elementen entwickeln kann.

Und auch erfrischend, mal nicht nur von „lokal“ zu hören, nicht nur „regional“ am Teller zu haben, nicht nur „saisonal“ als einziges Credo in den Vordergrund zu stellen. Sondern eine internationale Küche mit bester Produktqualität zu geniessen! Höchste Kreativität und Perfektion in der Umsetzung sind weitere Facetten.

Der Service steht unter der Leitung der charmanten Yildiz Bau und agiert kompetent und pflichtbewusst. Manchmal würden wir uns jedoch einen Tick mehr an Lockerheit und Konversation wünschen.

Sommelier Daniel Kiowski wird oft gelobt. Wir denken, zu recht! Er kombiniert Kompetenz mit humorvoller Art, nimmt jede eventuelle Scheu vor der Weinauswahl und hat eine starke Auswahl mit Fokus auf deutschen und französischen Weinen auf der Karte.

Schloss Berg wirkt von aussen heimelig, doch die Spielbank nebenan verbessert das Ambiente nicht. Das Restaurant selbst wurde ‚sanft modernisiert‘, doch etwa die dunkle Kassettendecke wirkt noch immer etwas altertümlich. Unser Traum wäre ein modern-reduziertes japanisches Ambiente für dieses Restaurant!

Erwähnenswert ist die Social Media Präsenz von Christian Bau: Er ist einer der wenigen, der diese ‚neuen Medien‘ intensiv nutzt, und das authentisch und professionell.

Es war schön, in Victor’s Gourmet Restaurant dem Winter für einige Stunden zu entfliehen. Wir kommen unbedingt wieder!

5 – Unbedingt wieder (1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder)

Wie bewerten andere?

Der Guide Michelin zeichnet Victor’s Gourmet Restaurant auf Schloss Berg in Perl-Nenning mit 3 Sternen aus. Der Gault Millau verleiht Küchenchef Christian Bau und seinem Team 19 Punkte. Der Gusto prämiert die Küchenleistung mit 10 Pfannen.

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Blogroll – was schreiben andere?

  • ElizabethOnFood (2013, Englisch)
  • Das Filet (2013)
  • bushcooks kitchen (2013)
  • DieFoodNerds (2013)
  • Food, Wine and Rock’n’Roll (2013, Englisch)
  • Restaurant Ranglisten – Victor’s Gourmet-Restaurant (Perl)
  • Cooking with Dog; How to Make Chawanmushi (YouTube): Hier wird nicht der Hund gekocht, sondern die Zubereitung einer Chawanmushi kulinarisch durchaus gut, doch in leicht skuril anmutendem Rahmen gezeigt.
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Das Finanzielle

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Die Kosten für 2 x die 9-gängige ‚Voyage Culinaire‘ mit diversen Grüssen vorab und Petit Fours als Abschluss, für Apero, je eine Flasche Weiss- und Rotwein sowie Wasser und Kaffee betrugen knapp über EUR 720,-

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Die Adresse

Victors Gourmet-Restaurant 

Schloss Berg Schlossstrasse 27-29
D-66706 Perl-Nenning

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1 Kommentar

  1. Hallo zusammen

    ich kann den Eindruck nur bestätigen. Wir haben kurz vor Silvester dort gegessen und es hat uns auch sehr gut gefallen

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