Kulinarisches Weltcup-Rennen
Die Kamelbuckel sind die bekannteste und tückischste Stelle auf der Saslong. Seit 1969 ist die Herrenabfahrt dort fixer Bestandteil des Alpinen Skiweltcups.
Der erste Buckel ist noch gut machbar. Doch kaum gelandet, folgen mit aller Wucht die Buckel zwei und drei. Letzterer wurde erstmals 1980 vom Österreicher Uli Spiess gleich ganz übersprungen, ein Sprung von bis zu 70 Meter Weite und 10 Meter Höhe.
Wenn der wagemutige Abfahrer dann im Ziel in St. Christina in Gröden angekommen ist, sollte er sich etwas Gutes tun, finden wir. Etwa nach der Siegesfeier noch in den Grödner Hof im Nachbarort St. Ulrich gehen. Und dort in den Anna-Stuben (1 Michelin Stern) mit Chefkoch Reimund Brunner einkehren.
Unser Dinner in den Anna Stuben (Grödenerhof) in St. Ulrich
Wir haben es uns einfacher gemacht. Sind ohne halsbrecherischen Umweg über die Saslong quer durch St. Christina direkt nach St. Ulrich und zum Restaurant gefahren.
Zwei Menüs werden angeboten (’traditionell-innovativ’ und ‚Degustation‘), die Gänge können getauscht werden. Bei einem Glas Champagner treffen wir unsere Wahl und sind gespannt, ob das Dinner uns genauso fesseln wird wie einen spannende Weltcup-Abfahrt! Der Service ist auf jeden Fall schon jetzt Top!
Grüsse aus der Küche
Piep – piep – piep – Start! Zum Einstieg geniessen wir unter anderem ein Erdapfel-Speck-Süppchen mit Kardamom sowie eine Ananas-Fenchel-rolle mit geräucherter Forelle: Schön die Kombination der Süsse der Ananas, die intensive Aromatik des Fenchels; und die Forelle federt die Extreme der Aromen ab und verbindet diese.
Gänseleber: Mariniert, Eis, eingelegte Senfzwetschgen, Brioche
Das Rennen legt an Geschwindigkeit zu: Gebratene Gänseleber, perfekt vor- und zubereitet, auf einem Brioche der gelungenen Art. Gänselebereis, eine Paté von der Gänseleber zwischen Schüttelbrot, alles sehr gelungen.
Als fruchtige Note Zwetschgen, diese finden wir im Vergleich ein wenig unaufgeregt. Doch in Summe ein sehr gelungener Start!
Kalb: Kalbskopf, gefüllte Kartoffeln, Tatarsauce
Mit einer starken Leistung geht es weiter: Wir freuen uns über den Kalbskopf an Teller, und er ist auch vom Geschmack vorzüglich. Dazu eine ‚auseinandergenommene‘ Sauce Tatar – eine kreative Idee, welche uns aber auch geschmacklich gefällt.
Gemüsesuppe: Allerlei Gemüse, Kresse, Schüttelbrotcracker, Kaviar
Ein Teller mit schon arrangierten Gemüsestücken ist unser nächster Gang. Am Tellerrand zwei Cracker vom Schüttelbrot mit Kaviar, am Tisch wird dann eine Gemüsesuppe angegossen.
Nein, das ist kein wilder Sprung über die Kamelbuckel. Das ist schöne geschmackliche Harmonie. Fein!
Kartollelgnocchi mit weissem Alba-Trüffel
Als tagesaktuellen Gang eingeschoben haben Kartoffengnocchi mit weissem Trüffel. Einfach und gut, genau wie erwartet. Da gibt’s nichts zu meckern, doch mit einem solchen Gericht ist es auch schwer, der Konkurrenz davonzufahren.
Holzkohleravioli: „Lattica“ von der Ziege, Kürbis, Kapern
Wir sind wieder zurück auf der normalen Menü-Rennstrecke. Mit Holzkohle pechschwarz gefärbt ist die Pasta, die Füllung besteht aus leicht säuerlichem Lattica-Ziegenkäse.
Dazu gibt es Kürbis: Säuerlich eingelegte Röllchen, gegrillte Würfel und Kürbiscreme. Sowie Kapern, deren schöne Säure das Gericht belebt. Eine feine Kombination.
Bernsteinfisch: Medaillons, Radicchio, Haselnuss, Beete, Kümmelöl
Der Bernsteinfisch hat die Intensität und den hohen Fettanteil von Makrelen. Kobiniert wird er mit roter, gelber und weisser Beete, Tupfen von Nusscreme, Kümmelöl und Radicchio (endlich mal ein richtig gut zubereiteter Radicchio). Eine gefällige Kombination!
Kalb: Rücken, Brust, Polenta, Schwarzer Trüffel, Karotten
Wir rasen weiter Richtung Ziel. Beim Skirennen machen sich nun die Anstrengungen der langen Fahrt bemerkbar. Keine Experimente, einfach gut vorankommen.
Auch in unserem Menü vermissen wir beim nächsten Gang den Wow-Effekt. Durchaus ansprechend das Kalb (Rücken, Brust), interessant der erdige Geschmack der in Südtirol gezüchteten japanischen Karotten. Fein der Fonds, nett die Polenta mit Trüffel. Doch in Summe eher ein „auf Sicherheit ausgelegter“ Gang.
Pre-Dessert: Kaki-Apfel, schwarze Walnuss
Kurz vor dem Zielhang dann noch ein kleines Pre-Dessert: Kaki-Creme, Apfel (mit gekochten Aromen), eine Scheibe von der Schwarzen Walnuss – fein.
Kaffee: Orange, Chilli, Schokolade, Sorbet
Und jetzt geht es rasant zum Ziel hinunter.
Als süssen Abschluss geniessen wir eine Kaffeepraline (innen flüssig, wunderbar rund im Geschmack), ein Sorbet aus frisch gepresstem Orangensaft, ein Orangen-Chilli-Röllchen sowie einen Kaffeemacaron auf Schokocreme. So machen die letzten Meter Spass!
Petit Fours
Im Ziel angekommen. Verschnaufen.
Und am besten noch einen Espresso trinken, dazu ein paar feine Pralinen.
[tabs title=“Tabs Group Title“ active=1 event=“click“] [tab title=“Rating“]Unser Küchenreise-Rating
Wir haben die produktorientierte Küche von Reimund Brunner sehr genossen. Handwerklich wie geschmacklich war das Menü vorzüglich, die Umsetzung war präzise. Eine starke klassische Basis, regionale Bezüge und immer wieder kreative Ideen haben uns sehr gefallen.
Der Michelin Stern für die Anna Stuben ist absolut gerechtfertigt – und auch im „kulinarischen Weltcup-Rennen“ ist die Platzierung definitiv eine Gute!
Hervorragend war bei unserem Besuch der Service mit Sommelier Franz Lageder und Team. Ein solch empathisches und nettes Serviceteam findet man selten – wir haben uns sehr wohl gefühlt!
Auch das Ambiente gefällt, die mit Holz getäfelte Stube strahlt Wärme und Ruhe aus. Wir kommen sehr gerne wieder!
5 – Unbedingt wieder
(1 – nie wieder, 2 – wenn’s die Umstände erfordern, 3 – wenn es sich ergibt, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder)
Wie bewerten andere?
Der Guide Michelin bewertet die Küchenleistung der Anna Stuben im Gardena Grödnerhof mit einer Haube. Der Gault Millau vergibt 16 Punkte.
[/tab][tab title=“Kosten“]Die Kosten
Die Kosten sind für das gebotene sehr fair, für das Menü, Wein, Wasser und Kaffee haben wir ca. EUR 280 bezahlt.
[/tab][tab title=“Adresse“]Adresse
Anna Stuben
im Hotel Gardena Grödnerhof
Vidalongstrasse 3
I-39046 St. Ulrich
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