Mann oh Mann, Monnema, was für eine Überraschung!
Bahnt sich in Mannheim, der ‚Stadt der Quadrate‘, etwa eine kulinarische Revolution an? Nicht nur Döner in ‚Little Istanbul‘, nicht nur „Monnemer Dreck“ in den dortigen Konditoreien, nicht nur lokale Bierspezialitäten von Eichbaum, sondern auch eine Metropole der Sterne-Restaurants?
Juan Amador hat den Sterne-Upgrade 2011 eingeläutet: Mit seinem Restaurant ist er von Langen in die architektonisch spektakulären Räumlichkeiten der ehemaligen Schildkröt-Fabrik im Industriegebiet von Mannheim gezogen.
Und diesen Winter erreichte uns die Kunde, dass nun auch ein Junger mit grossen Ambitionen in Mannheim aufkocht: Tristan Brandt übernahm nach Stationen bei grossen Namen wie der Schwarzwaldstube, im L’Arnsbourg und bei Christian Bau die Küche des neuen Opus V.
Anfangs war das Feedback noch gemischt: Die Eingeladenen jubelten, die Kommentare der Selbst-Zahler wirkten noch nüchterner. Erstere zogen schnell weiter, doch dann sprachen zweitere positiver – ein gutes Zeichen!
Und so nutzen wir eine sich ergebende Gelegenheit für einen Besuch im Modehaus Engelhorn im Quadrat Q5. Steigen in den Lift und fahren hoch in den 6. Stock. Werden wir eine positive kulinarische Überraschung erleben?
Unser Dinner im Restaurant Opus V in Mannheim
Fast ein wenig nordisch im Design und sehr stylisch wirkt das Restaurant. Bei einem Glas Champagner lassen wir zunächst unsere Blicke durch den Raum schweifen: Grosszügig ist der Abstand zwischen den runden Tischen, im Hintergrund sehen wir durch ein breites Fenster in die Küche. An den Wänden Bilder aus dem Opernhaus in Mannheim.
Weit offen sind an diesem Abend die Fenster zur schönen Terrasse mit Blick über Mannheim (und auf erstaunlich viele Baukräne).
Larissa Neumann, die stellvertretende Restaurantleiterin erklärt uns freundlich und mit viel positivem Elan das kulinarische Angebot. Abends wird ein Menü mit 3 bis zu 9 Gängen angeboten; davor und danach noch ein paar Kleinigkeiten. Angesichts ihrer spürbaren Begeisterung über das Angebot bleibt uns eigentlich nur die Wahl, die grosse Menüfolge zu wählen.
Bei der Weinbegleitung begeben wir uns in die Hände des Sommeliers und Restaurantleiters Marko Frommberger. Gleichfalls eine gute Wahl, wie sich zeigen wird. Alternativ wird auch eine Saftbegleitungangeboten.
Aperitif
Der kulinarische Aperitif zum Start des Menüs ist dann ein intensiver Tomatensaft mit einem Hauch Schärfe sowie eine Tomaten auf einem Würfel Rucolacreme zwischen dünnen Brotscheiben – gelungen! (7/10)
Kulinarische Einstimmung: Parmesan – Tomate – Rucola
Die „kulinarische Einstimmung“ ist dann eine zweite Variation von Tomate und Rucola: Die Tomate in einem Rucolasud, darauf zwei „Parmesan-Ravioli“ und ein intensiver weisser Tomatenschaum.
Erneut hat die Küche den Geschmack der Zutaten klar herausgehoben, uns gefällt diese Einstimmung! (7+/10)
Amuse Bouche: Avocado – Quinoa – Ziegenkäse
Komplexer und erneut eine Steigerung ist dann das Amouse Bouche: Auf lebendig abgeschmecktem Quinoa befindet sich ein Verbene-Eis, dazu gibt es eine Avocado-Creme mit einem Tick Wasabi sowie in schwarzen Olivenstückchen gewälzten Ziegenkäse.
Harmonisch ist die Kombination von Avocado und Ziegenkäse, der Quinoa gibt Frische, die Oliven einen schönen Kontrast! (8/10)
Hamachi – Grüner Apfel – Joghurt
Im ersten Gang des Menüs finden Hamachi, grüner Apfel und Joghurt zueinander.
Der Fisch aus der Familie der Makrelen überzeugt durch Frische, feste Konsistenz und feinem Geschmack, darauf befindet sich dünn geschnittener Kombu. Der grüne Apfel, etwa als Gel, liefert eine leichte Säure, das Joghurt (Würfel, Tupfen, Pulver) verbindet die Komponenten sehr schön. (8/10)
Gartengurke – Buttermilch – Limette
Ganz in grün ist unser nächster Gang. Eine Schüssel wird uns gebracht, darauf ein Teller. Auf diesem Gurkeneis auf Tapiokaperlen, dazu Buttermilch-„Quadrate“.
Präsent ist der Geschmack der Gurke, schon die Kombination mit der Buttermilch. Für uns komplett verzichtbar die Tapioka-Perlen, diese steuern nur ein weniger angenehmes Mundgefühl bei. Aber wir mögen auch keinen Bubbles-Tea; andere mögen das anders empfinden.
Im zweiten Gang werden die Geschmäcker wieder aufgenommen, variiert und noch intensiviert. Der Teller auf dem Gefäss wird abgenommen, darunter eine Gurkensphäre und eine Art wunderbarer Gurkensalat, darüber wird Buttermilch geossen.
Wir stechen die Sphäre mit der Gabel an, der Gurkensaft vermengt sich mit der Buttermilch. Das harmoniert wunderbar mit dem Salat – halbe Mini-Gurken, Gurken-Spaghetti, Gurkenröllchen. Im Hintergrund ein zitroniger Geschmack; er erinnert uns an Salzzitrone und ist guter Kontrast zur leichten Bitterkeit der Buttermilch.
Wiederum ein Gang, der den Geschmack eines Produktes in den Mittelpunkt stellt und mit aufwändigen und bereichernden Variationen dieser Zutat ein beeindruckendes Erlebnis liefert. (8/10)
An dieser Stelle ist es an der Zeit, die Weinauswahl von Sommelier Marko Frommberger zu loben. Viele Grossflaschen, die entsprechenden Weine jeweils mit einem sehr klaren, immer unterschiedlichen Geschmacksbild; ohne grosse „Verrücktheiten“, dafür sehr gut mit den jeweiligen Speisen harmonierend. Dazu eine Menge interessanter Informationen und Erläuterungen.
Zu diesem Gang war das etwa ein im Stahltank ausgebauter Sauvignon Blanc von Gesellmann aus dem Burgenland – typische frische Sauvignon Blanc Aromen, Stachelbeere und etwas Zitrus in der Nase. Gesellmann-Weine haben wir im Restaurant / Weinabteil einige gesehen – vielleicht, weil der Winzer eines Weines mit dem Namen Opus Eximum besonders gut zu einem Restaurant mit dem Namen OpusV passt?
Aubergine – Sot l’y Laisse – Sesam
Grosse Küche dann am nächsten Teller: Geröstete, leicht süssliche Aubergine, Sesamcreme sowie ein angebratene und karamellisierte Pfaffenstücke ergeben eine wunderbare geschmackliche Harmonie.
Die Miso-Creme am Teller ergibt auf den ersten Blick einen ungewöhnlichen Strukturbruch, macht bei genauem Ausprobieren das Gericht erst so richtig stark (und erinnert uns ein wenig an den Spargel mit Misocreme und Sojaschaum bei Nils Henkel). (9/10)
Bärenkrebs – Mais – Ponzu
Weil wir so neugierig in den Nebenraum schauen, werden wir dann von der stellvertretenden Restaurantleiterin Larissa Neumann an den dort befindlichen Chefs Table geführt. Ein schöner und grosser Tisch, an welchem man eine tollen Blick in die Küche hat!
Wir beobachten dort, wie auch unser nächster Gang gerade zubereitet wird. Um diesen dann wieder zurück an unserem Tisch einzunehmen.
Geschmacklich recht zurückhaltender und nicht ganz überzeugender Bärenkrebs trifft auf diesem auf vorzügliche Maiskörner („richtigen“ und gut zubereiteten Mais lässt einem sofort den Dosen-Mais aller Salat-Buffets vergessen…), Maiscreme, angegrillter Babymais. Und Ponzu – wieder einer dieser Strukturbrüche, die im ersten Moment wirken, als würden sie die Harmonie des Gerichtes stören können, letztlich aber dieses auf einen neuen, höheren Level heben. (7+/10)
Kabeljau – Erbse – Wassermelone
Sommerlich-erfrischend dann der nächste Gang: Zum Kabeljau mit (leider recht harten) Mandelstückchen gibt es angegrillte Wassermelonen-Würfelchen, Kamillensud, einen Hauch von Kokos, Erbsencreme, Zuckerschoten-Streifen und mehr. Schön mit leicht exotischem Touch. (7/10)
Im Hintergrund können wir weiter durch das grosse Fenster die Küchenchrew beobachten.
Kalb – Karotte – Pfifferlinge
Der Fleischgang dreht sich um das Kalb, welches sich in 2 Varianten am Teller findet: Als rosa gebratenes Kalbsfilet sowie als intensiv schmeckende Schmorbacke mit Schmorbackensud. Dazu gibt es Pfifferlinge und Karotte in unterschiedlichen Varianten, etwa als Creme oder als geschmorte Urkarotte.
Ein gelungener Gang, auch wenn die Karotte geschmacklich eher eindimensional-süsslich wirkte und wir einen überraschend-begeisternden „Strukturbruch“ vermisst haben. (7+/10)
Käse von Affineur Waltmann
Nun ist die Zeit für Käse gekommen. Im Opus V kommt er vom Affineur Waltmann, und die Käse des Veredlers aus Mittelfranken sind sowieso immer eine feine Sache.
Vitamin C – Shiso – Rettich
Der süsse Teil des Abends startet. Und da trifft es sich gut, dass auch die Patisserie im Opus V einen hohen Stellenwert geniesst.
Kay Baumgardt, der Patissier, blickt nicht nur auf viel internationale Erfahrung zurück, sondern hat mit dem nun folgenden Gericht immerhin kürzlich auch das Vorfinale zum ‚Patissier des Jahres‘ gewonnen.
Vitamin C – das steht für Zitrone und Grapefruit. Kombiniert werden diese mit eingelegtem Rettich, Radieschen und dem Geschmack von Shiso. Uns gefällt, wie die Süsse eines Dessert durch die anderen Geschmackrichtungen wie bitter, säuerlich, scharf bereichert wird! (8/10)
Pfirsich – Schokolade – Pistazie
Klassischer vom Geschmacksbild, doch aufwändig zubereitet ist dann das zweite Dessert. Die Elemente Schokolade, Pfirsich und Pistazie werden wieder von Zubereitung und Konsistenz variiert und ergeben ein texturell und geschmacklich abwechslungsreiches, vorzügliches Resultat! (7+/10)
Petit Fours
Zum Espresso geniessen wir dann noch die Petit Fours; In einem Glas ein alkoholfreier Mochito, dazu einige gute Pralinen. Erfreuen uns an der Lounge-Musik im Hintergrund und lassen einen genussvollen Abend ausklingen…
Mann, oh Mann, Monnema, Du kannst kulinarisch überraschen!
[tabs title=“Tabs Group Title“ active=1 event=“click“] [tab title=“Rating“]Unser Küchenreise-Rating
Die Gerichte der Küche mit Chef Tristan Brandt fokussieren meist auf eine Hauptkomponente (etwa Tomate oder Gurke) und wenige Begleiter. Diese werden geschmacksintensiv präsentiert. Durch unterschiedliche Zubereitungsarten einer Komponente am Teller, unterschiedliche Texturen und Temperaturen ergibt sich ein spannendes und abwechslungsreiches Geschmacksbild.
Die Küche ist kreativ, die technische Umsetzung ist perfekt. Dabei wird vor aufwändigen Variationen, auch unter Einsatz moderner Küchentechnik, nicht zurückgeschreckt. Die Resultate wirken absolut schlüssig und keinesfalls bemüht oder nur als „Technik-Präsentation“.
Tristan Brandt beherrscht auch die Kunst, durch „Strukturbrüche“ oder unerwartete Zutaten (etwa aus dem asiatischen Raum) spannungsgeladene Teller zu kreieren. Dies setzt sich auch bei den Desserts von Patissier Kay Baumgardt fort.
Wir sind gespannt auf die Bewertung des Guide Michelin im November und überzeugt, dass Mannheim um ein Sterne-Restaurant reicher wird.
Die Weinbegleitung von Restaurantleiter und Sommelier Marko Frommberger war spannend und gut zu den Gerichten harmonierend. Seine ruhige, kompetente Art und die interessanten Informationen zu den Weinen haben uns sehr gefallen.
Wie uns auch der Service von Larissa Neumann und Kolleginnen mit unkomplizierter, sympathischer Art sowie viel Fachwissen und Begeisterung über die Küche des Hauses sehr eingenommen haben – wir haben uns sehr wohlgefühlt! Und wir kommen unbedingt mal wieder!
5 – Unbedingt wieder
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder)
Wie bewerten andere?
Das Restaurant Opus V hat Ende 2013 eröffnet und ist daher im Guide Michelin und im Gault Millau noch nicht bewertet. Der Gusto vergibt der Küche mit Chef Tristan Brandt 8 Punkte.
[/tab][tab title=“Blogroll“]Blogroll – was schreiben andere?
- Wenn es im Sechsten fast zum Sex kommt (Der Fresser, 2013)
Das Finanzielle
Wir sind noch auf der Suche nach der Rechnung, werden sie aufschalten, sobald sie in einem unserer Koffer oder einer unserer Taschen wieder aufgetaucht ist. Die Preise sind für das gebotene Niveau durchaus akzeptabel; so kosten 5 Gänge EUR 90, das 9-Gang-Menü EUR 150.
[/tab][tab title=“Adresse“]Die Adresse
6. Etage engehlorn Mode im Quadrat
O5, 9-12
D-68161 Mannheim
Tel. +49-621 167-1155
[/tab] [/tabs]
Der Bericht vom Besuch im Opus V war nützlich und sehr lesenswert und zeugte von eigener Klasse
Für die netten Worte möchten wir uns ganz herzlich bedanken!