Überraschung – alles anders als gedacht!
Liegt es daran, dass das Restaurant Sein zwar zentral bei Bahnhofstrasse / Hauptbahnhof liegt, aber doch in einer Seitengasse versteckt ist?
Liegt es daran, dass der Autor dieser Zeilen vor langen Jahren mal vom Menü im Sein nicht so angetan war?
Wahrscheinlich an beidem. Doch wir stellen fest, wir haben das Restaurant von Martin Surbeck und Patricia Lackner viel zu lange ignoriert.
Unsere zarte Annäherung begann bei überraschend guten Kleinigkeiten in der Sein’schen Tapas-Bar (Lesen Sie mehr: Seinigkeiten).
Unsere Liebe entbrannte beim überraschend guten grossen Menü im Restaurant nebendran. Und über diesen Besuch möchten wir heute berichten. Es war alles anders als gedacht – im sehr positiven Sinne!
Unser Dinner im Restaurant Sein in Zürich
Wir treffen uns an der Bar, geniessen noch einen Apero. Irgendwann bringt uns der freundliche Service unter der Leitung von Patricia Lackner dann hinüber in das Restaurant.
Bei einem Glas Riesling studieren wir die Karte. A la Carte werden Klassiker und neues angeboten. Dazu gibt es zwei Menüs, das „Menü Sein“ sowie das „Vegi Menü Sein“ mit jeweils fünf Gängen. Wir entscheiden uns für das erstere Menü. Und wählen dazu eine Flasche vom famosen Pinot Noir von Gantenbein aus Graubünden in der Schweiz.
Und werden noch instruiert, dass es im Sein keine Grüsse aus der Küche gibt, sondern „Überraschungsgänge“. Ohne Kommentar zunächst – es ist uns frei, zu rätseln und zu raten, was wir da vor uns haben. Wir sind gespannt!
Kurz gebratene Sepie auf blauen Kartoffeln mit Olivenkraut und Piment d’Espelette-Emulsion
Sepia kann schwierig sein, neigt er doch – nicht optimal zubereitet – zu gummiartiger Konsistenz. Ganz anderes das Meerestier auf unserem Teller – dünne Sepia-Scheiben, kurz angebraten und mit angenehm festen Biss.
Blaue Kartoffeln und Olivenkraut geben etwas Lebendigkeit und erdigen Geschmack, eine wunderbare Emulsion mit Piment d’Espelette eine leichte Schärfe. (7/10)
[row][column size=“1/2″][/column] [column size=“1/2″][/column][/row]Die erste Überraschung, der erste Zwischengang wird uns gebracht. Auf einer „Love“-Serviette (passend zu unseren ersten kulinarischen Eindrucken wird uns ein Rote-Beeren-Mochito gereicht, belebt durch in einem Eiswürfel eingeschlossene und langsam „frei-tauende“ Pfefferminze.
Parmesan-Syphon mit Carne Cruda und knusprigem Brot
Suhrbeck liebt den Syphon. Ein Glas mit Carne Cruda (fein geschnittenes, rohes Rindfleisch – eine im Piemont gerne genossene Vorspeise), gehobeltem Parmesan und kleinen gerösteten Brotkrumen steht vor uns. Mit einem Syphon platziert der Service einen Parmesanschaum darauf..
Das Resultat? Ein intensives, von Umami-Noten geprägtes und auch texturell abwechslungsreiches Gericht! (7+/10)
[row][column size=“1/2″][/column] [column size=“1/2″][/column][/row]Und wieder ist die Zeit für eine Überraschung gekommen: Ein Löffel mit scharfer Chorizo und süssem Streusel. Ein spannender Kontrast, der uns im Mund gefällt!
Roh marinierter Schwertfisch auf Ochsenherz-Tomaten, Cederi-Zitrone und Shishopulver
Nun wird es tomatig: Auf aufgeschnittenen Ochsenherztomaten (geschmacklich hätten wir uns diese intensiver gewünscht) hat die Küche dünne Tranchen von roh mariniertem Schwertfisch platziert. Cashewnuss-Stücke sorgen im Mund für einen angenehmen Kontrast.
Wunderbar ist dazu die Tomatennage, salzig-säuerlich und leicht prickelnd das Shiso-Pulver, zu bitter für unseren Geschmack die Cederi-Zitrone auf dem Schwertfisch. In Summe ein spannend angelegtes, doch nicht ganz ausgewogenes Gericht. (6+/10)
[row][column size=“1/2″][/column] [column size=“1/2″][/column][/row]Richtig spannend wird es dafür bei der nächsten Überraschung: Grapefruit mit Sorbet von grünem Pfeffer und Palmherz-Schaum. In unserem Mund erschmecken wir mit Vergnügen scharfe und süsse Aromen in schöner Balance.
Französische „Poulet noir“ Freiland-Pouletbrust auf Cocobohnen mit frittiertem Mais und Schenkelragout
Famos gelungen ist dann der nächste Gang: Das Französische „Poulet noir“ (Schwarzfederhuhn) als Filet und Ragout vom Schenkel gehört von Produktqualität und Zubereitung zu den besten Hühnern, welche wir seit langem gegessen haben. Der Fonds ist tiefgründig und intensiv.
Dazu gibt es Coco-Bohnen, eine Maiscreme und kurz frittierten Mais – aussen knusprig, innen fast noch roh, eine spannende Mischung! (9/10)
[row][column size=“1/2″][/column] [column size=“1/2″][/column][/row]
Als Überraschungsgang erhalten wir nun ein Bonbon vom Karamell-Nougat mit Cranberry und Foie Gras – eine sehr ungewohnte, intensive Kombination, welche sowohl extrem als auch extrem spannend ist!
Cheese-Cake mit Urnäscher Hornkuhkäse, Mimolette und Aprikosensorbet
Hornkuhkäse? Die Hörner schmeckt man nicht, der Käse aus Urnasch ist jedoch, in Kombination mit dem orangen Mimolette-Käse, die Basis für eine Cheese-Cake der modernen Art. Die Fruchtigkeit und Süsse des Aprikosensorbets rundet dieses vorzügliche Gericht ab. (8/10)
[tabs title=“Tabs Group Title“ active=1 event=“click“] [tab title=“Rating“]Unser Küchenreise-Rating
Die Küche von Martin Suhrbeck und Ken Nakano ist puristisch, fokussiert auf das Produkt und den Geschmack der Produkte. Jedes Element scheint seinen wohlbestimmten Platz zu haben präzise seinen Beitrag zu Textur und Geschmack zu leisten.
Die Rohstoffe sind vorzüglich, die Aromen werden klar herausgearbeitet. Die technische Umsetzung ist präzise; und die Idee der „Überraschungsgänge“ im Menü hat uns gefallen. Der Michelin-Stern ist wohlverdient.
Der Service unter Leitung von Patricia Lackner agiert höchst sympathisch, mit Charme und Kompetenz. Das Ambiente im Restaurant ist hell und gleichfalls puristisch, durch die hohen Fenster lässt sich das Treiben in der Schützengasse schön beobachten.
Wir haben den Stil des Essens etwas konservativer, das Publikum etwas mehr als einen Mix von Business und Touristen erwartet; doch die Überraschung ist gelungen – lebendiges Ambiente und starke Küche, alles anders als gedacht!
5 – Unbedingt wieder
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder)
Wie bewerten andere?
Der Guide Michelin vergibt für die Küche von Martin Suhrbeck und Ken Nakano einen Michelin-Stern. Der Gault Millau bewertet die Leistung der Küche im Restaurant Sein in Zürich mit 17 Punkten.
[/tab][tab title=“Blogroll“]Blogroll – was schreiben andere?
- Sein: Sein und laben (NZZ, 2014)
- Sein oder Nichtsein? (PatrickIsst, 2013)
Das Finanzielle
Die Kosten für unser Menü für 2 Personen mit je einem Glas Riesling vorab, Wasser, Wein und einem Espresso beliefen sich auf knapp CHF 540,-
[/tab][tab title=“Adresse“]Die Adresse
Restaurant Sein
Schützengasse 5
CH-8001 Zürich
[/tab] [/tabs]
Und gerade am letzten Samstag war in der Zeitung (TA) zu lesen, dass M.S. sich aus der Küche etwas zurückziehen will, aber K.N. sei eher NOCH exakter als er, weshalb die Küche mindestens auf dem gleichen hohen Niveau bleiben werde.
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Hallo Andy, danke für den Hinweis, das ist ein guter Punkt! Für alle Interessierten der Link zum erwähnten Tagesanzeiger-Artikel: http://www.tagesanzeiger.ch/leben/essen-und-trinken/Ich-bin-eher-der-Mann-fuers-Grobe/story/14053125
Liebes Küchenreise-Team
Der von Ihnen verfasste Beitrag zu unserer Arbeit im Restaurant SEIN hat dem ganzen Team grosse Freude bereitet – schön, dass sie sich wohl gefühlt haben!
Bei uns bleibt alles wie gehabt. Ken Nakano ist seit 20 Jahren an der Seite von Martin Surbeck. Er hat es verdient, dass sein Name vermehrt gelesen wird.
Liebe Grüsse aus der Schützengasse 3
Patricia Lackner