Wie ich den Göll überquerte

Der Göll, das ist ein Gebirgsstock an der deutsch-österreichischen Grenze bei Berchtesgaden. Ein Stück weiter auf der österreichischen Seite liegt Golling.

Der Döllerer in eben jenem Ort, das ist das Dorfwirtshaus, das Hotel, der Fleischauer (Metzger), Weinhandel und auch das Gourmet-Restaurant direkt im Zentrum dieses Ortes. An diesem Abend bin ich das erste Mal hier, seit Hotel und Restaurant vor einiger Zeit umgebaut worden – schick ist der ‚neue Döllerer‘ geworden!

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Und so betrete ich am Abend mit Spannung das elegant designte und grosszügige Restaurant, um zu sehen, wie sich die ‚Cuisine Alpine‘ seit meinem letzten Besuch entwickelt hat!

Mein Dinner im Restaurant Döllerer in Golling

Drei Menüs werden im Restaurant angeboten: Das Menü „Göllüberquerung“, das „Oberjoch“ und das „Unterjoch“. Diese unterscheiden sich durch die „Wanderzeit“ (zwischen 1.5 und 3.5 Stunden) wie auch durch die Anzahl der Gänge.

Ich habe es nicht eilig und fühle mich gut in Form; daher wähle ich die grosse „Göllüberquerung“:

Die Weinkarte hat eine beeindruckende Jahrgangstiefe bei österreichischen Weinen und neben den internationalen Highlights auch eine feine Auswahl an Trouvaillen aus Regionen wie der Schweiz oder Istrien. Die Auswahl fällt mir daher schwer – die Weinbegleitung wird mir die Entscheidung und die Wanderung erleichtern.

Grüsse aus der Küche

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Die Zigarillo zum Einstieg ist beim Döllerer schon ein Klassiker. Der Räucherfisch darin und der angeröstete Kartoffelstampf mit Kümmel und der Kräutersauce dazu geben Kraft für den beschwerlichen Aufstieg zum Göll.

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Zu schwer soll der Magen zu Beginn der Wanderung noch nicht gefüllt sein; ein Döllerer Sushi auf einer Art ‚Krabbenchip‘ ist da sicher die beste Wegzehrung.

„Alpin Miso“: Fürstenhof-Käsebruch & geräucherter Schotten, Misosuppe, Bergkräuter

 Gsellmann Finum Aperitiv

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Enge Bergtäler, abgeschlossen von der weiten Welt? Nicht in Golling. Die Küche von Andreas Göllerer ist regional. Doch er nimmt internationale Ideen auf, setzt sie auf lokaler Basis neu um.

Wie bei der alpinen Miso-Suppe: Am Teller geräucherte Schotten, Fürstenhof-Käsebruch und Bergkräuter. Geräucherte Schotten, das sind eine Spezialität aus den Resten bei der Butter- und Käseherstellung, der Buttermilch und der Molke. Diese werden nach der Verarbeitung geräuchert und fanden sich früher vorwiegend auf dem Speiseplan der ärmeren Landbevölkerung der Gegend. Auch der Käsebruch ist regional, vom Fürstenhof im nahen Kuchl. Und die Kräuter sowieso.

Am Tisch wird dann die Misosuppe angegossen. Das Resultat mit seinen feinen rauchigen Noten gefällt mir. Wie auch der Finum vom Weingut Gsellmann – Sherry-ähnlich mit oxidativen Noten und der leichten Bitterkeit, welche gut mit der Suppe harmoniert. (7/10)

Bluntaulachs „Caesar“

Vette Sauvignon Blanc 2013, San Leonardo, Italien

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Weiter geht es mit den regionalen Interpretationen. Vor mir am Teller eine Art ‚Caesars Salad‘ – Römersalat, Oliven, Parmesan, Brösel und das entsprechende Dressing sowie Alpenlachs – kräftig im Geschmack. Für mich ist das Resultat der perfekte alpine Casesars Salad. (7+/10)

Steinpilze mit Ofenzwiebeln, Brotcreme & Gams

Grüner Veltliner Smaragd 2008, Högl, Wachau / Österreich

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Steinplize – angebraten und roh am Tisch über das Gericht gehobelt: Mir gefällt die Kombination von Röstaromen und der Frische, das Spiel von Temperaturen und Texturen.

Wunderbar dazu passt die Brotcreme mit ihren Hefearomen, die Ofenzwiebel sowie das Butterschnitzel von der Gams (Butterschnitzel, das ist eine Art Frikadelle, welche dann im Bratensaft geschmort wird) – letzteres intensiv und saftig.

Für mich ist das perfekte Regionalküche! (9/10)

Tauernroggen & Kapuzinerkresse

Waldbier Lärche 2013

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Nun kommt das Brot an den Tisch: Ein wunderbares Roggen-Sauerteigbrot mit ein wenig Fenchel.

Das Getreide aus den Tauern ist eine Diva: Hochgewachsen und vom Mähdrescher nur schwer zu bändigen, und ungleichmässig im Ertrag. Doch der resultierende Brotlaib (der Rest wird eingepackt) schmeckt vorzüglich.

Dazu gibt es eine aufgeschäumte Butter mit Kapuzinerkresse sowie kleine Erdäpfel; und ein ‚Waldbier‘ – ein Bockbier, bei welchem neben Hopfen und Malz auch handgeerntete Lärchenzapfen und -nadeln vergärt wurden. (8/10)

Zander aus dem Chiemsee: BBQ, Paradeiser & Melanzane

Ines 2009, Roxanich, Istrien / Kroatien

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Beim Zander aus dem nicht so fernen Chiemsee gefallen mir Geschmack und die schönen Röstaromen. In Kombination mit den perfekten Tomatenaromen der Paradeiser sowie den Melanzani ergibt das ein wunderschönes Geschmacksbild! (9/10)

„Gletscherschliff“: Fenchel im „Gletscherschliff“ gebacken, Gletschereis, Kaviar von Walter Grüll

Champagner, Lallier, Frankreich

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Gletscherschliff ist das Gesteinsmehl, welches beim Gleiten des Eises über den erodierenden Untergrund entsteht. Die nun folgende Fenchel wurde in einem Salzteig mit eben diesem Gletscherschliff vom Grossglockner (dem höchsten Berg Österreichs) gebacken.

Dazu gibt es „Gletschereis“: Am Tisch beigefügtes, in Stickstoff gefrostetes Sauerrahmeis; sowie Malzerde, Apfelsaftgeleewürfel und Kaviar von Walter Grüll aus Gröding bei Salzburg.

Die Kombination von leicht bitterem Fenchel, dem Malz, dem leicht säuerlichen Apfelgelee, dem kühlen Gletschereis und dem Champagner überzeugt mich voll und ganz! (8+/10)

Holzkohlelauch mit „Holzkohle“: Rote Rüben & fermentierter Lauchsaft

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Weniger begeistern kann mich der nun folgende Gang: Der ‚verbrannte Lauch‘ (Lauchherz, in Holzkohle sehr stark angeröstet’ ist ein wenig faserig. Der Saft aus roter Beete hat eher rohe Aromen und wirkt auf mich recht aggressiv und nicht so stimmig zu den Röstaromen des Lauches. (6/10)

Bauernhendl mit Gewürzen & Schalotten, Sud aus Kohl, Apfelsaft & Fetter Henne

Clos Philibert 2012, Cotes de Nuit, Frankreich

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Das Bauernhendl ist wunderbar saftig und mit schöner Kruste, darauf ein paar Salzflocken. Die orientalisch aromatisierten Kartoffeln sind gleichfalls fein, eine dünne Scheibe Lardo auf einer gibt zusätzlichen Geschmack. Einzig der Sud aus Kohl, Apfelsaft und Fetter Henne wirkt sehr zurückhaltend. In Summe ein sehr feines, doch nicht sonderlich komplexes Gericht. (7+/10)

Junge Erbsen, Erdäpfel, Minze & Lammbries

Pinot Noir Ried Holzspur, Johanneshof Reinisch, Thermenregion / Österreich

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In einer Glasschale wird mir nun Lammbries und Erbsen (sehr heiss zu Beginn), darauf Kartoffelschaum und eine hauchdünne geröstete Brotscheibe gereicht. Das ganze ist mit Minze aromatisiert und ergibt ein eigenständiges, sehr süffiges Gericht. (8+/10)

Rib Eye vom Simmentaler Rind, Heubernaise, Salzsellerie & Radieschensprossen

Solare 2005, Capanelle, Toskana / Italien

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Vom Simmentaler Rind ist das Ribeye; schön rosa, doch von der Konsistenz etwas gar fest. Dazu gibt es eine Heubernaise, Thymiansprossensalat mit Radieschen, Salzsellerie und angebratenes Knochenmark. (7/10)

Kindheitserinnerungen Teil 2: „Schwarzbeernock’n“

Beerenauslese 2010, Heinrich, Burgenland/Österreich

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Als Kind habe ich warme Süssspeisen gehasst. Und somit keine so richtig emotionale Beziehung und geschmackliche Prägung zu solchen Gerichten aufgebaut.

Vielleicht liegt es daran, dass mich die Schwarzbeerennockn nicht so richtig überzeugt, dass ich sie einfach beerig/süss eidimensional finde. (6/10)

Hollerblüten, Himbeer & Schafsfrischkäse

Moscato d’Asti

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Doch mit dem zweiten süssen Gang trifft die Küche von Andreas Döllerer wieder meinen Geschmack. Ein Kuchen aus Schafsfrischkäse, HollerblütenHimbeeren und deren Blätter wie auch Himbeer-„Papier“ ergeben ein sehr gefälliges Ensemble. (7/10)

Süsse Wandergrüsse

Rund vier Stunden der Bergwanderung sind nun vorbei, die Überquerung des Gölls ist geschafft! Da habe ich mir wohl auch noch süsse Wandergrüsse verdient – einen ‚Enzian Wurzelstein‘ (Dunkle Schokolade mit Enzian) und einen Bauernkrapfen mit Marmelade(7//10)

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Der Vollständigkeit sei erwähnt, dass es bei Döllerer’s auch einen tollen Käsewagen gibt. Nach meiner Wanderung wäre das nun aber doch ein wenig zu viel des Guten.

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Ich geniesse lieber noch einen Espresso und die dazu gereichten Petit Fours, bevor ich mich auf mein Zimmer im Haus zurückziehe.

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Die Zimmer: Schön, hell und modern!

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Unser Küchenreise-Rating

Die kulinarische Überquerung der Göll an diesem Abend habe ich sehr genossen! Andreas Döllerer sammelt international Inspirationen (etwa die Miso-Suppe) und interpretiert sie dann lokal (Käsebruch und geräucherte Schotten statt Tofu) und sehr eigenständig.

Kombiniert mit lokalen Gerichten, welche mit modernen Küchentechniken erneuert sind, entsteht daraus eine sehr spannende ‚Cuisine Alpine‘. Das Resultat ist vorzüglich von den Zutaten, präzise in der Zubereitung und aromatisch im Geschmack und bewegt sich auf Michelin 2-Sterne Niveau.

Auch der Service gefällt mit seiner legerer, doch sehr kompetenten Art. Die Region um Golling empfiehlt sich im Sommer für Bergwanderungen, Cabriotouren oder einen Abstecher nach Salzburg, im Winter natürlich zum Skifahren. Und Döllerer ist dann kulinarisch klar bei den besten Anlaufstellen im Salzburger Land.

5 – Unbedingt wieder

(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder)

Wie bewerten die anderen?

Der Gault Millau bewertet die Küche von Andreas Döllerer mit 18 Punkten. Der Guide Michelin hat sich leider aus Österreich (mit Ausnahme von Wien/Salzburg) zurückgezogen. Im A La Carte-Führer ist das Restaurant in Golling mit 99 Punkten unter den am besten bewerteten in Österreich.

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Ich habe das Menü im Rahmen eines Hotel-Packages gebucht. Separat kostet das grosse Menü EUR 148 + 5 EUR Gedeck; die Weinbegleitung EUR 80, eine alkoholfreie Begleitung EUR 39.

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Die Adresse

Döllerer’s Geniesserrestaurant

im Hotel Döllerer / Döllerer’s Genusswelten

Markt 56

A-5440 Golling

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