Der Donau entlang

Die Pferde unter der Motorhaube meines Automobiles führten mich an diesem Spätsommertag der Donau entlang in die Wachau. Kurz vor Krems bereits spüre ich ihr erwartungsvolles Schnauben.

Die Landschaft wird nun pittoresk. Wow, Wachau! Rheingau auf Stereoiden quasi.

Die Donau schlängelt sich dahin. Die Weinberge glänzen im goldenen Schimmer der Abendsonne. Hoch oben die Ruinen sagenumwobener Burgen

Bei Dürnstein meine ich, am Strassenrand den treuen Sänger Blondl zu hören. Ist er etwa noch immer auf der Suche nach seinem König, nach Richard Löwenherz. Hält ihn der Babenberger Herzog Leopold V. „der Tugendhafte“ nach über 800 Jahren etwa noch immer in den Verliesen der Burg Dürnstein gefangen?

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Ich gönne den Pferden den einen oder anderen Auslauf hinauf in die Weinberge. Und mir den einen oder anderen Probierschluck in den schick herausgeputzten Weingütern. Doch dann wird es Zeit umzukehren.

Die Rollfähre brachte die Pferde und mich ans andere Ufer. „Mariandl-andl-andl, aus dem Wachauer Landl-Landl“ summten die Pferde. Und lächelte da nicht gar der selige Paul Hörbiger von ganz oben herab?

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Mein heutiges Ziel, das Landhaus Bacher, hat in den goldenen 50er-Jahren seinen Weg als Backhendl-Station gestartet. Und irgendwann, zur Zeit der musikalischen Wachau-Filme kehrten die Stars wie Peter Alexander, Hans Moser oder Gunther Philip nach anstrengenden Drehtagen dann dort ein. Ach, wie gerne habe ich als Kind deren Filme (auch damals schon als Klassiker in der sicher 95sten Wienderholung) im Schwarz-Weiss-Fernsehen verfolgt!

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Nun bin ich in Mautern angekommen. Der Parkbank des örtlichen Verschönerungsvereines mit bezauberndem Donaublick habe ich im Vorbeifahren noch kurz einen Gruss zugerufen. Und jetzt dürfen die Pferde ruhen.

Lisl Wagner-Bacher hat das Landhaus Bacher 1979 von ihren Eltern übernommen und es dann über die Jahre zu einem der besten Restaurants der Alpenrepublik gemacht. 2010 ist dann der nächste Generationswechsel erfolgt, und der Schwiegersohn Thomas Dorfer ist jetzt Küchenchef.

Mein Dinner im Restaurant Landhaus Bacher in Mautern an der Donau

Von Aussen wirkt das Landhaus und der Garten verträumt und wie in einer anderen, in einer schönen Zeit stehengeblieben. Innen ist dann alles am Stand der Zeit. Sofort bezaubert mich das im Landhausstil gehaltene Interieur in warmen Farben.

Und auch der Service bezaubert. Er glänzt mit einer Portion dieses österreichischen Charmes, der mir schon bei Peter Alexander imponiert hat. Für die jüngeren: Peter Alexander war so was wie der Falco der 60er und 70er Jahre. Für die ganz Jungen: Ach, ich weiss auch nicht… Andreas Gaballier?

Denn eigentlich gilt mein Interesse nun etwas anderem: Dem Essen, welches mich heute hier erwartet. Gespannt entscheide ich mich für das grosse Menü, ergänzt um einen Klassiker von Lisl Wagner-Bacher, der Grand Dame der österreichischen Kulinarik.

Gruss aus der Küche

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Zum Start werden mir einige Grüsse aus der Küche gebracht. Als der Peter Alexander hier einkehrte, war das wahrscheinlich noch nicht Usus. Geschmeckt hätte es ihm trotzdem.

Da ist mal die Stosssuppe, eine österreichische Suppenspezialität mit Sauermilch. Im Landhaus Bacher schmeckt sie – so wie es sich gehört – leicht säuerlich und ist vorzüglich abgeschmeckt. Dann ist da das Wiener Backfleisch, eine in Panier herausgebackene Rindfleisch-Kugel. Backfleisch soll ja schon eine Leibspeise vom genügsamen Kaiser Franz Joseph gewesen sein, und mir schmeckt es auch vorzüglich!

Die Historie der Mini-Radieschen in Butter, des Brotes mit Thymian und des Steinpilzmacaron mit Bergforelle und Yuzu scheint mir weniger gut überliefert. Oder ich habe nicht aufgepasst. Munden tun sie auf jeden Fall vorzüglich, einzig der Macaron ist süss wie die Kaiserin Sissi, was hat schon ein bisserl viel ist.

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Nun wird mir Brotkörberl und Butter wie auch ein Aufstrich gebracht. Beim Gebäck natürlich auch dabei ein Salzstangerl und eine Semmel – nein, das ist ganz bestimmt eine resche Kaisersemmel.

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Und noch ein Gruss der Küche wird charmant serviert: Bohnen mit Pfirsich und Steinpilzen. In der Monarchie hätte es da ja so noch nicht gegeben. Doch die ist schon lange abgeschafft.

Und was im ersten Moment unerwartet klingt, ist grandios: Der Pfirsich gibt vollmundige Süsse und Fruchtigkeit, die Bohnen Knack und Frische. Der gehobelte Steinpilz steuert einen Hauch an Erdigkeit bei. Das Resultat ist ein famoses Aromenspiel auf engem Raum! (8+/10)

Gebackenes CAVIAREI „LWB“

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Zum Einstieg ergänze ich das Menü mit einem der Klassiker (heute eher „Signature Dish“), mit welchem Lisl Wagner-Bacher bekannt und berühmt wurde: Das gebackene Caviarei „LWB“.

Auf warmen Kartoffelpüree sitzt ein wachsweich gekochtes Ei – der Dotter zum Teil noch flüssig, welches paniert und kurz in heissem Öl frittiert wurde. Umgeben ist das ganze mit einer Sauce aus Sauerrahm und Sahne. Darauf befindet sich eine ansehnliche Nocke Imperialkaviar.

Sicher – neu oder überraschend ist diese Kombination nicht. Doch mir gefällt einerseits die perfekte Umsetzung. Andererseits sind es vermeintliche Kleinigkeiten wie die in der Sterneküche seltene Panier, welche das Gericht mit einem krossen Element aufwerten.

Und so geniesse ich es, mich durch warmes Erdäpfelpürree, warmen Eidotter, kühlen Sauerrahm und dazwischen immer wieder jodige Kaviarperlen zu schlemmen und die wunderbare Harmonie der Geschmäcker zu geniessen! Der Tattinger Brut 2006 Miliséimé ist ein würdiger Begleiter dazu. Ein kaiserlicher Gang! (8/10)

Entenleber, Kubebenpfeffer & Zwetschke

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Weiter geht es mit dem ersten Gang des eigentlichen Menüs. Die Entenleber-Terrine ist klassisch-perfekt und voll wunderbarem Schmezl, sie wird kombiniert mit Kubebenpfeffer, Zwetschke (Eine Unterart der Pflaume; am Teller fein aufgeschnitten und als Tupfen) und mit karamellisierten piemonteser Haselnüssen (welche, doch das ist Kritik eines Haselnuss-Freaks auf sehr hohem Niveau, zwar fein, doch für mich noch nicht Referenz-Qualität waren).

Mir gefällt diese Kombination. Nicht schreierisch oder plakativ, doch dafür wieder dieser runde, beeindruckende Wohlgeschmack! Einzig die Buchtel mit Powidl (Zwetschkenmus), ein interessanter „österreichischer“ Ersatz für das Brioche, ist mir viel zu schwer, fest und teigig. (8/10)

Aufgeschlagene Langoustinen Veloutè

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Ein perfektes Wohlfühlgericht ist dann die aufgeschlagene Langoustinen-Veloutè mit einem Krustentierstrudel, mit Kürbis (kleine Würfelchen und wenn ich mich richtig erinnere Splitter von Kürbiskernen)  und mit Limette.

Hier passt alles: Das Gericht ist perfekt abgeschmeckt. Ein Tick Schärfe, ein wenig lebendige Säure, Süsse und intensive Aromen ergänzen sich mit dem erdigen Geschmack des Kürbisses. So liebe ich die perfekte Küche mit klassischem Fundament! (8+/10)

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Die Tischdekoration erinnert mich an jene im Berliner Esszimmer im Adlon Hotel, einzig versucht in der Wachau keine amerikanische Touristin, sie nach übermässigem Alkoholgenuss in ihre Einzelteile zu zerlegen. Doch der charmante und auf ganzer Linie überzeugende Service, da bin ich sicher, wüsste auch in der Wachau eine solche Situation auch hier überzeugend zu handeln.

Und der metallene Fisch auf meinem Tisch weckt auch meine Vorfreude auf den nun folgenden Fischgang.

Neusiedlersee Zander & Steinpilze

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Ein glasiger Zander aus dem Neusiedler See, dem Meer der Wiener, ist der Hauptdarsteller. Geröstete Steinpilze, gegrillter Lauch und die sardische  „Ur-Pasta“ Fregola Sarda wie ein grossartiger Nussbutterschaum begleiten.

Wieder ist das ganze perfekt abgeschmeckt, mit feiner Säure und Lebendigkeit. Das Geheimnis von Thomas Dorfer liegt auch in den perfekten Saucen und Schäumen, so scheint mir. (8+/10)

Raviolo vom OX-Tafelspitz

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Wienerisch inspiriert wird es dann beim nächsten Gang: Die Küche hat die Geschmäcker des Tafelspitzes und seiner typischen Beilagen aufgenommen und neu interpretiert und zusammengesetzt.

Im Zentrum steht ein Raviolo vom OX-Tafelspitz auf passiertem Spinat und auf Semmelkrenschaum, dazu Daikonkresse und kleine Cidregelée-Würfelchen. Doch diesmal enttäuscht mich die Abstimmung der Elemente zueinander: Der Inhalt des Raviolos ist mir zu langweilig abgeschmeckt, der Semmelkrenschaum ist dafür sehr dominant; dadurch wrid das Gericht eindimensional. (7/10)

Glasierter Tiroler Milchkalbsrücken & Züngerl

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Spannend angelegt ist auch der nächste Gang: Ein glasierter Michkalbsrücken wird mit kleinen Würfelchen von geschmorter Zunge kombiniert. Ofenpaprika, PfefferoniArtischocken aus dem Marchfeld und Amalfizitrone begleiten, ein Kalbsschmorsaft verbindet die Komponenten.

Doch der Kalbsrücken ist mir zu trocken, der Kalbsschmorsaft wiederum ist nicht so kraftvoll wie ich in mir wünschen würde und auch sonst wirkt das Gericht nicht so richtig rund auf mich. (6+/10)

Käse vom Wagen

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Schön, dass im Landhaus Bacher die Käsewagen-Kultur noch gepflegt wird! Meine Auswahl: Schaf, Ziege und in der Mitte ein 5-jähriger Gouda.

Der Ruf des Goudas ist ja durch den Scheiblettenkäse nachhaltig angeschlagen, doch kann ich nur empfehlen, wann immer sich die Gelegenheit ergibt, mal ein gutes und gereiftes Exemplar zu wählen!

Manjari Scholkolade (65%) Madagaskar

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Klare, intensive Geschmäcker wie abwechslungsreiche Texture und Temperaturen sind die Basis für das Dessert: Manjari Schokolade, Himbeere und Himbeer-Gel, Haselnüsse, ein Eis aus Vanille-Vollmilch in Summe ergibt das eine einfach rund und wohlschmeckende, ausgezeichnete Kombination! Schokolade & Himbeere in Perfektion quasi. (8+/10)

Süsser Ausklang

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Zum Abschluss folgen dann noch einige Petit Four – unter anderem ist mir eine soufflierte Topfenpalatschinke, ein Pfirsichsüppchen mit Vanilleschaum wie auch eine Tresterpraline  in Erinnerung geblieben. Ein gelungener Abschluss! (7/10)

Übernachten im Landhaus Bacher in Mautern an der Donau

Das Landhaus Bacher bietet auch einige Zimmer an. Kein übertriebener Luxus, auf den ersten Blick haben diese auch den Charme vergangener Jahre, doch auf den zweiten Blick ist im Zimmer selbst alles perfekt renoviert und hergerichtet.

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Gefallen hat mir auch das das ansprechende Frühstücksbuffet mit Kleinigkieten wie dem sauren Rindfleisch oder dem grossartigen geräucherten Lachsfilet mit Senfsosse, welches qualitativ weit über dem war, was auch in guten Häusern manchmal als Lachs angeboten wird.

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Unser Küchenreise-Rating

Thomas Dorfer kocht im Landhaus Bacher auf Zwei-Sterne-Nivau. Schade, dass der Guide Michelin die Leistungen österreichischer Restaurants (ausser in Wien und Salzburg) nicht mehr würdigt.

Seine Gerichte sind kreativ und verführerisch, sie basieren auf einem starken klassischen Fundament, wirken jedoch niemals altmodisch – im Gegenteil. Schliesslich war schon Schweigermutter Lisl Wagner-Bacher eine Vorreitern der Nouvelle Cuisine in Österreich. Die Küche von Thomas Dorfer brilliert mit harmonischen, klaren Aromen und viel Wohlgefallen im Geschmack. (8/10)

Das Wohlgefühl setzt sich auch beim Service fort: Österreichische Freundlichkeit und Charme, doch ohne jemals aufgesetzt zu wirken; und das in Verbindung mit Kompetenz und einer Menge Herzblut.

Somit bleibt mir nur zu sagen: Wow, Wachau!

Landhaus Bacher, Mautern in der Wachau (A)

Bewertung Essen (?): 8+ / 10
Küchenreise-Rating (?): 5 – unbedingt wieder
Guide Michelin: bewertet in Österreich nicht
Gault Millau: 18 / 20
A La Carte Guide: 97 / 100
Küchenchef: Thomas Dorfer
Adresse: Südtiroler Platz 2
A-3152 Mautern
Telefon: +43-2732-82 937
Web: http://www.landhaus-bacher.at
Kosten (Rechnung): 430 EUR (1 Personen)
Angekündigter Besuch (?): Nein
Einladung (?): Nein
Extras (?): Nein
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung.

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