Schrill und intensiv

Der altehrwürdige Guide Michelin bewertet das schrille DiverXO mit drei Sternen.

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Und sofort schreien Berufene, noch mehr Berufenere und vermeintlich Berufene lautstark auf: Von „das hätte schon längst passieren müssen“ bis zu „das grösste Fehlurteil in der Geschichte des Guides“. Von „What a genius“ bis zu „Frosch Erbrochenes“.

Kümmert uns wenig. Wir verlassen uns lieber auf unser auf unser eigenes Urteil. Wenn es Euch interessiert, wir teilen es hier gerne. Ermutigen aber sowieso auch zum „selber probieren“! Doch Achtung – DiverXO ist [Emoción]. Ihr werdet es lieben oder ihr werdet es hassen. Eure Wahl, ob ihr Euch darauf einlassen wollt!

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Unser Dinner im Restaurant DiverXO in Madrid (Spanien)

Der Raum ist weiss.

Mein Blick schweift suchend umher. Weisse Tische. Ein weisser Küchenblock. Weisse Vorhänge. Weisse Sessel. Halt, die Sessel haben zumindest goldene Flügel auf der Lehne. Ich grüble – was wollen mir bloss sagen?

Doch plötzlich werde ich abgelenkt. Da sind rosa Schweine an der Wand. Bin ich im Delirium? Oder gar in einer Inszenierung von Claus Peyman am Wiener Burgtheater in den späten 80er Jahren? Was wollen mir denn jetzt diese Schweine sagen?

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Doch schon wieder eine andere Irritation. Rosen. Rote Rosenblüten, um genau zu sein. Sie schweben über den Gästen, in ihrem Inneren ein Röhrchen gefüllt mit einer roten Flüssigkeit. Rätsel über Rätsel. Doch zum Grübeln bleibt jetzt wenig Zeit.

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Denn nun folgt Auftritt der Hipster: Schwarz gewandete Koch-Hipster betreten die Szene. Sie gegeben sich zielstrebig in die offene Küche in der Raummitte. Beginnen dort, Wichtiges, noch Wichtigeres und vielleicht auch vermeintlich Wichtiges zu tun.

Dann der Einzug der roten Servier-Hipster. Sie verteilen sich, einem Glasperlenspiel gleich, gleichmässig im Raum; und bleiben mit ihrem roten Gewand doch nicht unentdeckt. Noch besser, sie bringen guten Cava wie auch die Karte.

Ich beobachte die Schauspieler dieses Aktes genau, und erkenne die kleinen Details, welche jedoch durchaus von grösster Bedeutung sein mögen. Einerseits: Bei den Herren ist der schwarze Bart ein gerne gesehenes Accessoire.

Und dann: Bei beiden Geschlechtern erfreuen sich schwarze Brillen – ob nun mit optischem Glas, mit Fensterglas oder ganz ohne Glas – grosser Beliebtheit. Dies hat mit Sicherheit einen Grund. Doch den Code dazu habe ich noch nicht entschlüsselt.

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Einfacher ist das Entschlüsseln der Speisekarte. Zumindest auf den zweiten Blick.

Eins – zwei – drei – sieben – vier. Und dann sechs – fünf – acht. Das lässt mich noch grübeln.

Doch weshalb immer den tieferen Sinn in den Dingen suchen, schliesslich geht es heute ja um Emotionen. Und damit ist die Reihenfolge der vom Restaurant ausgewählten Speisen denn nun mal so.

[Emoción] – der Vorhang öffnet sich, das Spiel beginnt!

Canvas 1: „It’s showtime“ between India an Mexico with sour-spicy, sweet acids an umami… Corns with buffa’s buttermilk and „black-blue“ fungi. Rosser comb an tandori chicken wings.

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„It’s showtime“ nennt sich passenderweise  auch gleich der erste Gang, und er schlägt eine Brücke zwischen Indien und Mexiko.

Die Show startet – nun, nennen wir es „ein wenig verhalten“. Eine Art gefüllter Dumpling mit einer fleischigen Füllung, zitronigen und etwas scharfen Aromen und einer Mlichhaut darüber zeigt ein eher plumpes Geschmacksbild. (5/10)

Doch die aufgeschäumte Maissuppe mit Maiskörnern, Curry und Zitrone steigerte da die Dramaturgie schon – ein schönes Zusammenspiel von Säure, Schärfe und Textur. Das ganze war mit Hilfe des weissen „Löffels“ (oder Schabers) von Le Creuset mehr schlecht als recht zu verspeisen. (6/10)

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Dieser Gang wurde wie auch die folgenden in zwei Teilen serviert. Und in diesem kam so richtig Power auf die Bühne. Intensive Tomaten, erdige Trüffel, knackige angekohlte Maiskörner und eine Plizcreme sorgten für einen Schub Umami im Mund.

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Dazu gereicht wurden dann noch ein Spiesschen mit Tandoori Chicken – wunderbar zart und kräftig, doch balanciert aromatisiert (8+/10)

Canvas 2: Round trip to Singapore passing for the Costa Brava: „Chili Crab“ and Andalusian seasoning. Asian southest „suquet“ with Canary chips, cocotxas and cookies. Ginger and keffir lime.

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Der nächste Akt bringt und nach Singapur, mit einem kleinen Abstecher in Richtung Costa Brava. Oben auf einem Dämpfer wurden  ein innen flüssiges Dim Sum wie auch ein Garnelenschwanz serviert – in meinem Mund machen sich Schärfe wie auch tomatige Aromen breit.

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Nach abheben des Dämpfers kommt dann ein geschmacklich in indische Aromatik gehender Sud von Meeresfrüchten mit Ingwer, Curry und einem Kartoffelchip darauf. Erneut eine schöne Säure und Lebendigkeit, in Verbindung mit einer Schärfe, welche „hinten raus“ kommt, im Mund einen langen Nachhall hinterlässt. (8/10)

Canvas 3: Mediterranian „Pad Thai“ with fried egg an „salsify noodles“. Red Shrimps and black butter emulsion.

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Ganz schön archaisch, den Kopf einer Garnele vor dem Gast abzubrechen und den flüssigen Inhalt über dem Gericht auszudrücken.

Dem einen wird dabei leicht grauen, der andere wird wissen, wie viele Aromastoffe auf diese Art freigegeben werden. In jedem Fall, grosses Theater ist auch Provokation. Alles andere ist Langweile.

Kombiniert wurde das ganze mit Tomaten, Pilzen, Frühlingszwiebeln und flüssigem Ei. Da sind erneut die kräftigen Aromen, da ist das Spiel der Säure, da sind schöne Röstaromen, da ist diese zunächst verhaltene doch dann intensiver werdende Schärfe. Gut passend dazu auch der trockene Sherry. Ein starker Gang. (8+/10)

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Allmählich hat der Blick auf die fliegenden Schweine an der Wand etwas beruhigendes auf mich.

Canvas 6: „Yellow rice“… Chinese paella- socarrat (steam dim sum and socarado) rabbit, espardenyas and sausage from Perol.

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Die nun folgende Paella-Interpretation wird mit rosa Kaninchenfilet und Blutwurst gereicht; in der dickflüssigen Sauce befindet sich etwas ähnlich wie Puffreis, was für eine abwechslungsreiche Textur sorgt.

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Ergänzt wird das ganze mit einem auf einem zweiten Teller gereichtem, gegrillten Stück vom Kaninchen, welches mit noch glühenden Ästen serviert wurde. Erneut viele Grill- und Röstaromen, und ein langer geschmacklicher Nachhall des ersten Tellers. (8/10)

Carnvas 10: Beetroot corean kimchi and chipotle chili with semicured red galician beef, lily bulb and lime. Frozen creaking cut of rost bacon and smoky kobe and marrow niguiris.

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Der Einstieg in den nächsten Gang sind Variationen von der roten Beete, Kobe-Beef-Würfel und Eis wie auch Säure gebende Stücke vom Zitronenfilet und Knoblauch. Das ergibt spannungsgeladene Variationen (das kühle rauchige Speckeis, welches dann von der süsse von warmen rote-Beete Elementen durchbrochen wird; fermentierte säurereiche rote Beete in Kombination mit süssen Elementen), doch das ganze ist schon fast ein wenig zu extrem. (7+/10)

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Das darauf folgende Nigri-Suhshi mit Kobe-Beef und mit Knochenmark, zunächst unter einer mit Rauch gefüllten Glashaube serviert, überzeugte dagegen wieder durch den intensiven, aromatischen Geschmack des Fleisches wie auch durch den leicht angerösteten Reis.

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Dieses wurde verfeinert mit dem Saft aus dem Behältnis aus dem Inneren der zu Beginn erwähnten, über uns hängenden Rose.

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Canvas 9: Grilled sole on the wok -280°!!! Pepitoria sauce of his own bones and see urchins, boletus and “pollitas’s yolk. Rhubarb!

9.1 Foamy ruperta with roast pumpkin with sea urchins and fried thai tomato

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Nun wurde ein ausgehöhlter Kürbis an den Tisch gebracht, darin ein Schaum mit Seeigel und Muscheln. Da war Schärfe, rauchige Aromen, Säure, Süsse. Wieder alles auf der eher extremen Seite, durchaus ausbalanciert, doch irgendwann nutzt sich dieses Geschmacksbild ab.

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Dazu wurde dann eine gegrillte Seezunge mit Pilzen und Muscheln serviert, darüber eine Sauce mit Eigelb und Safran sowie Rhabarberschaum. Erneut schmeckte das ganze nach …. – etwas mehr Abwechslung, bitte! (6+/10)

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Canvas 4: Welcome to the Paris of 70`s Dabiz version. Too many compliments to be appointed. Baby lamb infused with lemongrass and spices of Southeast Asia. World compliments with France soul. VINTAGE CANVAS

Der nächste Akt beginnt.  Die weissen Vorhänge um den Tisch werden zugezogen.

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Ein Kerzenständer wird auf dem Tisch platziert, ein geheimnisvoller Brief mit Siegel wie auch ein kleiner Lautsprecher. Ich höre französische Chansons. So muss es gewesen sein; doch, so war es ganz bestimmt nicht, das Paris der 1970er Jahre.

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Einer der schwarz gewandeten Koch-Hipster mit schwarzem Bart bringt das Lamm und schneidet es am Tisch auf, platziert es inmitten der (im Brief aufgelisteten) Beilagen.

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Das ganze ergibt dann einen sehr verspielten Gang mit vielen Geschmäckern, welche aber alle portionsmässig so klein sind, dass mich das Resultat nicht so wirklich überzeugt. (7/10)

Canvas 12: Popcorn with butter powder… Green apple, jalapenos, sweet of milk of latxa sheep, Creaking of licorice

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Ein noch weniger überzeugender Abschluss der Menüfolge ist dann das Dessert; zunächst Apfeleis mit schöner Süsse und Säure, welche jedoch von der Süsse und Pampigkeit der Karamellcreme erschlagen wird; dazu noch eine Art Popcorn.

Auch die anderen Kleinigkeiten können mich nicht so wirklich überzeugen, die Balance zwischen Kreativität für den guten Geschmack und Kreativität der Kreativität willens kippt hier in die zweite Richtung.

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Gut gefüllt ist dafür jetzt die „Eistüte“ wie auch der Wagen mit den Alkoholika. Die einen werden ihn geniessen, um die aussergewöhnliche Küche und die drei Sterne des Restaurants zu begiessen. Andere vielleicht, um den Abend schnellst möglich zu vergessen. Wir haben Euch gewarnt – ihr werdet das Restaurant entweder lieben oder hassen!

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Unser Küchenreise-Rating

Die Küche von David Munoz im DiverXO ist modern, doch fernab aller molekularen Spielereien. Sie ist provokant, sie ist überraschend, sie ist [Emoción].

Sie ist wie ein italienischer Sportwagen – laut, schnell, emotional, Beschleunigung pur; bis dann mal wieder ein Kolbenreiber oder eine defekte Ölpumpe die Hochleistungsmaschine lahmlegt. Doch wer sich darauf einlässt, der hat seinen Spass. Den Liebhaber der dezenten Perfektion eines VW Phateon wird diese Küche dagegen erschrecken.

David Munoz ist trotz aller Modernität der spanischen Kochtradition verhaftet. Seine Gerichte sind nicht filigran-perfekt, sie kombinieren oft intensive Aromen und starke Kontraste. Sind das rein von der Qualität und Zubereitung der Gerichte drei Sterne? Für mich nicht.

Doch da ist ein zweites Element. Ein Abend im DiverXO ist im wahrsten und besten Sinne des Wortes eine Inszenierung, einem Theaterstück gleich. Da ist ungebändigte Kreativität. It’s Show-Time! Das DiverXO hat verstanden, dass ein gelungener Abend im Restaurant nicht nur aus den dargebrachten Speisen besteht, sondern immer ein Gesamterlebnis ist.

Und dieses Gesamterlebnis ist zweifelsohne einzigartig in Madrid.  Manche werden es lieben, manche werden es hassen. Für erstere ist es definitiv eine Reise wert!

Restaurant DiverXO, Madrid (ES)

Bewertung Essen (?): 8 / 10
Küchenreise-Rating (?): 5 – unbedingt wieder
Guide Michelin: ***
Gault Millau:
Gusto:
Küchenchef: David Munoz
Adresse: NH Collection Eurobuilding
Calle Padre Damian 23
ES-28020 Madrid
Telefon: +34-915-700766
Web: http://www.diverxo.com
Kosten: Menüpreise zwischen EUR 165 und EUR 225
Angekündigter Besuch (?): Besuch im Rahmen einer restaurant-ranglisten.de Reise
Einladung (?): Nein
Extras (?): Nein
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung.

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