Menschen glücklich machen

Das Victor’s Fine Dining by Christian Bau ist für uns eines der allerbesten Restaurants im deutschsprachigen Raum. Mit viel Einsatz und Engagement schaffen es Yildiz und Christian Bau, ihrem Leitspruch ‚Menschen glücklich zu machen’ mehr als gerecht zu werden.

Um dies zu verstehen, musst du aber ein paar Hindernisse überwinden.

Zunächst sind da die Bilder. Du wirst Dich vor Deinem Besuch im Internet informieren, sonst wärst du ja auch nicht hier gelandet. Die auf Blogs und sozialen Medien geposteten Bilder sind wahrscheinlich die qualitativ schlechtesten, welche du von deutschsprachigen Drei-Sternern siehst. Dabei schmecken die Gerichte nicht nur hervorragend, die Küche von Christian Bau richtet sie auch optisch toll an.

Willst Du dennoch reservieren, kann Dich der Ablauf der elektronischen Tischbestellung in den Wahnsinn treiben (lese auch: Bau-Stelle Reservierung). Das ist noch keine Gastfreundschaft. Dabei wirst Du grossartige Gastfreundschaft erleben, wenn du erst das Restaurant betreten hast.

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Moderner, entschlackter sind die Räumlichkeiten in den letzten Jahren geworden. Die formellen weissen Tischdecken sind Geschichte, die Atmosphäre strahlt eine lässige Entspanntheit auf hohem Niveau aus, und das ist gut so.

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Hast Du dann mal Platz genommen, so verstehst Du auch, weshalb die Bilder der Gäste die Küche oft in ein schlechtes Licht rücken. Das kleine Schild am Tisch erklärt es: Einzig mit dem Smartphone darf hier fotografiert werden. Und das ist halt eine Garantie für schlechte Bilder, das ist der Grund hinter all den oft unansehnlichen Fotografien in virtuellen Welten.

Doch egal, wir sind ja zum Essen da.

Unser Dinner im Restaurant Victor’s Fine Dining by Christian Bau in Perl-Nenning (D)

Und so entscheiden wir uns ohne langes Zögern für das ‚Paris-Tokio‘ Menü.

Prolog (in 7 kleinen Szenen)

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Zum Einstieg erhalten wir ein Cornet mit Räucherfischcreme und Tatar vom Bio-Ochsen, darauf eine dünne Scheibe vom Radieschen mit Kaviar. In seiner Einfachheit ist dieses Gericht schlichtweg perfekt umgesetzt und toll abgeschmeckt – wow! (9/10)

Und du amüsierst dich sicher schon ein wenig, wenn du unsere  Bilder dieses Ganges mit jenen einer von uns sehr geschätzten, doch offensichtlich im Restaurant erkannten Bloggerin (Bild) vergleichst (unser Besuch ist unangekündigt): Bist du ein Schelm, wenn du dich wunderst, weshalb die dort servierte Kaviarportion deutlich grösser war? Bestimmt nur ein Zufall, wirst du dir sagen. Oder schwankt die Küche gar zwischen „Schimpfen“ auf Blogger und dem Einschmeicheln bei „erkannten“ (doch im angesprochenen Fall dies sicher nicht erwartenden) Bloggern? Aber du verstehst sicher auch, dass auch aus Sicht eines Restaurants die richtige Balance auch für Restaurants nicht immer eine ganz einfache ist.

Was soll’s, wir schreiben aus der Perspektive des ganz normalen Gastes. Bei uns ist nix mit „alles ist nur Schlaraffenland“, wenn es nicht ganz wirklich so ist; das weisst du ja.

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Und auch aus der Sicht des ‚normalen’ Gastes ist es grossartig: Ein Klassiker ist der erste Gruss aus der Küche, ein Apfel-Macaron mit Räucheraal und Gänseleber – einfach vorzüglich! (8+/10) Und schlicht phänomenal ist der Rote-Beete Chip mit Fjordshrimps, rote-Beete-Texturen und Wasabi.(9+/10)

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Genauso genial dann der Taschenkrebs mit Avocado und rosa Grapefruit, perfekt abgeschmeckt verbinden sich cremige Texturen und die Säure und leichte Bitterkeit der Grapefruit zu einem hervorragenden Ganzen. (9+/10)

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Das Thunfischtatar, auf Ceviche-Art mit Hilfe einer japanischen Zitrusfrucht angegart, wird mit dem japanischen Rettich Daikon kombiniert. Das ist fein, für uns doch schon zu säurebetont, was die Aromatik des Fisches in den Hintergrund treten lässt. (8/10)

Gereicht wird uns nun auch eine wunderbar luftige Foccacia mit Rosmarin wie auch gesalzene Rohmilchbutter aus der Normandie und Olivenöl.

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Grossartig dann der leicht geflämte Lachs von aussergewöhnlicher Qualität (und nicht zu kalt am Teller), welcher nach Bau-Art mit japanischem Gemüse mit schön präsenter Säure kombiniert wird. (9+/10)

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Obwohl es schon Mittag ist, erscheint uns der folgende Gang der mehr als perfekte Ersatz für das heute nicht genossene Frühstücksei:  Wachteleigelb, Spinat, ein Schaum vom Belotta-Schinken, schwarzer Trüffel und kleine, knackige und Textur gebende Stücken des Schinkens ergeben ein grossartiges Gericht! (9/10)

Ach ja, dürfen wir kurz daran erinnern: Das eigentliche Menü hat noch nicht mal begonnen. Dies war erst der Prolog. Und schon dieser hat uns auf eine faszinierende, vielfältige, asiatisch inspirierte Reise mitgenommen! Das wirkt ja heute wirklich nach Schlaraffenland!

„Erinnerungen an Japan“: Bernsteinmakrele, Meeresfrüchte, Ponzu

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Im ersten Gang des Menüs dann die „Erinnerungen an Japan“: Die Küche von Christian Bau kombiniert Bernsteinmakrele (wiederum in angenehmer, nicht zu kalter Temperierung, welche den Geschmack bestmöglich freisetzt) mit Meeresfrüchten und Ponzu. Der Fisch ist von toller Qualität, und ergeben in Kombination mit den Meeresfrüchten und verschiedener kleinere Elemente und Texturen sowie der Säure und Aromatik des Ponzu ein wunderbares Gaumenspiel. (9/+10)

Rote Gamberoni: Karotte, Asiatische Aromen

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Optisch ist der nächste Gang ein Knaller, doch auch geschmacklich spielt er in einer ganz hohen Liga: Der Rote Gamberoni, gegrillt und als Tatar, ist der Hauptdarsteller des Tellers und von famoser Produktqualität.

Begleitet wird dieser von Karotten aus vielerlei alten Sorten und in diversen Zubereitungsarten, einem famosen Krustentierjus, japanischer Limette und lt. Service etwas Ananas. Die warme Süsse der Karotte harmoniert vorzüglich mit dem Geschmack des Gamberoni, und die präsente Säure belebt das Gericht. (9/10)

Steinbutt: Erdartischocke, Wakamé, Trüffel, Hummer-Bernaise

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Das feste Fleisch des perfekt zubereiteten Steinbuttes wird mit Strukturen von der Erdartischocke (Topinambur) begleitet, das ganze ist auf Wakamealgen mit Trüffeln angerichtet, darauf ein Salat aus Kräutern. Dazu gereicht wird eine verführerisch gute Hummer-Bernaise mit Trüffel. Ein Vergnügen, diesen Gang zu geniessen! (9/10)

Japanisches Rind aus der Präfektur Kagoshima

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Beim Hauptgang haben wir uns auch diesmal wieder für ein japanisches Rind entschieden, diesmal aus der Präfektur Kagoshima. Uns wird erklärt, dass das Fleisch die Marmorierung 10 hat und auf Holzkohle gegrillt wurde, dazu ein geschmorter Würfel des Fleisches.

Kombiniert wird das ganze mit Strukturen vom Mais wie etwa Maisbrot, Maisespuma und Maiskolben. Begleitet von Perigord-Trüffeln und einem famosen Jus ist dies ein geschmacksintensiver, mächtiger und kraftvoller Gang! (9/10)

Pre-Dessert

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Eine Art ‚japansicher Schneeball‘ wird uns nun als Pre-Dessert gebracht. Ein köstlicher Einstieg in den süssen Teil des Menüs, mit Früchten (unreifen Mangos?), einem Sorbet mit roter Shisho Kresse, einem Schaum mit Calpico (japanisches Joghurtgetränk) und mehr. Die Süsse spielt mit der Lebendigkeit der Säure und der Kühle des Sorbets, vorzüglich! (9/10)

„Souvenir aus Asien“; Pandan, Nashibirne, Ingwer

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Das Dessert – ein „Souvenir aus Asien“ ist dann ein Würfel mit Pandan und weisser Schokolade, dazu Strukturen von der Nashi-Birne und Ingwereis. Dies ist ein dezenter Gang, filigrane Aromen umwerben unseren Gaumen und lassen uns geniessen! (9+/10)

Petit Fours

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Nicht dass wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht schon gut gesättigt wären, doch auf die Petit Fours bei Christian Bau haben wir uns schon lange gefreut. Kleinigkeiten wie den Himbeer-Käse-Kuchen, Schoko-Granache oder Yogurette wollen wir auf keinen Fall missen!

Unser Küchenreise-Rating

Der Leitspruch von Christian Bau ist: „Wir wollen mit unserer Arbeit Menschen glücklich machen!“. Und erneut wird dieser Anspruch eingehalten.

Die hier zelebrierte Küchenlinie ist in Deutschland und wohl auch international einzigartig und mit glasklarer Handschrift. Schon das würde eine Reise rechtfertigen. Und die Umsetzung ist perfekt, die zugrundeliegenden Produkte (welche in Deutschland mit Sicherheit nicht immer ganz leicht zu beschaffen sind) sind von grossartiger Qualität.

Viele der Gerichte sind von „japanischer“ Säure und Lebendigkeit geprägt. Wer dies nicht durchgängig mag, sollte die französischer geprägten Gänge wie etwa die Gänseleber-Gerichte in der Menüfolge nicht ignorieren.

Wer Fisch nicht mag, ist hier im falschen Restaurant – nein, wird wahrscheinlich bei Christian Bau lernen, wie grossartig Fisch sein kann. Doch auch für den Fleischliebhaber wird der jeweilige Hauptgang, gerade bei Wahl der japanischen Rindfleischoption, ein herausragneder Genuss sein.

Der Service unter der Leitung von Yildiz Bau agiert gewohnt gekonnt und charmant und macht dieses Essen erst so richtig zu einem tollen Gesamterlebnis! Das Restaurant ist seit ein oder zwei Jahren „verjüngt“ und etwa ohne die weissen Tischdecken mehr Casual, und das steht ihm gut. Weiterhin hat es optisch gewisse Schrulligkeiten, doch genau das macht den Charakter dieser Location aus.

A Glimpse of Asia – wir haben einen für ein paar Stunden einen wunderbaren Eindruck in asiatisch inspirierte Küche bekommen.

 Restaurant Victors Fine Dining by Christian Bau, Perl-Nenning (D)

Bewertung Essen (?): 9+ / 10
Küchenreise-Rating (?): 5 – unbedingt wieder
Guide Michelin: ***
Gault Millau: 19 / 20
Gusto: 10+ Pfannen
Küchenchef: Christian Bau
Adresse: Schlossstrasse 27-29 D-66706 Perl-Nenning
Telefon: +49-6866-79 118
Web: http://www.victors-gourmet.de
Kosten (Rechnung): 514 EUR (2 Personen)
Angekündigter Besuch (?): Nein
Einladung (?): Nein
Extras (?): Nein
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung.

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4 Kommentare

  1. Ich fand meinen Besuch bei den Baus auch wunderbar! Insebsondere freue ich mich, dass es das Dessert „Souvenir aus Asien“ noch auf der Karte gibt, denn es ist einfach nur FANTASTISCH und das sage ich, der sich von Desserts nicht besonders beeindrucken lässt.

    Witzig auch, dass der Stinbutt mit einer schön cremigen, buttrigen Bernaise daherkommt!

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