Altbewährtes an neuem Orte

In seinem ersten Leben war Monsieur Klein Chefkoch des familieneigenen Restaurants, welches idyllisch auf einer Waldlichtung im Elsass lag. Fast 30 Jahre reisten Geniesser aus aller Welt kleine Dorf Baerenthal, um dort der zunächst vom Guide Michelin mit einem, dann mit zweien und dann lange Jahre der mit drei Sternen ausgezeichneten Küche zu frönen.

Doch dann war alles anders. Man sagt, dass ein Familientwist der Auslöser war. Und so hat Jean-Georges Klein, Jahrgang 1950, das l’Arnbourg verlassen und ist in sein zweites Leben gestartet. Im nur 20 km entfernten Winingen-sur Moder hat er Ende 2015 das Restaurant in der frisch renovierten Villa René Lalique übernommen.

Ein riskantes Spiel, die höchsten kulinarischen Weihen aufzugeben und neu durchzustarten? Dem Guide Michelin war der Neuanfang sofort zwei Sterne wert. und der Besuch zeigt, manches ist gar schon wieder auf drei Sterne Niveau.

Dinner im Restaunt Villa René Lalique in Winingen-sur-Moder

Sehr gediegen und elegant ist das Restaurant in der geschichtsträchtigen Villa René Lalique. Ihr früherer Besitzer, René Lalique, einer der bedeutendsten Schmuckdesigner des französischen Jugendstils, gründete 1921 ganz in der Nähe eine Glasfabrik und bezog die Räumlichkeiten der Villa.

Viele Jahrzehnte später, im Jahr 2008, übernahm der Schweizer Silvio Denz das Unternehmen und auch die Villa. Sanierte zuerst den Betrieb und renovierte dann das Haus. Eröffnete vor etwa 18 Monaten dann das Gourmetrestaurant, in welchem die Glaskunst allgegenwärtig ist.

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Die Küche von Jean Georges Klein bietet dem Gast drei Menüs: Das ‚grosse‘ Menü Signature, das vegetarische Menü Vegetal und das kleinere Menü Kreation; und am Montag/Donnerstag/Freitag-Mittag auch ein spontan zusammengestelltes Menü Inspiration. Des Weiteren werden eine Auswahl von a la Carte Gerichten offeriert.  Ich entschied mich für das Signature-Menü.

Gaumenschmaus

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Als erste Grüsse ein Thaisalat mit Sellerie mit schönem Süsse-Säure-Spiel, eine Art Kartoffelchip mit nicht notierter Auflage und Gänseleber kombiniert mit Himbeere mit wunderbarer Fruchtigkeit und Schmelz. Kleinigkeiten, welche die Küche perfekt abgestimmt und fein ziseliert zubereitet hat. (9/10)

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Im Silberei dann ein fast flüssiger Eidotter mit Hollandaise, einem Hauch Salzigkeit und einem Tick Säure von Yuzu. Auf dem luftigen, mit der Tinte des Tintenfisches aromatisierten Brot daneben ist eine Schicht von erstklassigem geräuchertem Lachs. Was eigentlich nicht so komplex klingt und in ähnlicher Art auch oft an anderen Orten serviert wird, ist hier ‚zum Niederknien‘ gut und überzeugt mit Zutaten, Zubereitung und perfekter Abstimmung. (9+/10)

Gemüsevariation ‚Rundum Knollensellerie und Sommertrüffel‘

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Im nächsten Gang demonstriert die Küche die Gabe, aus einer vermeintlich einfachen Zutat, der Knollensellerie, ein geniales Gericht zuzubereiten. Die Knollensellerie wird in verschiedenen Varianten, als kühles Eis, als vollmundige Panna Cotta oder roh dünn aufgeschnitten dargeboten und kombiniert mit einem Butterzarten Gnocchi, mit einer wunderbaren Sauce mit einem Tick Säure und einem Hauch von Salzigkeit wie auch verführerischem Sommertrüffel. Ein vegitarisches Referenzgericht! (9+/10)

Gold Caviar Cocktail, Dashi Gelee und sahnige Maisespumas

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Goldkaviar nach Sellerie – die Zutaten werden luxuriöser. Und das ergibt bei diesem Gang zwar ein schönes Spiel der salzigen Noten des Kaviars mit der eher süsslichen Maisespuma und dem Dashi Gelee, doch der Maisgeschmack dominiert zu sehr. (8/10)

Langoustinen Carpaccio und „Carabineros“

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Noch weniger überzeugend dann der Carabiniero auf Langusten -Capriccio mit Papaya und Ananas. Geschmacklich war das gefällig, doch nicht mehr; und der Küche sollte auch nicht der Fauxpas passieren, dass das Meeresgetier auf einem Teller nicht entdarmt ist. (7/10)

Meli-Melo von Tomaten, Burratta aus Tofu, inspiriert bei Andy Warhol

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Von Andy Warhol war dann der nächste Gang inspiriert, und die Variation von verschieden Tomaten war optisch sehr gefällig, die Tomatengeschmäcker waren sauber herausgearbeitet, doch auch nicht mehr. Konsistenz und Geschmack des Burratta aus Tofu waren eher eigen. (7+/10)

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Seebarsch im Zitronenkraut Öl kandiert, Palmherzen und Holunderblüten Jus

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Der nun folgende Seebarsch überzeugt mit erstklassiger Produktqualität und ist wunderbar zart. Die Paprikacreme ergänzt mit einem Hauch von Schärfe, das Gelee mit Palmherz und Hollunder setzt geschmacklich dem Gericht die Krone auf. Das Kartoffelpüree ist so intensiv (und schwer im positiven Sinne), wie man das von grossen Küchen Frankreichs kennt.

Dieser Gang ist erneut beeindruckend, er ist wunderbares Comfort-Food, und die Erinnerung an den Geschmack prägt sich tief in mir ein. (9+/10)

Cappuccino von Kartoffeln und Trüffeln

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Beim „Signature Dish“ Cappuccino mit Kartoffelpüree und Kartoffelschaum, Mich und kleinen Trüffelstücken betört schon der Duft in der Nase, und erneut werden Wohlfühlgeschmäcker in überzeugender Weise kombiniert. (8+/10)

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Gebratene Taubenbrust, Absinth Jus, Opera von Pflaumen und Oxalis

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Gelungen dann auch die gebratene Taubenbrust, begleitet von einem Raviolo mit Raube und einem Absinth-Jus. Der begleitende „Opera“ mit Pflaume und Oxalis schien jedoch sehr auf der süssen Seite und geschmacklich eindimensional. In Summe konnte das Gericht mit dem sehr hohen Standard des Menüs nicht ganz mithalten. (7+/10)

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Süße Momente

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Ein Eis mit Blaubeeren auf Pistazien ist der Einstieg in die süssen Momente.

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Teil zwei ist der Nektarine gewidtmet; und wie ein fruchtiger Blumenstrauss auf den Teller begeistert die Frucht in vielerlei Texturen, Zuberitungsarten und temperaturen.

Zuckergruß

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Zum Abschluss dann einige wohlschmeckende Kleinigkeiten aus der Patisserie.

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Unser Küchenreise-Rating

Im Signature-Menü haben sich bei meinem Besuch einige geniale Höhepunkte auf drei-Sterne-Niveau abgewechselt mit einigen nur durchschnittlichen, eher auf ein-Sterne-Niveau angesiedelten Gerichten. Die Küche, so scheint es, kann und will, sie demonstriert ihre Fähigkeiten, doch sie bringt nicht oder noch nicht alles in gleicher Perfektion auf den Teller.

Das Restaurant ist gediegen und elegant, der Service sympathisch, doch nicht immer weltläufig-souverän. Dennoch – die Reise in die Villa René Lalique lohnt sich!

Restaurant Villa René Llaique, Winingen-sur-Moder (F)

Bewertung Essen (?): 8+ / 10
Küchenreise-Rating (?): 4 – sehr gerne wieder
Guide Michelin: **
Gault Millau: 17 / 20
Gusto: n/a
Küchenchef: Jean-Georges Klein
Adresse: 18 rue Bellevue
F-67290 Wingen-sur-Moder
Telefon: +33-388-719 898
Web: www.villarenelalique.com
Kosten (Rechnung): Menü Signature: EUR 185 / Person
Angekündigter Besuch (?): Nein
Einladung (?): Nein
Extras (?): Nein
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung.
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