„Vor den Vorhang“

Unter dem Titel „Vor den Vorhang“ möchten wir gerne jene Restaurants hervorheben, welche in ihrem Bereich aussergewöhnliches Leisten, aber ein wenig unter dem Radar einer breiten Öffentlichkeit segeln. Welche mehr auf Küchenleistung und perfekten Service als auf Social Media und Instagram-taugliche Speisen fokussieren.

Das Hotel und Restaurant Krone, schon in der 13. Generation im Besitz der Familie Huber, ist ein solches. Hier wird nicht auf den kurzfristigen Hype abgezielt, sondern konstant gute Arbeit gemacht. Die vielen Stammgäste zeugen davon.

Ein gutes Hotel, ein gutes Restaurant bedürfen ständiger Weiterentwicklung. Und wenn auch nicht so plakativ hinausgetragen, so wird in der Krone doch vielerlei getan. Seit einigen Jahren ist der Fine-Dining Teil des Restaurants separiert und eigenständig als Tredicim benannt (die Anlehnung an die 13. Generation), und in bis zu 13. Gängen wird dort aufgekocht.

Der Berichtende war schon oft (privat und nicht als Blogger, und natürlich selbst zahlend) zu Gast in der mit 17 Gault Millau Punkten ausgezeichneten Krone, denn gut und nah ist eine formidable Kombination; und hat früher auch schon das eine oder andere Mal darüber schon geschrieben. Jetzt ist es wieder so weit: Nicht weil das letzte Mal schon lange her ist, sondern weil es diesmal nicht nur sehr gut, sondern besser war. Die konstante Arbeit, die Politik der kleinen, aber regelmässigen Verbesserungen zahlt sich aus. Jetzt wird es Zeit für einen Stern!

Unser Dinner im Restaurant Krone in Sihlbrugg bei Zürich/Zug (CH)

Knapp 30 Minuten von Zürich und 10 Minuten von Zug entfernt ist die von Thomas Huber (Küche) und Monika Jans (Service und den formidablen Käsewagen) geführte Krone ein wunderschöner Landgasthof. Gelegen nahe einem früher sehr verkehrsreichen Kreisverkehr (zwischenzeitlich hat der Bau einer Autobahn die Autofluten umgeleitet) fühlt man sich wie in einer anderen Welt: Ein bezauberndes Haus, rundherum Wiesen mit Ziegen, Pferden und mehr.

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Die Räumlichkeiten des Restaurants strahlen eine wunderbare Wärme und viel Historie der vergangenen 13 Generationen aus. Und auch wenn die wunderschönen Kachelöfen wohl nicht mehr in Betrieb sind, hier fühlt man sich sofort wohl.

In der Gaststube auf der linken Seite wird klassische, doch sehr feine Küche serviert, auch das dortige Mittagsmenü (auch am Wochenende) ist sehr empfehlenswert. Und auf der rechten Seite befindet sich das Restaurant Tredicim – hier wird in  bis zu 13. Gängen (dabei werden aber Pre-Amuse und Brotgänge mitgezählt, also keine Angst vor der hohen Anzahl) ein Überraschungsmenü, eine „Aromenreise“ serviert, welche aber auch verkürzbar ist.

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Doch die Krone kann es auch modern: Auf jedem Tisch steht ein ipad, für jeden Gang gibt es eine Karte mit QR-Code. Über diesen kann der Gast, so er das möchte, jeweils weiterführende Informationen zum Gericht abrufen, etwa ein Video oder einen Artikel zum Hauptbestandteil. Ein „kann“, aber nicht „muss“ – das ist sympathisch.

Für den heutigen Abend daher all-in, 13 Gänge und eine Flasche aus der ansprechenden Weinkarte. Erwähnt sei, dass in der Krone auch gut gemachte alkoholische und nicht-alkoholische Cocktails als Apero angeboten werden, und eine Weinbegleitung wie auch eine alkoholfreie Begleitung zum Menü erhältlich ist.

Rübeli – Absinth – Chiasamen

Als Pré Amuse erhalten wir eine Karotte mit Absinth und Chiasamen. Mir gefällt der warme, süssliche Geschmack der Karotte mit gekochten und einem Tick rohen Aromen in Kombination mit einem Hauch von Anisaromen des Absinths. (6+/10)

Räucherlachs – Frühling

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Das Amuse bouche ist dann ein auf einem Bauernhof der näheren Umgebung geräucherter Lachs mit Ziegenkäse und Radieschen.

Der Lachs überzeugt durch tolle Produktqualität und Räucherung, er ist geschmacklich intensiv und von sehr angenehmer Konsistenz und muss sich hinter den allerbesten Exemplaren von Räucherlachs in keiner Weise verstecken. Das marinierte Radieschen steuert Frische wie auch einen Tick Schärfe und Säure bei, die kleine Kugel Geissenkäse ist gleichfalls intensiv. Über das Gericht gestreut sind tiefgefrorene Kräuter. Ein toller Einstieg! (7+/10)

Pane Carasau

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Pane Carasau ist ein Fladenbrot aus Sardinien, welches uns in der Krone nun selbstgemacht und in „aufgeblasener“ Form – hauchdünn die Kruste, innen Luft – gebracht wird. In Kombination mit einem Aufstrich mit Paprika ist das ein erster schöner Brotgang.

Taube – Fave – Machta

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Als erste Vorspeise wird uns nun Taube gebracht: Brust, Keule und der Fuss des Vogels. Sowohl die wohl Sous Vide zubereitete Brust wie auch die geschmorte Keule begeistern mit Geschmack und Konsistenz; die Kralle ist essbar – es handelt sich nur um die Haut – und kross, doch eher ein optischer Gag.

Begleitet wird das mit Fave-Bohnen, Matcha – als Schwammkuchen, Pulver, Eis und Birnen in Matcha mariniert, und einem  Eis wie von Leber oder Gänseleber, welches einen prächtigen, starken Akzent zur Taube setzt. Grossartig. (8/10)

Schüttelbrot

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Im nächsten Brotgang wird Schüttelbrot mit frisch geriebenem Meerrettich und Senfsprossen zwischen zwei Steinen an den Tisch gebracht und dort kraftvoll zwischen diesen zerstossen. Das gibt zwar den einen oder anderen Brösel, ist jedoch eine geschmackvolle Brotvariation. Am Bild im Hintergrund am iPad das Video zur Herstellung von Schüttelbrot.

Seezunge – Rande – Wasabi

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Wieder aufwändig mit vielen Komponenten ist der nächste Gang. Seezunge wird am Hauptteller an der Gräte und als Knusperli serviert und mit einer Creme aus gelben Randen, einem roten Randenschaum, einer halbierten Mini-Rande und mit Randenstroh darüber gereicht. Der Fisch ist saftig und geschmacklich sehr fein, die Kombination mit der Rande eine verblüffend gute.

Auf einem Glasbehältnis wird ein Seezungenröllchen mit Wasabilcreme und einigen leicht säuerlichen und knackigen Elementen darunter gereicht. Der Fisch erneut saftig und genau so, wie er sein soll, die leichte Schärfe des Wasabi und die Frische und Textur der anderen Komponenten gefällt sehr gut.

In Summe ein aufwändiger Gang, bei dem die Gefahr bestünde, dass die eine oder andere Komponente nicht auf den Punkt perfekt auf den Teller kommt; der an anderem Orte bemüht wirken könnte, manchmal ist die Variation mit Variation und noch mehr Variation mehr Show als Genuss. In der Krone gelingt das Gericht an diesem Abend sehr gut und überzeugt mich voll und ganz. (7+/10)

Spargel – Morcheln – Gänseleber

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Frühlingshaft ist dann der nächste Gang, den nochmaligen Wintereinbruch und Schnee der Tage davor ignorierend: Grüner und weisser Spargel mit gefüllten Morchel und gebratener Gänseleber; dazu werden eine Art gefüllter Meringue mit Orange und Gänseleber, welcher in Stickstoff gefroren wurde, gereicht. Ein angenehmer, wohlschmeckender Gang. (7/10)

Züri Bürli – Griebenschmalz

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Das Züri Bürli ist eine Züricher Spezialität, ein Brötchen, hier wunderbar kross und knackig; begleitet von Griebenschmalz mit Schnittlauch. Und weil dieser Brotgang für manchen Esser den Magen abends allein schon füllen könnte, gibt es dazu noch eine Papiertüte, um den Rest (auch am nächsten Abend noch knackig-frisch) mitnehmen zu können.

Waldorf – Gin

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Vor dem Hauptgang serviert die Küche dann noch einen Waldorf-Salat „anders“; und obgleich „anders“ schon so oft in Speisekarten vielerlei Restaurants Einzug gehalten und mittlerweile oft uninspiriert und langweilig geworden ist, gelingt der Teller hier wieder formidabel.

Selleriestreifen mit Baumnüssen, darauf ein Apfel-Baumnuss-Sorbet und geriebener Apfel, und das Ganze mit Gin verfeinert – das funktioniert nicht nur, das ist klug und abwechslungsreich kombiniert, den Gedanken des Waldorf-Salates aufnehmend und intelligent wie auch genussvoll weiterentwickelnd. Salzig, süss, adstringierende Noten der Nüsse, der Geschmack von Sellerie, die Säure des Apfels, die Kühle des Eises – der Magen ist bereit für den Hauptgang! (7+/10)

Dexter Rind – Artischocken

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Als Hauptgang dann Fleisch vom Dexter-Rind, einer ursprünglich aus Irland stammenden und heute selten gewordenen Rindersorte. Am Hauptteller befinden sich ein zartes Stuck Entrecote mit wunderbarem Fleischgeschmack und ein 72 Stunden gegartes Bäckchen, welches gut mit den erdigen Aromen der Artischocke harmoniert.

Begleitet wird das ganze von einem Markbein, eine wunderbare Köstlichkeit, welche leider viel zu selten geworden ist, doch der ’Nose to tail’ Trend gibt Hoffnung, das sollte ja auch die Knochen beinhalten. Und von einem erfrischenden Salat mit knusprigem getrocknetem Rind.

Dieser Gang lebt erneut von der sehr guten Qualität der Hauptzutat, von der gelungenen Kombination und Abstimmung, und von der technisch sauberen Umsetzung. Und er schmeckt! (7+/10)

Käsevariation

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Der Käsewagen der Krone, er ist die Leidenschaft von Monika Jans, ist weit bekannt, ja berühmt. Und es gibt sie, die Gäste, welche trotz der vorzüglichen Küche eigentlich nur für diesen Wagen mit der Vielzahl an gut gepflegten und gereiften Käsesorten kommen. Und auch ich muss mich diesem Genuss hingeben.

Rhabarber – Quark – Zitrone

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Als Pre-Dessert dann Amalfi-Zitronen mit Rhabarber und einem Quark-Glace – erfrischend ist die zitronige Note, doch ohne spitze Säure; angenehm die süsslichen Rhabarberstücke und die Kühle des Glace, darauf ein Stück getrockneter, knuspriger Rhabarber. Eine schöne Kombination. (7/10)

Curry – Ananas – Kiwi

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Das finale Dessert ist dann eine Creme von grünem Thai-Curry, eine Kugel mit rotem Curry-Mousse, Erdnusseis, Reis und Früchte wie Banane, Ananas und Mango. Eine spannende und schöne Kombination. (6+/10)

Petit Fours

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Und weil genug noch nicht genug ist, kommen wie üblich zum Abschluss noch – auf einer Metallkrone drapiert – verschiedene köstliche Petiti Fours und dazu ein in Stickstoff gefrorener Waldmeister-Lolly.

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Und bevor wir uns auf den Heimweg machen, erhalten wir das Menü des Abends noch in einer (vertikal schwer lesbaren) ausgedruckten Form.

Unser Küchenreise-Rating

Die Küche von Thomas Huber basiert auf klassischem Fundament. Die Gänge sind aufwändig konstruiert, oft wird das Hauptprodukt in vielfältiger Weise variiert, und dies gelingt trotz kleiner Küchenmannschaft sehr überzeugend. Die Qualität der verwendeten Produkte gefällt, die technische Umsetzung war beim Besuch präzise und fehlerlos. Die Gerichte sind kreativ, sie bauen auf benannten Geschmacksbildern auf und erweitern diese; überfordern den Gast aber nie mit Extremen.$

Der Service unter der Leitung von Monika Jans überzeugt mit Freundlichkeit, Charme und Fachwissen. Das Team versteht es, die perfekte Wohlfühlstimmung zur Wohlfühlatmosphäre des Gasthofes zu kreieren. Die angebotene Weinauswahl ist ansprechend, für Schweizer Verhältnisse im Preis vernünftig und enthält auch die eine oder andere Flasche mit hervorragendem Preis-Leistungsverhältnis, welche wir hier – sonst ist sie sicher bald ausgetrunken – hier nicht verraten wollen.

Und last but not least, sei noch der Käsewagen von Monika Jans erwähnt, denn dieser ist Weltklasse. An wenigen Plätzen – nicht in der Schweiz, sondern international – habe ich einen Käsewagen mit solcher Produkttiefe, mit Käsen in unterschiedlichen Reifestadien etc. gefunden, Die Krone veranstaltet auch regelmässig reine Käseabende, zu Recht, vermute ich.

Die Krone ist mittlerweile mit 17 Gault Millau Punkten ausgezeichnet. Das Essen dort habe ich schon immer genossen, doch am Abend des Besuches war es so rund und perfekt wie selten zuvor; in kleinen Schritten – wie es sich für einen Betrieb der 13. Generation gehört – zur Perfektion. Die Krone ist einen Besuch wert; und für jene, die von Zürich in Richtung Süden – Luzern, Tessin, Italien – fahren, verhilft ein kleiner Umweg durch das Sihltal, vielleicht gar ein Zwischenstopp über Nacht, zu grossem kulinarischem Genuss.

Da bleibt nur die Frage – wo bleibt der Sternemann, die Stenefrau? Lieber Guide Michelin, beeindruckt Euch die Küche der Krone nicht denn auch? Wir sind gespannt auf den Oktober. Und finden in jedem Fall, das Restaurant Tredicim in der Krone sollte „vor den Vorhang“!

 

Restaurant Tredicim (Hotel Krone), Sihlbrugg bei Zürich/Zug (CH)

Bewertung Essen (?): 7+ / 10
Küchenreise-Rating (?): 5 – unbedingt wieder
Guide Michelin:
Gault Millau: 17 / 20
Gusto: 10+ Pfannen
Küchenchef: Thomas Huber
Adresse: Sihlbrugg 4 CH-8816 Sihlbrugg-Hirzel
Telefon: +41-44-729 83 33
Web: krone-sihlbrugg.ch
Kosten (Rechnung): 490 CHF (2 Personen)
Angekündigter Besuch (?): Nein
Einladung (?): Nein
Extras (?): Nein
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung.

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