Moderne Dänische Klassik
Manchmal träume ich von der Zeit, als in der gehobenen Küche der Einsatz von Butter keine Schande, sondern die selbstverständliche Basis für ein gutes Gericht war. Als Sauce noch richtige, grosszügig mit Butter montierte Saucen waren und keine Gemüsesäfte; als Kartoffelpüree nicht nur bei Joël Robuchon fast so viel Butter wie gestampfte Kartoffel enthalten durfte. Und selbst trivialere Gerichte wie das Schnitzel gewannen durch die Zubereitung in einer Pfanne voll heissem Butterschmalz, anstatt in die Altöl-Fritteuse geworfen zu werden.
Seit meinem Besuch im Kokkeriet weiss ich, es gibt sie noch. Jene Menschen, welche gleichfalls die Butter lieben. David Johansen im Kokkeriet ist einer von ihnen. Ein Verbündeter sozusagen.
Eigentlich war das Kokkeriet ja ein ganz normales Lokal. 2001 von Sammy Shafi eröffnet hat es mit klassisch-französischer Küche 2006 einen Stern im Guide Michelin erkocht. Das könnte die Basis für die Butterliebe geschaffen haben.
Danach verschob sich der kulinarische Schwerpunkt in Richtung Dänischer Küche, die ja auch nicht durch ihren Fokus auf Olivenöl bekannt ist. Seit 2008 ist Chef David Johansen an Bord und hat dem Restaurant in einem schönen Ecklokal im Kopenhagener Nyboder-Quartier einen guten Namen verschafft.
Und auch ich werde nach diesem Abend sagen: Alles in Butter!
Dinner im Restaurant Kokkeriet in Kopenhagen
Snacks
crispy onions – smoked cheese – löjrom
Ok, das Bild der frittierten Zwiebel mit gesäuertem Salz und geräuchertem Käse erspare ich euch. Zappenduster ist es im Kokkeriet. Selbst mein Gerät, so nenne ich liebevoll meine Knipse, hat da nicht genug Photonen eingefangen. Oder meine Hand war nach dem Aperitif zu zittrig. Egal – es war ein sehr feiner Einstieg!
cod – capers – horseradish
Traditionell wurde Kabeljau wohl mit Kapern und Meerrettich zubereitet, welches auch das Innenleben der nun folgenden, vermeintlichen Kirschen ist. Angenehm harmoniert zum Fisch, der Aromen der Kapern und der leichten Schärfe des Meerrettichs die Hülle aus einem Gelee von der roten Beete.
hen eggs – parfait – skins
Die darauffolgenden Hühnereier sind mit einem Hühnerparfait sowie knuspriger Hühnerhaut gefüllt.
cured beef – crispy potatoe – pickled cucumber
Fein, doch zu dominant ist der Geschmack der Kartoffeln mit den gerösteten Zwiebeln, er überdeckt jenen des Fleisches komplett.
celery – apple – grape
Nun ist die Zeit gekommen für den alkoholfreien, flüssigen Waldorfsalat-Cocktail, der am Tisch gemixt wird. Sellerie- und Traubensaft werden mit Apfelsorbet und einem Tick an Walnussöl vermengt und in einem Martini-Glas serviert – wohlschmeckend!
Amouse bouche
crab – cabbage – chamomile
Ansprechend der Einstieg mit Kohl, Krabbe und Kamille.
Caviar watercress jelly, panacotta horeradish
Als Extra (DKK 350) dann Dänischer Kaviar auf Wasserkresse Gelee mit Panna Cotta und Meerrettich – eine gute Kombination. (7/10)
scallop – pear – verena
2015, Sylvaner trocken, Schätzel, Rheinhessen
Nachdem Brot mit wunderbarer karamellisierter Butter an den Tisch gebracht wurde, folgte kurz darauf das nächste Gericht: Muschel mit Rosenkohl und einer Sauce mit Birne und Verbene. (7/10)
pike-perch – yellow peas – pine
2015, Grüner Veltliner Weingut Weszeli, Langenlois, Kamptal
Der darauffolgende Zander wurde mit gelben Erbsen, Kiefer und einer wunderbaren Sauce mit brauner Butter begleitet – sehr gelungen! (8/10)
langoustine – kale – Skagen ham
2014 Bourgonge Blanc, „Les Sétiles“, Olivier Leflaive
Der Federkohl war wiederum in Butter oder tierischem Fett angebraten und mit einer Langoustine und Dänischem Skagem-Speck kombiniert. (7/10)
Jerusalem artichoke – dab – parsley
Weniger überzeugend, da sehr auf der süssen Seite und dadurch eindimensional die Topinambur-Chips mit einer Creme mit Petersilie. (6+/10)
smoked herring – poached eggs – crispy rye bread
2010, Millésime, Premier Cru Cuvée Les Brousses, Bruno Michel
Geräucherter Hering, ein pochiertes ei und knuspriges Roggenbrot mit einem rauchigen Sud aus der Teekanne angegossen – in der Anlage ein spannendes Gericht, doch für mich waren die rauchigen Noten jedoch zu präsent, und ein Tick Salz hätte die anderen Geschmäcker mehr hervorgehoben. (7/10)
beetroot – hay cream – truffle
Nun wird wieder am Tisch gebastelt und vor den Gästen zubereitet – rote Rübe mit einer Heucreme, Trüffel und Estragon. Ein ansprechender Gang mit erdigen Noten.
pork cheek – celery – nutoil
2014, Baco Noir, Henry of Pelham, Ontario
Ausgezeichnet dann die wunderbar zarten Schweiebäckchen mit Selleriebutter und Nussöl. (7+/10)
veal – foam & flakes of onion
2002, Pelago, Marche Rosso, Umani Ronche
Auch ansprechend dann das Kalb mit hauchdünnem, gerösteten Brot, Zwiebeln und einer schön buttrigen Sauce. (6+/10)
quail – squid – fermented garlic
Ein traditionelles Dänisches Gericht sind die ‚Chicken & Aspargus Tartlets‘, die Hünerreste bei der Zubereitung einer Hühnersuppe werden als Fülle für die kleinen Törtchen verwendet. Beim nächsten Gang erhalte ich diese in modernisierter Version.
Am Tisch wurde eine Wachtel aufgeschnitten und mit Sauce übergossen, diese dann mit den Törtchen mit Wachtel und Tintenfisch kombiniert. Gut gelungen! (7/10)
cucumber – white chocolate – mint
Der Übergang zum Dessert dann ein Gurkensorbet mit Kaviar aus Dänemark – das ist eine sehr ansprechende Kombination von süss, salzig und jodigen Noten. (7+/10)
lemon – caramel – sorrel
Zitronencreme mit Karamell, Sauerampfereis und Lakritze-„Plättchen“ dann das erste, vielleicht einen Tick eindimensionale Dessert. (6+/10)
apple – buttermilk – brown sugar
2015, Herzog Rieslaner Auslese, Weingut Müller-Catoir, Pfalz
Der Abschluss dann eine Kombination von Apfel, Buttermilch und einer buttrigen Sauce mit braunem Zucker – ansprechend! (7/10)
Unser Küchenreise-Rating
Butter macht glücklich, und sie ist ein wunderbarer Geschmacksträger. Schön, dass das Kokkeriet im Rahmen seiner modernisierten, doch auf klassischen Ideen beruhenden dänischen Küche nicht irgendwelchen modernen Ernährungstrends nacheifert, sondern die Butter wohldosiert und pointiert in die Gerichte einbindet!
Die Küche im Kokkeriet erzählt viel über dänische Traditionen, sie ist behutsam in moderne Zeiten weiterentwickelt, kreativ und spannend. Die Gerichte sind gut abgestimmt, die Aromen klar und intensiv. Das Restaurant hat eine heimelige Atmosphäre, vieles wird am Tisch zubereitet und der Service überzeugt mit viel Charme! |
Restaurant Kokkeriet, Kopenhagen (DK)
Bewertung Essen (?): | 7+ / 10 |
Küchenreise-Rating (?): | 5 – unbedingt wieder |
Guide Michelin: | * |
Gault Millau: | n/a |
Gusto: | n/a |
Küchenchef: | Af David Johansen |
Adresse: | Kronprinsessegade 64 DK-1306 Kopenhagen |
Telefon: | +45-33-15 27 77 |
Web: | kokkeriet.dk |
Kosten (Rechnung): | EUR |
Angekündigter Besuch (?): | Nein |
Einladung (?): | Nein |
Extras (?): | Nein |
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung. |
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