Von aussen könnte man das Restaurant von Kei Kobayashi fast übersehen. Doch nachdem ich durch die Türe getreten bin, finde ich mich in einem weissen Wunderland wieder. Weisse Wände, weisse Tische, weisse Dekorationen, ein grosser weisser Luster im Zentrum des Raumes. Hätte ich doch angesichts der Hitze einen weissen Leinenanzug gewählt und den weissen Borsalino dazu an der Garderobe abgegeben! Doch der Dresscode „weiss“ ist offensichtlich keine Voraussetzung für das Betreten des Restaurants, ich erblicke an den Gästen eine Mischung von gedeckten Bankerfarben bis zu Männerbeinen in touristisch kurzen Hosen.

Doch zunächst zum Chef: In Japan geboren soll er, so schreibt der Guide Michelin, im Fernsehen die Französische Küche entdeckt und sich für sie begeistert haben. Da sage noch einer, Kochshows haben keinen tieferen Sinn! Nach mehreren Jahren des Erfahrung sammeln in französischen Restaurants in Japan dann die Lehr- und Wanderjahre durch einige Top-Restaurnats in Frankreich. An Rückkehr ist dann nicht mehr zu denken, Kei Kobayashi heuert 2003 im vom Guide Michelin mit drei Sternen ausgzeichneten Restaurant Alain Ducasse at Plaza Athenee an; 2011 eröffet er schliesslich sein eigenes Restaurant.

Dieses ist mittlerweile auch schon mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet, und ich werde die nächsten Stunden eine modern-französische Küche geniessen, welche mit japanischer Präzision umgesetzt ist.

Lunch im Restaurant Kei in Paris

Mittags stehen neben einem verkürzten Mittagsmenü auch das Menu Degustation und das Menu Prestige zur Auswahl, letzteres habe ich gewählt. Der Start in das Menü waren verschiedene Grüsse aus der Küche:

Im ersten Gang wird dann ein Aal-Gelee mit chinesischem Schrenkii-Kaviar, einem Yuzu-Schaum und einer am Tisch angegossenen Brunnenkresse-Sauce kombiniert. Das ergibt eine wunderbare, leicht und fein ziselierte Kombination mit präsentem Aal-Aroma, jodiger Salznote des Kaviars und einem Hauch von Säure des Yuzu-Schaumes. (8+/10)

Danach ein Signature-Dish von Kei Kobayashi, der ‚Gemüsegarten‘ mit selbst geräuchertem Lachs. Waren in früheren Jahren noch alle Komponenten klar erkennbar separat am Teller angerichtet, so ist nun alles unter einem zitronigen Schaum verborgen. Jeder Bissen wird somit zu einer Überraschung, und immer zu einer Guten: Unter dem Schaum eine Vielzahl von Kräutern, Dill, Kohlrabi, ganz unten ein Mayonaisedressing, der selbst geräucherte Lachs – über 30 Bestandteile ergeben ein erfrischendes und abwechslungreiches Geschmacksbild! Grossartig! (8/10)

Danach dann eine gebratene Entelnleber (mit ein wenig Ingwer darauf), dazu Erdbeere, Erdbeercreme und eine Barolo-Vinaigrette. Erneut eine grossarige Kombination, die Erdbeere gibt Süsse, die Vinaigrette steuert die Säure bei und der Ingwer gibt die erfrischenden, scharfen Spitzen. (8+/10)

Nun folgt ein Filet vom Wolfsbarsch, an der Gräte zubereitet, von grossartiger Qualität und mit gekonnt ‚frittierten Schuppen‘ (mit heissem Öl übergossen werden diese im besten Fall wie hier wunderbar knusprig; im schlechten Fall bleiben dazwischen sehr harte Stücke). Dazu ein Tomaten-Granatapfel-Shiso und ein unter einem Zitronenmousse versteckten Pesto. Ein ausgezeichnetes Gericht, der Fisch im Mittelpunkt, die leichten zitronigen udn die intensiven tomatig/granatapfeligen Aromen ergänzen wunderbar (9/10).

Nun folgt ein Stückchen Hummer überzogen mit einer Art Bloody Mary-Bisque mit Tomaten und Wodka, dazu wieder ein wenig Kaviar. Der Hummer scheint mir langweilig, die Bisque rettet ein wenig; der Kaviar ist erneut von ansprechender Qualität. In Summe jedoch bei weitem nicht so überzeugend wie die letzten Gänge. (6+/10)

Zum Hauptgang dann Dry Aged Beef mit „Fett“ (einem Stückchen Fett vom Fleisch) Meerrettich, französischen Bohnen und einem am Tisch angegossenen Jus. Es lebe die Produktqualität – das Fleisch war ausgezeichnet! Beeindruckend war aber auch die Wirkung des kleinen Stücken Fetts mit schönen Röstaromen und einer unglaublichen Fülle und Wucht an Geschmack, welche in grösseren Mengen zu intensiv wäre, als kleine Beigabe aber verblüfft und beeindruckt.  Der Meerrettich ergibt dazu Schärfe, die Bohnen Frische und Knackigkeit; und der Fonds ist tiefgründig und intensiv. (8+/10)

Erneut ein schöner Gang das Ziegenkäsesorbet mit einem intensiven Olivenöl und Kirschen (8/10)

Erfrischend und leicht wie auch geschmacklich sehr überzeugend dann die Pfirsich- und Basilikumsuppe mit frischen Mandeln, Himbeeren und Pfirsichen. (8+/10)

Das dekonstruierte Tiramisu spielt mit den Komponenten eines Tirmamsu, hat die selben Komponenten und Geschmäcker, die Vielfalt der Texturen und Temperaturen hebt das ganze jedoch auf ein viel höheres Niveau (8/10)

Petit Fours zum Abschluss:

Unser Küchenreise-Rating

Die Küche von Kei Kobayashi im vom Guide Michelin mit zwei Sternen ausgezeichneten Restaurant Kei brilliert mit erstklassigen Zutaten, fein ziselierten Aromen und einer präzisen Umsetzung. Die Gerichte sind kreativ, zum Teil aufwändig kombiniert und doch immer den Genuss des Gastes und nicht die Show in den Mittelpunkt stellend.

Restaurant Kei in Paris (F)

Bewertung Essen (?): 8 / 10
Küchenreise-Rating (?): 5 – unbedingt wieder
Guide Michelin: **
Gault Millau: 15 / 20
Gusto:
Küchenchef: Kei Kobayashi
Adresse: 5 rue du Coq-Héron F-75001 Paris
Telefon: +33-1-42331474
Web: restaurant-kei.fr
Kosten (Rechnung): Mittags: Mittagsmenü EUR 58, Menu Dégustation EUR 125, Menu Prestige EUR 180

Abends: Menü Découverte EUR 110, menu Dégustation EUR 150, Menu Prestige EUR 215

Angekündigter Besuch (?): Nein
Einladung (?): Nein
Extras (?): Nein
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung.
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