Und erneut spazierte ich den Ring entlang zum Palais Coburg, dort durch die Hotelhalle mit dem Aufzug in das Restaurant Silvio Nickol im 1. Stock. Alle ein- oder zwei Jahre zumindest schaue ich dort sehr gerne vorbei bei meinen leider viel zu seltenen Wien-Aufenthalten.

Denn nicht nur das Essen überzeugt, gerade auch die Gastfreundschaft im auf Wiener und internationale Klientel ausgerichteten Restaurant ist grossartig!

Obgleich in einem traditionellen Wiener Palais gelegen (welches – auch damals war Wien schon ein internationaler Melting Pot – von einem Prinzen aus Coburg nach seiner Hochzeit mit der Tochter eines ungarischen Grafen in gebaut), überzeugt das Restaurant mit moderner Küchenlinie und der Service mit wunderbarer Weltläufigkeit.

Der Besuch ist nun leider schon ein Jahr her, doch angesichts des gebotenen sei er hier mit Verspätung veröffentlicht.

Mein Dinner im Restaurant Silvio Nickol in Wien (A)

Zum Auftakt (und einem Glas Krug Grande Cuvée) gibt es eine Vielzahl verführerischer Kleinigkeiten, wie etwa Kürbiskerncracker, Miesmuschel mit Lardo und Traube, Makrele mit Sonnenblumenkernen und Koriander, Kartoffelknöderl mit Blunzn.

Alles kreativ, präzise umgesetzt; doch im Vergleich zu anderen Besuchen fehlt mir heute der ‚letzte Kick‘. (8/10)

Entenleber: Berberitze / rote Rübe / Mole

Wunderbar cremige Leber, süsse Komponenten, das ganze erinnert (im positiven Sinne) an ein sophistiziertes Müsli. (8/10)

Abalone: Artischocke / Alge / Seeigel

Angenehm zart die Abalone, schon kombiniert mit Artischocke und Algen. Der König des Tellers ist jedoch der Seeigel-Champagnerschaum, welcher die Komponenten hervorragend verbindet und ein wunderschönes Geschmacksbild schafft! (8+/10)

Yellowfin Thunfisch: Sellerie / Granny Smith Apfel / Dashi

Auch beim Thunfisch machen die Begleiter den Unterschied zwischen einem sehr guten und einem hervorragenden Teller: Grossartig ist das Dashi, die Sellerie steuert hintergründig einen interessanten Geschmack bei und macht das Gericht komplexer, der Granny Smith ergänzt gefällig. (8+/10)

Blün Waller:: Kolrabi / Basilikum / Creme Fraiche

Das feste Fleisch des auf den Punkt gebratenen Wallers gefällt mir in Kombination mit dem Senfsaat, Kohlrabi und einem am Tisch angegossenen griechischen Basilikumöl sehr gut. (8+/10)

Lamm: Kraut / Spitzpaprika / Urkorn

Die Backerl vom Lamm wurden 24 Stunden geschmort, die Zunge selbst gepöckelt – das Fleisch überzeugt mit intensivem, guten Geschmack! Der Fonds dazu ist komplex und intensiv, die Paprikanote erinnert ein wenig an die nahe Puszta. Doch bei diesem Gericht sind nicht die Beilagen, sondern das Fleisch und die Sauce der Star. (8+/10)

Luma Roastbeef „Grain Fed“:, Brokkoli / Schwarzwurzel / Ochsenmark

Weniger überzeugend dann das Fleisch im nächsten Gang, das Roastbeef wirkt auf mich eher fest, und mit starken, zu dominanten rauchigen Aromen, welche auch die Beilagen dominieren. (7+/10)

Fourme D’Amberg: Süsskartoffel / Nashi Birne / Dunkles Bier

Interessant dann der Käsegang, oben eine dünne Scheibe vom Blauschimmelkäse kombiniert mit Süsskartoffeln, Birne und dunkelem Bier. (8/10)

Als Pre-Dessert nun eine super-spannende Kombination mit Ananas (wunderbare Süsse, karamellisiert mit Zucker im Ofen), einer Dill-Karotte (karottige Aromen, Süsse), einer Dill-Sauce und Kokosnuss. Eine überraschende Kombination, welche aber hervorragend funktioniert! (9/10)

Quitte: Zitrusfrüchte / Rosmarin / Malz

Erneut eine schöne Kombination mit ansprechenden Zitrusaromen, ein wenig Bitterkeit des Malzes und spannender Rosmarin-Noten. (8+/10)

Schokolade: Sauerkirsche / Haselnuss / Kefir

Schokolade und Sauerkirsche sind zurückhaltend, doch fein aromatisch. Das angegossene, grüne Öl ist für mich zu intensiv. (8/10)

Der Abend neigt sich dem Ende zu, zum Abschluss noch ein paar Petit Fours.

Das Küchenreise-Rating

Die Küche im Restaurant Silvio Nickol – vom Guide Michelin mit zwei Sternen ausgezeichnet – ist modern, kreativ und kombiniert qualitativ hochwertige Zutaten internationaler und lokaler Herkunft.

Die Umsetzung ist präzise, die Gerichte überzeugen durch klare und gut abgestimmte Aromen, und scheut auch nicht vor gelungener Kombination intensiver Aromen zurück. Das Resultat am Teller überzeugt und begeistert.

Der Weinkeller des Restaurants ist famos und einer der grössten und am beeindruckendsten bestricktesten in naher und ferner Umgebung. Ob gereifte Bordeaux oder gereifte grüne Veltliner in grosser Jahrgangstiefe, kaum ein Weinliebhaber wird hier seine Wünsche nicht erfüllt bekommen. Und auch die Weinbegleitung überzeugt, und kann nach Wunsch auch mit Besonderheiten ergänzt werden.

Der Service im Restaurant Silvio Nickol ist grossartig – charmant, den Gast unterstützend und auf seine Wünsche eingehend. Weltläufig im allerbesten Sinne, ohne jeden Snobismus, entspannt und unkompliziert, dem Gast eine angenehme Atmosphäre bereitend. Wiener Charme – schon auch, aber mehr Service, wie man ihn aus dem besten Restaurants in den Metropolen dieser Welt kennt. Klasse!

Restaurant Slivio Nickol in Wien (A)

Bewertung Essen (?): 8+ / 10
Küchenreise-Rating (?): 5 – unbedingt wieder
Guide Michelin: **
Gault Millau: 19 / 20
Gusto:
Küchenchef: Slivio Nickol
Adresse: Coburgbastei 4
A-1010 Wien
Telefon: +43-1-518 88 00
Web: palais-coburg.com
Kosten: 7-Gang Menü EUR 168, Weinbegleitung 7 Gänge EUR 102
Angekündigter Besuch (?): Nein
Einladung (?): Nein
Extras (?): Nein
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung.
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