Man könnte die Trenkerstube als sicheren Wert bezeichnen.Doch das würde zu kurz greifen. Auch wenn das Restaurant mittlerweile schon seit 10 Jahren vom Guide Michelin mit zwei Sternen ausgezeichnet ist, so ist die Küche auch von Modernität und neuen Ideen geprägt.
Ankommen im wunderschönen Hotel Castel in Dorf Tirol in Südtirol empfiehlt es sich für „Übernachtungsgäste“, zunächst den wunderschönen Ausblick auf Meran zu geniessen. Vom Balkon des Zimmers, oder auf der schönen Terasse. Bei einem Glas Südtiroler Weissburgunder wird man den Alltag ein wenig vergessen, und die Vorfreude auf das schon lange geplante Abendessen wird weiter wachsen.
Und dann ist es auch schon Zeit, in die Trenkerstube zu gehen. Traditionell und mit warmen Hölzern ist die Atmosphäre. Herzlich der Service. Auf der Höhe der Zeit die vom Guide Michelin mit zwei Sternen ausgezeichnete Küche von Gerhard Wieser.
Apérohäppchen
Die Apérohäppchen zum Einstieg sind abwechlsungsreich und technisch sehr gut umgesetzt; sie gefallen mir mit intensiven und klaren Geschmäckern. Es macht Spass, sich hier durchzuprobieren und darin zu schwelgen! (8+/10)
Zur Einstimmung
Den nächsten Gang habe ich beim probieren die „Rehabilitation der Avocado“ genannt. Gegen Ende des letzten Jahrhunderts erlangte diese Frucht grosse Popularität und landete plötzlich in allen Mündern und auf allen Tellern, etwa als Guacamole; und konnte meist doch nur gepflegte Langweile und eine grünliche Farbe beisteuern.
Beim Gericht aus der vom Guide Michelin mit zwei Sternen ausgezeichneten Küche von Gerhard Wieser ist das ganz anders: Da spielt eine Gelbflossen-Markele mit Frische, Kühle und ansprechender Textur mit einem Pampelmusen-Spiegel voll Intensität und ausgepräger Säure; und die Avocado verbindet beide Seiten auf fast magische Weise; macht aus Gegenspielern plötzlich Harmonie.
Separat wird dazu ein Yuzu-Sorbet mit Pampelmusen-Filet und Oliven-„Staub“ gereicht; hier ein Spiel von Säure, Frische und den erdigen Noten der Olive. (8/10)
Menü Sommer
Der erste Gang des Menüs ist dann filigran angelegt: Ein lauwarm temperiertes Stück vom Wildlachs beeindruckt mit mit seiner Zartheit und seinem Geschmack. Er harmoniert wunderbar mit einer kühlen Vichyssoice mit Schnittlauch, welche durch kleine Stückchen z.B. vom Lauch einen Tick Bodenständigkeit beisteuert. Separat dazu eine Art Kartoffelstroh mit wunderbar abgeschmecktem Lachstatar. (8+/10)
Ein enger Verwandter des Lachses dann am nächsten Teller, ein Saiblling. Oder besser gesagt ein Quellsaibling (oder ein ‚Kwell‘-Saibling aus Tiroler Quellwasser?); zart, noch filigraner und fast schon zurückhaltend tritt er auf. Auch der Rettich und Sauerklee gefallen mit Dezenz – ein sehr feinfühliger, doch vielleicht genau deshalb aussergewöhnlich guter Gang. (8+/10)
Aromatisch intensiver wird es dann bei den geflämten Langostinos, welche mit einem Eierstock mit Shitakepilze und Babyspinat kombiniert werden, dazu noch eine angebratene, ungestopfte Entenleber und einem recht zurückhaltendem Sud – japanisch dezent oder zu wenig Power und Umami für dieses Gericht? Separat dazu wird ein Entenleber-Lolly gereicht. Das ist alles sehr gut, doch für mich fügen sich die Komponenten weniger harmonisch zusammen als bei den vorherigen Gängen. (7+/10)
Ein Klassiker aus der Küche der Trenkerstube im Hotel Castel in Dorf Tirol ist das Bio-Eigelb mii Osietra-Kaviar und diesmal mit fermentierter Sellerie. Verführerisch das flüssige Eigelb, wunderbar die jodigen Aromen des Kaviars dazu, ein Sellerie-Schaum darüber; intensive Geschmäcker, lebendige Säure. In Olivenöl pochierte (?) Kartoffel bilden einen Puffer zwischen den Elementen, federn die Extreme ab und verbinden sie. Ein aussergewöhnlich perfekt umgesetztes Wohlfühlgericht! (9/10)
Rustikaler dann der Ausflug in die italiensische Pasta-Küche – bei Tortellini Amatriciana wird der Guanciale mit Südtiroler Speck ersetzt, dazu rote Zwiebeln und eine intensive Tomatensauce, sehr gefällig! (7+/10)
Der Schweizer Produzent Luma hat den nun folgenden Kalbsrücken mit Hilfe von natürlichen Edelschimmelpilzen reifen lassen; die vom Guide Michelin mit zwei Sternen ausgezeichnete Küche von Gerhard Wieser hat ihn mit Ossobuco Gremolato, Bergartischocke und Petersilie kombiniert. Sehr fein der aussen mit Petersilie bedeckte Kalbsrücken, gut die dreierlei Artischocken, ein Kalbsjus wird am Teller angegossen.
Auf separatem Teller gereicht wird eine Safran-Reis Espuma mit gepufftem Wildreis und Osso Bucco; geschmacklich ist dieser Happen intensiver als die Komponenten am grossen Teller. (8/10)
Der „Champagnerkorken“ mit einem Mousse von grünem Apfel, das Gericht kombiniert dies mit Buttermilch, eine sehr gelungene Erfrischung von dem eigentlichen Dessert! (8/10)
Zum Dessert dann ein Schokokuchen mit Sonnenblumenkernen, Kirscheneis und Kirsche; dazu auf einem kleinen Teller ein Schokoladensoufflee angegossen mit Kirschsauce; das ist eine sehr gelungene, elegant abgeschmeckte Komposition nicht nur mit sehr ansprechender Textur. (8+/10)
Alternativ zum Dessert wird eine schöne Auswahl von Südtiroler / italiensischen Käsen vom Wagen geboten.
Ein wunderbarer Abschluss dann die Petit Fours.
Das Küchenreise-Rating
Nahe Meran kocht Gerhard Wieser in der Trenkerstube mittlerweile schon seit 10 Jahren auf Guide Michelin 2-Sterne Level. Die Küche ist modern, gefällt mit lokalen Inspirationen wie mit erstklassigen internationalen Produkten; die Gerichte sind fein abgestimmt und mit hoher Präzision umgesetzt. Nach einem Abend in der Trenkerstube empfiehlt es sich, im grossartigen Hotel Castel zu übernachten!
Restaurant Trenkerstube im Hotel Castel in Dorf Tirol (I)
Bewertung Essen (?): | 8+ / 10 |
Küchenreise-Rating (?): | 4 – sehr gerne wieder |
Guide Michelin: | ** |
Gault Millau: | 19 / 20 |
Gusto: | – |
Küchenchef: | Gerhard Wieser |
Adresse: | Vicolo dei Castagni 18, I-39019 Tirol |
Telefon: | +34-934-10 00 20 |
Web: | hotel-castel.com |
Kosten: |
Menü 6-Gang EUR 148 / 8-Gang EUR 178 |
Angekündigter Besuch (?): | Nein |
Einladung (?): | Nein |
Extras (?): | Nein |
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung. |