Regen ist angesagt an diesem Sonntag. Das erhöht die Herausforderung.

Kann man Sterneküche auf einer Alm auf 2’000 Meter kochen? Aber sicher, wirst Du sagen, und mir ein paar Beispiele aufzählen.

Doch was, wenn es sich um eine im Guide Michelin mit drei Sternen ausgezeichnete Küche handelt, und die Alm keine moderne Annehmlichkeiten wie einen Stromanschluss hat?

Da sind wir beim St. Hubertus Unplugged: Im Sommer übersiedelt hier die ein Teil der Küchenequipe von Norbert Niederkofler und Michele Lazzarini und des Serviceteams von Lukas Gerges an einigen Sonntagen Mittags auf eine Hütte auf 2’000 Meter am Piz Sorega. Das klingt nach einer Portion Crazyness, nach einem Hauch Marketing-Genialität. Nach „Back to the Roots“ und einem interessanten Experiment. Ein Experiment, welches erfolgreich ist. Und glücklicherweise hat der Regen dann doch noch ein wenig gewartet!

Los geht es schon mit der Frage nach dem Hochkommen. Am stilvollsten ist es natürlich zu Fuss. Konditionsmässig ohne übermässige Schwierigkeiten bewältigbar, und man hat sich auch gleich noch das Essen verdient.

Entweder alleine, oder wer mag, kann gemeinsam schon um 9h morgens mit Mitgliedern des Küchenteams gemeinsam hoch steigen, dabei Kräuter und Pilze sammeln und als Extrabonus gleich auch viel über die in der Küche des vom Guide Michelin mit drei Sternen ausgezeichneten St. Hubertus verwendeten Zutaten lernen.

Und dann gibt es noch die Alternative für Faule. Oder für jene, welche die Crazyness liebrer im Essen als im strömenden Regen suchen. Die Seilbahn und dann noch ein Spaziergang oben am Hochplateau.

Eigentlich sollte es ja schon regnen. Also mit einer gewissen Wahrscheinlcihkeit, der moderne Wetterdienst von heute spricht ja in Wahrscheinlichkeitsverteilungen. Also, dann doch lieber mal abwarten, und im Fall, dass das Wetter hält, mit der Seilbahn hochzufahren als irgendwo im Wald im strömenden Nass stehen.

Doch gegen 11h wirken die Wolken wirken zwar bedrohlich, doch auch die Sonne kommt immer wieder durch und noch immer kein Tropfen vom Hille gefallen. Also ab in die Gondel und hoch auf den Berg!

Das Navigationssystem der Vergangenheit war die Landkarte, oder ein bedruckter Zettel mit Weganweisungen („beim … links halten“ – so ähnlich formuliert das Siri auch noch heute). Einen solchen habe ich schon am Vorabend im zentral in St. Kassian gelegenen Hotel Rosa Alpina erhalten.

Und so navigiere ich mich ganz analog zur Berghütte. Man erkennt sie leicht an den vielen knallroten Decken, die da in der Wiese platziert wurden. Noch. hoch über die Wiese, und schon bin ich da, nehme auf einer dieser Platz. Ein Strohhut mit ein paar Blümchen darauf wird mir gegen die Sonne gereicht. Und ein vorzüglicher Trentodoc Perlé Zero Cuvée 2012 von Ferrari, ein CharDonnay-Sekt ohne Dosage aus dem Trentino, gegen den Durst. Der Aperitif wird grosszügig ein- und nachgeschenkt, und es scheint, dies hilft der guten Stimmung und lässt die Regenwolken vergessen. Immer mehr Gäste treffen ein, und immer wieder strahlt die Sonne zwischen den dunklen Wolken durch.

Nun ja, diese Berghütte ist wirklich ohne Strom. Zutaten, Geschirr etc. wurden hochgefahren, aber dann heisst es, mit den sehr limitierten verfügbaren Mitteln gross zu kochen. Challenge accepted, sagt das Team, und trifft vor der Hütte die letzten Vorbereitungen…

Dazu noch ein paar Worte von Norbert Niederkofler, nicht salbungsvoll, sondern mehr die Idee hinter dem Event und der Küche erklärend. Und schon geht es los…

und erste Grüsse aus der Küche werden gebracht, wie etwa eine wunderbar intensive BBQ Karotte mit angenehmer und verführerischer Süsse.

Die Tische sind bereits fein engedeckt, das Menü klingt verlockend.

Wären da bloss nicht diese Wolken, doch der Wettergott ist gnädig und wird mit den ersten Regentropfen bis nach dem Lunch warten.

Gekocht wird am offenen Feuer, …

.. und das sonst sehr auskunftsbereite Team ist gerade mit voller Konzentration am vorbereiten.

.. doch glücklicherweie geht der Nachschub an Kleinigkeiten nicht aus.

Nun es scheint, diese Blicke sagen, auf zum Tisch, gleich geht es so richtig los!

Salat von Bergkräutern

Schlicht „Salat von Bergkräutern“ nennt sich der erste Gang. Es handelt sich um eine Kombination von 20 Wildkräutern, viele davon frisch gepflückt; darüber ein Dressing aus Hollunderblüten-Kombucha. Das ergibt einen wunderbar erfrischenden Mix an Bitternoten, an Süsse, an Säure; texturell mit viel Knack. Grossartig! (8+/10)

Auch grossartig das frisch gebackene Brot…

… und die selbstgeschlagene Butter.

Kalbsbries & Latschenkiefer

Ganz grosse Küche dann das Kalbsbries. Perfekte Produktqualität beim Bries, und über dem Feuer ist dieses aussen wunderbar kross geworden. Dazu eine Kräutersauce mit leicht bitterer Note wie eine am Tisch angegossene Latschenkiefersauce mit angenehmen Säurespiel. Ein puristisch reduziertes Gericht, welches jedoch vom Geschmacksbild und in seiner Umsetzung für mich zu den allerbesten Kalbsbries-Gerichten gehört! (9+/10)

Orzotto & Bitterkräuter

Orzotto, das ist ein Art norditalienisches Risotto, welches jedoch mit Gerste und nicht wie sonst mit Reis zubereitet wird. Am Teller wurde es mit Bergkräutern und Ziegenbutter verfeinert, das schmeckt spannend und interessant, toll! (8/10)

Lamm aus dem Eisacktal

Wunderbare Produktküche dann der nächste Teller; das Lamm aus dem Eisacktal. Was optisch wenig spektakulär ausschaut, ist Fleisch und Rippchen vom Lamm, mit Kräutern, Räucheraromen und einem wunderbar intensivem Fleischgeschmack. (9/10)

Buchtel

Ursprünglich aus Böhmen soll sie kommen, die Buchtel, und sie hat wohl über Österreich ihren Weg nach Südtirol gefunden (wie hat Georg Danzer über die Buchteln im Cafe Hawelka gesungen – „Neilich sitz i umma hoiba zwa im Hawelka
Bei a poa Wuchteln und bei an Bier
„) und ist dort seit langem regional verankert. Das Eis dazu ist vor Ort (und ohne Strom, sondern mit Salz und viel Handarbeit) gerade produziert worden, begleitet wird das ganze von roten Beeren. Ein schöner Abschluss. (7/10)

Nach Stunden des Essens, Trinkens und Geniessens beginnt sich die Sonne nun in schneller Abfolge mit den ersten Regentropfen abzuwechseln. Ein letzter Griff zu den Petit Fours als Stärkung für den Weg ins Tal…

… und ein letzter Blick auf die Wiesen und Berge.

Das war das ein vorzügliches Essen in grossartigem Rahmen. Und sehr spannend zu sehen, dass und wie es Norbert Niederkofler und Team es schaffen, eine 3-Sterne Erfahrung auf eine Almhütte zu transferieren. Natürlich kann nicht jedes Gericht auf 2’000 Metern ohne Strom zubereitet werden.

Doch die Gerichte sind klug ausgewählt, und die meisten der heute genossenen Gerichte finden sich auch immer wieder mal direkt auf der Speisekarte des vom Guide Michelin mit drei Sternen ausgezeichneten Restaurants St Hubertus in St. Kassian, und sie schmecken vergleichbar gut. Und der grossartige Service trägt auch seinen Teil dazu bei!

Das hohe Rating in diesem Beitrag soll reflektieren, dass es gelingt, bei ausgewählten Gerichten vergleichbare Qualität wie im Restaurant auf den Teller zu bekommen. Natürlich werden diese im Restaurant selbst noch mit anderen Gerichten kombiniert, welche sich nicht immer „so einfach“ ohne Strom auf einer Almhütte produzieren liessen.

Das Küchenreise Rating

Ein 3-Sterne-Lunch auf der Alm? Das ‚St Hubertus Umplugged‘ von Norbert Niederkofler und Team aus dem mit 3 Guide Michelin Sternen ausgezeichneten Restaurant St Hubertus in Südtirol bietet genau das! Kochen auf 2’000 Meter Höhe und ohne Strom, und mit grossartigem Essen, Wein und Service. Wann – das Event wird jedes Jahr an einigen Sonntagen im Sommer angeboten!

St. Hubertus Unplugged (Restaurant St. Hubertus in St. Kassian / Südtirol)

Bewertung Essen (?): 9 / 10
Küchenreise-Rating (?): 5 –  unbedingt wieder
Guide Michelin: ***
Gault Millau: 19 / 20
Gusto:
Küchenchef: Norbert Niederkofler, Michele Lazzarini
Adresse: Restaurant St. Hubertus:
Strada Micura de Rü 20, I-39036 St. Kassian in Abtei (BZ)
A-1190 Wien
Telefon: +39-471-849 500
Web: st-hubertus.it
Kosten:

St. Hubertus Unplugged
EUR 230 / Person inkl. Wein

Angekündigter Besuch (?): Nein
Einladung (?): Nein
Extras (?): Nein
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung.
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