Mittags hat das Steirereck eine besondere Anziehungskraft: auf Gäste aus dem Ausland wie auf die daheim gebliebenen. Und Du wirst sie alle finden: Den Hofrat, der schon seit 20 Jahren hier jeden Donnerstag sein Kalbsbeuscherl ist, wie die bessere Tochter mit den aufgespritzten Lippen, welche einmal im Monat zum Familienlunch genötigt wird. Die global Foodies mit direkterer Instagram-Anbindung wie die Locals, welche wissen, in welcher Orangerie die servierten Zitrusfrüchte grossgezogen wurden.
Und natürlich auch jene, die es in die Fremde gezogen haben, und welche nun Heimat „modern“ geniessen wollen, den Flughafenexpress für die Rückreise nur ein paar Minuten entfernt. Und so tauche ich wieder ein in die Atmosphäre des vom Guide Michelin mit zwei Sternen ausgezeichneten Steirerecks. Hell ist es mittags, die Sonne scheint, draussen spielen trotz der Kälte bereits die Kinder.
Natürlich kann man auch Mittags das grosse Menü wählen. Doch mir ist nach dem Mittagstisch, ein paar Gänge ausgewählt aus der Karte. Ein Mix aus modern und klassisch-wienerisch in Perfektion.
Der Brotwagen ist wie immer famos. Ja, das Brot ist der Freund des Gastwirtes, danach können die Portionen kleiner sein. Erst recht ist das so beim famosen, lauwarmen Blunzenbrot (Blutwurstbrot), einzig die folgenden Portionen sind nicht klein.
Nicht nur die Instagrammer freuen sich über den Sailbing, der am Tisch in Bienenwachs gegart wird; mir scheint, dass an diesem Mittag locker die Hälfte der Gäste diesen gewählt haben, und er ist einfach auch leicht und gut; und die „Caviar-Pollen“, gefüllt unter anderem mit Quitten-Essig, geben eine erfrischende Säurenote dazu.
Wienerisch wird’s dann bei einem perfekten Kalbsbeuscherl, Herz und Lunge eingekocht mit Zwiebeln, Wurzelgemüse, Essiggurkerln, Kapern, Sardellen und Rahm, dararauf einen fluffigen Schnittlauch-Knödel; das ist k&k modern umgesetzt. Wie ach das Saftgulasch vom Almochsen mit frischem Paprikamark.
Bei Innereien kann man im Steirereck sicher sein, die Küche wird brillieren. Und so bin ich vom Kalbsherz mit Knollensellerie, Artischocke und Salzzitrone auch sehr angetan.
Famos ist der Käsewagen des Restaurants; und damit es nicht zu sehr riecht, sind die besonders stinkigen Sorten in den Laden verborgen. Irgendwann muss ich mal einen Mittag lang Blunzenbrot & Käsewagen-Diät machen, man muss ja schliesslich auf die Linie schauen.
Und dann bleibe ich wieder hängen bei meinem Lieblingsdessert: Java Kaffee Sud mit gelben Datteln, Zwetschken und Zimtblüten. Gut ist es jedesmal, und die feinen Variationen, die man – wenn man eine Speise so oft gegessen hat – faszinieren mich: Wie fest oder schon flüssiger ist das Sorbet, wie trocken oder feucht der Sud. Ok, that’s Nerd Stuff, aber wenn bei Kitchen Impossible dieses Gericht mal nachgekocht werden muss, ich komme als Verkoster.
Ein wenig Käse, ein Dessert, ein paar Petit Fours. Nicht nur das mehrfach nachgeorderte Blunzenbrot zu Beginn hat seinen Tribut gefordert. Ich bin gut gesättigt. Und sehr zufrieden. So muss Wien schmecken!
Das Küchenreise Rating
Mittags im Steirereck: hier kann man die moderne Steirereck-Küche wie auch perfekt umgesetzte Wiener Klassiker geniessen. Die vom Guide Michelin mit zwei Sternen ausgezeichnete Küche von Heinz Reitbauer ist auch zum Lunch definitiv einen Umweg wert!
Restaurant Steirereck in Wien (A)
Bewertung Essen (?): | 8+ / 10 |
Küchenreise-Rating (?): | 5 – unbedingt wieder |
Guide Michelin: | ** |
Gault Millau: | 19 / 20 |
Gusto: | – |
Küchenchef: | Heinz Reitbauer |
Adresse: | A-1030 Wien, am Heumarkt 2 |
Telefon: | +43-1-713 31 68 |
Web: | steirereck.at |
Kosten: |
Mittags-Menü 4-Gang EUR 109 / 5-Gang EUR 129 |
Angekündigter Besuch (?): | Nein |
Einladung (?): | Nein |
Extras (?): | Nein |
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung. |