Zum Griechen ist man in Wien ja schon immer gerne gegangen. Souvlaki und Gyros, Tsatiki und Moussaka, das war das, was man lange Zeit – von Urlaubserinnerungen geprägt – für griechische Küche hielt und liebte.

Als halb Grieche, halb Österreicher sieht sich der in Graz geborene, 39 Jahre alte Konstantin Fillipou. Seine Küche seine Küche ist sicher alles andere als im Restaurant „Akropolis“, „Apollo“, „Sirtaki“ oder wie sie alle heissen mögen; sie ist jung und modern, eigenständig und kreativ, aber mit einer Menge mediteraner Einflüsse. 2013 hat er sein Restaurant eröffnet, und 2018 hat der Guide Michelin dann das Konstantin Filippou mit zwei Sternen ausgezeichnet.

All das geht mir durch den Kopf, als ich quer durch die Wiener Innenstadt in Richtung Domenikanerbastei laufe. Eigentlich ist diese Gegend nahe dem Schwedenplatz ja nicht so die grosse Restaurant- und Ausgehecke. Und so hektisch sich der Verkehr am frühen Abend am Ring staut und vor sich hinhupt, so ruhig geht es hier zu.

Das Restaurant Konstantin Filippou (Bild von einem früheren Besuch)

Und, da ich früh dran bin, ist es auch im Restaurant noch fast leer. Am Ende des Raumes die Anrichteküche, dort werden später die Speisen finalisiert werden. Farblich ist alles in Schwarz und Grau gehalten und eher „dunkel“, Spots setzen Lichtakzente (dadurch erklärt sich auch die leider schlechte Qualität der Fotos).

Angeboten wird ein Menü mit 6 Gängen, dieses kann mit 2 „Überraschungsgängen“ und Käse erweitert werden.

Tuna-Tatar, Kohlrabi, Tapioka

Als erster Gruss dann ein Tuna-Tatar mit Kohlrabi (als kleine Kügelchen), Soja-Tapioka und zuoberst Kartoffelbröseln. Da mich die Konsistenz und der Geschmack von Tapioka immer an Bubble Tea erinnert, ich dessen in den letzen Jahren beliebten Einsatz in der Sternegastronomie jedoch nie verstanden habe (auch diese Modewelle wird wieder vorbeigehen), finde ich es schade, dass diese das feine Tatar nicht so richtig wirken lassen; wenn auch die Kombination mit dem Kohlrabi und den Bröseln eine sehr starke ist. (7/10)

Blätterteigtarte mit Bioeidotter und Trüffel

Grossartig ist dann die Blätterteig-Tarte mit Bio-Eidotter, Trüffelsud und einem Beurre Blanc Schaum; ein rundes und süffiges Wohlfühlgericht. (8/10)

Sellerie. Miesmuschel. Roggen. Txogitxu.

Filigran und rund dann das nächste Gericht; fein gehackte Miesmuschel, Txoigtu, (gegrillter?) Sellerie prägen das Aromenspiel. (8/10)

Enten Royale. Rote Garnele. Backerbsen.

Im nächsten Gang dann eine Entenroyale (eine Art Chawanmushi oder Eistich mit Entenfonds, Miso und Ei) kombiniert mit roten Garnelen, mit Sepia schwarz gefärbten Backerbsen und einem Krustentierfonds. Das ergibt ein grossartiges, fein ziseliertes, umamireiches Gericht! (8/10)

Brandade. Amurkarpfen. Kaviar.

Einer der Signature Dishes im vom Guide Michelin mit zwei Sternen ausgezeichneten Restaurant Konstantin Filippou ist die Branade mit Amurkarpfen und Kaviar; eine Art schaumiges Kartoffelmousse mit Karpfen, darauf eine Nocke Kaviar. Leicht warm die wohlschmeckende Creme, der Kaviar darauf genau richtig, um das Geschmacksspektrum zu erweitern. Das vermeintlich einfache kann doch so genial sein! (8+/10)

Lachsforelle. Senfgurke. Dill.

Auf einem Holzteller wird dann die grossartige, glasige Lachsforelle mit krosser Haut mit einer Vichyssoise mit Dillöl und Gurken präsentiert. (8+/10)

Neusiedlersee Zander. Haselnuss. Pilz. Trüffe. Mark.

Besser geht Zander nicht als der, welcher nun aus dem Neusiedlersee seinen weg auf den (erneut spektakulär designten) Teller gefunden hat. Dazu laut Service eine Dashisauce mit Buchenpilzen und Trüffeln und fermentierten Champignons und Knochenmark wie auch Haselnuss. Erneut wunderbar rund, viel Umami, viel wohlgefallen! (8+/10)

Unagi. Mangalitza. Senf. Fenchel.

Unagi-Aal umschmeichelt vom Geschmack des Mangalitza-Schweines, gepoppter Schweinebauch, ein Schaum mit Gänseleber sind wichtige Bestandteile des nächsten Gerichtes; mir gefällt die Kombination aus dem fettreichen Fleisch vom Aal, dem Schwein und der alles verbindenden schaumigen Sauce. (8/10)

Kroatischer Langostino. Kalbszunge. Cochayuyo. Zitrus.

Ausgezeichnet dann auch der kroatische Langoustino mit einer Kalbszungen-Veloutè, Cochayuyo-Alge und Zitrus-Bröseln. Schön die Kombination der leichten Süsse des Langostino, der Salzigkeit der Sauce und den Zitrus-Aromen! (8/10)

Johannisbeere. Wildreis. Salzmandel.

Johannisbeere (Creme, Beeren, Chip), gepuffter Wildreis, Mascarponecreme, Salzmandeln gefiel als erstes Dessert mit beerigen und erdigen Noten. (7+/10)

Holler. Kren. Schokolade. Apfel.

Sehr eigenständig und auf diese Art auch sehr überzeugend dann das nächste Dessert: Grossartiges Kreneis, marinierte Hollunderbeeren, klein gewürfelte Apfelstückchen, ein gerösteter Schokochip: Das ist kreativ, fast schon „nordisch“, überraschend; ein beeindruckender Mix an Temperaturen, Texturen und Geschmäcker. Nicht gewöhnlich, sondern aussergewöhnlich! (9/10)

Joghurt. Estragon. Marille.

Als finales Dessert dann eine wunderbar intensive Marillencreme mit gekochten Aromen, knusprige Marille, Estragon und Liebstöckel; alles eher auf der recht süssen Seite, doch mit präsenten und klaren Aromen. (7+/10)

Petit Fours

Nach ein paar Petit Fours mache ich mich dann zufrieden wieder auf dem Weg von diesem lebendigen Platz hinaus in die grauen, ruhigen Gassen dieser von Büros und Ministerien geprägten Ecke von Wien.

Das Küchenreise-Rating

Konstantin Filippou hat eine stilistisch sehr eigenständige Küchenlinie entwickelt, welche Elemente der mediteranen wie auch der österreichischen (da gab es historisch ja auch vielfältige Überschneidungen) Küche aufnimmt und kreativ weiterentwickelt.

Die Küche des vom Guide Michelin mit zwei Sternen ausgezeichneten Restaurants ist stark auf grossartige Fischprodukte als Hauptdarsteller fokussiert, setzt jedoch durchaus Fleisch als „Mitspieler“ oder z.B. als Fonds in den Gerichten ein. Die verwendeten Produkte überzeugen, die Aromatik ist gut bis hinreissend, die technische Umsetzung präzise und auf den Punkt.

Die umfassende Weinkarte (auf einem Tablett) hat einen Schwerpunkt bei Orange-Weinen, bietet aber auch sonst alles, was dem Weintrinker Freude bereitet.

Positiv zu erwähnen sei auch der Service, welcher mir charmant und mit Fachwissen und Freude auf die Speisen und interessanten Weine den Abend noch eindrücklicher machte.

Restaunt Konstantin Filippou in Wien

Bewertung Essen (?): 8+ / 10
Küchenreise-Rating (?): 4 –  gerne wieder
Guide Michelin: **
Gault Millau: 19 / 20
Gusto:
Küchenchef: Konstantin Filippou
Adresse: Dominikanerbastei 17
A-1010 Wien
Telefon: +43-1-512 22 29
Web: konstantinfilippou.com
Kosten: 6-Gang: EUR 145, 8-Gang: EUR 185
Gedeck: EUR 7.50
Käse vom Wagen: EUR 25
Weinbegleitung 6 / 8 Gänge: EUR 89 / 119; Käse EUR 15
Aperitiv-Empfehlung Krug Grand Cuvée: EUR 33
Angekündigter Besuch (?): Nein
Einladung (?): Nein
Extras (?): Nein
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung.
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