Fotografieren in Restaurants: How (not) to do

Ärgern sie sich, dass ihr Nachbar gerade wieder das Essen totgeblitzt hat? Oder sind sie selber am Bilder machen? Gedanken zum Miteinander von Restaurants, Gästen und Fotoapparaten. Sowie Ratschläge für gute Fotos im Restaurant.

Jeder macht es

Jeder macht es. Fotografieren im Restaurant. Als Erinnerung. Als Notizbuch. Als Konkurrenzbeobachtung. Als Trophäe. Für Facebook, Instagram oder einen Blog. Wir auch.

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Da gibt es nur 3 kleine Probleme. Chefs, welche es hassen. Andere Gäste, welche es hassen. Und die zum Teil abgrundtief hässliche Bilder.

Selbst die New York Times hat kürzlich einen viel diskutierten Artikel zum Thema ‚fotografieren in Restaurants‘ veröffentlicht (Lesen Sie mehr: Restaurants Turn Camera Shy). Schreibt über Restaurants, welche das fotografieren verbieten. Oder kreative Lösungen offerieren („Kommen sie doch zum Pass und machen Sie dort die Bilder“).

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Wir haben da eine Bitte an die Chefs und Restaurants. Und eine an die Fotografen. Und vor allem ein paar nützliche Empfehlungen für gute Bilder. Vertrauen Sie uns – auch wir haben schon eine Menge abgrundtief hässlicher Bilder gemacht.

 

Unser Bitte an die Chefs & Restaurants

Fotografieren verbieten in Zeiten von iPhone & Co ist unserer Ansicht nach Nonsens. Klar können Sie das tun. Doch posten Sie nicht selbst jede Menge Bilder auf Facebook & Co?

Fotografieren verbieten regt die Kreativität Ihrer Gäste an. Regeln werden gerne gebrochen (Lesen Sie mehr: Trois Etoiles – Chef’s Table at Brooklyn Fare). Das Resultat: Dunkel, unscharf, verwackelt. Ihre Speisen im garantiert schlechtesten Licht.

Daher: Geben Sie einen Rahmen vorgeben. Fotoverbot – fett gedruckt auf Ihren Website (und nicht erst am Tisch erwähnen). Alle Fotografierenden (ausser den Rebellen) kommen nicht mehr.

Noch besser: Machen Sie es etwa wie Yildiz & Christian Bau im Dreisterner Viktors Gourmet Restaurant (Bericht: Deutsch-Japanisches Wunderland): Bitten Sie, Ihre Gäste auf Blitz und andere Beeinträchtigungen zu verzichten.

Unser (schlechtes) Bild dieses (guten) Hinweises auf der Karte Blanche:

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Unsere Bitte an die Fotografen

Behalten Sie immer in Erinnerung, weshalb Sie und die anderen Gäste im Restaurant sind: Um das Essen zu geniessen.

Verzichten Sie auf den Aufbau grosser Gerätschaften. Verzichten Sie auf das Umstellen von Tischen & Sesseln. Verzichten Sie auf das ständige Umarrangieren aller Tisch-Utensilien & Dekorationen. Nein, auch Ihr eigenes, farblich passendes Tischtuch sollten Sie nicht mitbringen!

Blitzen Sie nicht! Dies stört andere Gäste. Und es ist meist eine Garantie für schlechte Bilder (dazu gleich mehr).

Bringen Sie den Ablauf bei Tisch nicht völlig durcheinander. Freundschaften sind schon zerbrochen, Ehen wurden schon geschieden, weil die Tischnachbarn förmlich verhungert sind, während der Fotograf 15 Minuten nach dem Servieren noch immer nicht alle Bilder im Kasten hatte.

Verwenden sie eine kleine Kamera, machen sie zügig ein paar Bilder ohne Blitz, machen Sie es richtig. Und schon haben sie ein paar tolle Erinnerungen auf Ihrer Speicherkarte. Mit Blitz kommt Ärger, Blendung und Bild-Desaster.

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Unsere Empfehlungen für gute Bilder

Gute Food Fotographie ist höchst aufwendig. Am Restauranttisch haben Sie solche Möglichkeiten normalerweise nicht. Dennoch streben Sie gute Bilder an.  Wir haben alle nur möglichen Fehler gemacht und machen sie zum Teil noch immer – daher unsere Emfpehlungen:

Regel 1 – kein Blitz:

Sofern sie nicht mit Spiegelreflexkamera fotografieren und alle Techniken und Tools von indirektem Blitzen bis zu Lichtwannen im Griff haben (und dann sollen sie sich mit dem Restaurant absprechen), gilt die Regel: Blitzen macht scheussliche Bilder. Bei Kompaktkameras, und beim iPhone erst recht.

Weshalb? Brutal, doch mit geringer Reichweite, werden die Speisen angestrahlt. Manche Bereiche sind dann völlig überbelichtet, manche weiter im komplett dunklen. Tun Sie sich das nicht an!

IMG 3185 Regel 2 – Ein Auge für die Details:

Licht ist alles. Und das menschliche Auge Meister der Adaption – ob hell, dunkel oder bunt durcheinander – immer wird Ihnen ein ausgeglichenes Bild vorgegaukelt. Fotoapparate können das nicht.

Am Tisch können sie die Lichtverhältnisse auch nur wenig beeinflussen (Hände weg vom Tische umstellen!).  Doch in Kleinigkeiten schon.

Leuchtet da ein Spot von oben auf Ihre Speisen? Am Bild wird im Zentrum des Spots alles zu hell, ausserhalb dessen Reichweite alles zu dunkel sein. Vielleicht können Sie Ihren Teller 5 cm nach links bewegen, und dann ist er vollständig vom LIcht des Spots erfasst?

Beispiel Spot: Grosse Helligkeitsunterschiede – schöner wäre es, wenn der Teller in der MItte des Spotlichtes stehen würde / das Bild um diesen herum beschnitten würde: IMG 3163 DxO

Stehen da Weingläser neben Ihrem Teller? Diese werfen wunderbare Schatten auf den Teller – bei Rotwein auch noch rotgefärbt. Schieben Sie das Weinglas doch ein paar Zentimeter beiseite.

Rechts oben der ‚gemeine Weinglas-Schatten‘ in Rot. Lenkt vom eigentlichen Bild ab. Und stellen Sie sich erst mal vor, er wäre direkt am Teller! IMG 1904 Regel 3 – 2 Minuten Nachbearbeitung am Computer

Bilder in schummrigem Licht haben meist einen Farbstich. Dieser lässt sich mittels Weissabgleich einfach korrigieren. Die Weissabgleichs-Pipette z.B. am Teller ansetzen – aus gelben oder violetten Tellern werden wieder weisse Teller.

Auch ist die Verteilung der Tonwerte (aus hier nicht näher erläuterten Gründen) am Bild oft nicht ‚gut‘ verteilt. Weiss ist hellgrau, Schwarz ist dunkelgrau. Das Bild wirkt flach. Dies lässt sich in einem einfachen Bildbebeitungsprogramm schnell korrigieren – in der Tonwertkurve den linken Regler und rechten Regler so ziehen, dass keine „weissen Flächen“ in der Anzeige bleiben. Fortgeschrittene können dann noch die Kurve selbst anpassen.

Typisches Restaurantbild – in Schritt 1 wird der violette Farbstich entfernt, in Schritt 2 dann die Tonwertkurve angepasst: IMG 3210IMG 3210  Arbeitskopie 3IMG 3210  Arbeitskopie 4 Regel 4 – die passende Kamera:

Wir empfehlen eine kleine Kamera, um schnell und ohne Aufsehen Bilder machen zu können. Kompaktkameras passen in die Hand- oder Sakko-Tasche und sind daher ideal.

Die Kamera sollte ein lichtstarkes Objektiv besitzen (F1.8 oder F2.0 – je tiefer die Zahl, umso besser) und im Weitwinkelbereich (28mm – 35mm) Bilder machen können. Je grösser der Bildsensor, umso besser – das erlaubt höhere ISO Zahlen (bessere Fotos, wenn es dunkel ist) und weniger Bildrauschen bei höheren Iso Zahlen.

Last but not least, machen Sie sich mit der Bedienung Ihrer Kamera vertraut!

 

Unser Equipment

Womit machen wir hier bei Küchenreise unsere Bilder? Schnell und unauffällig sollen Sie gemacht sein, und das Arbeitsgerät soll in einer Hemd- oder Sakko-Tasche passen. Die Spiegelreflex-Kamera lassen wir daher zu Hause.

Notfalls kommt manchmal das iPhone zum Einsatz. Das iPhone 5 macht bei anständigen Lichtverhältnissen schon recht respektable Bilder. iPhone 4 oder gar iPhone 3 in schummrigem Licht – suchen sie auf unserem Website die schrecklichsten Bilder, dann sehen sie die Resultate.

In den letzten 1-2 Jahren haben wir diese Kameras genutzt:

Küchenreise Fotoapparate

  • Nikon Coolpix P300: Einfach & unkompliziert. Lichtstarkes Objektiv (F1.8 bei 24mm) für Fotos in schlechter Beleuchtung. Die Bilder sind gut, begeistern uns aber nicht. No Go – beim Ausschalten wird das Speichern der Bilder unterbochen, diese sind dann weg.
  • Canon S95: Lichtstarkes Objektiv (F2.0 bei 28mm) und verhältnismässig grosser Sensor – gute Bilder auch in schummrigem Licht. Schnell in der Handhabung. Für uns lange Zeit die perfekte Kompaktkamera gewesen.
  • Sony RX100: Bildsensor in bisher nicht gekannter Grösse und ein lichtstarkes Objektiv (F1.8 bei 28mm) sorgen für ausgezeichnete Bilder in schlechten Lichtverhältnissen und erlauben das Spiel mit Schärfe und Unschärfe. Schade: Objektiv fährt weit aus und beim Ausschalten erst mit einigen Sekunden Verzögerung wieder ein. 20 Megapixel – eigentlich zu viel. Dennoch im Moment unser klarer Favorit!
Randnotiz für Freaks: Für stolze EUR 3’000 gäbe es mit der Sony RX-1 einen Kleinbild-Sensor im Kompaktkamera-Gehäuse mit beeindruckender Bildqualität.
 

Ende gut, alles gut?

Früher hat man Eindrücke über das Essen verbal weitergeben. In Zimmerlautstärke zum Sitznachbarn, nicht gebrüllt zum  Nachbartisch. So war die Etiquette.

Durch die digitale Fotografie, Internet und soziale Netzwerke werden Eindrücke zum Essen heute oft mit Bildern weitergeben. „Hilfe, der Nachbar hat das Essen totgeblitzt“ – das muss nicht sein. Mit der richtigen Etiquette funktioniert die Fotografie bei Tische gut!

 

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4 Kommentare

  1. Vielen Dank für diesen sehr guten Beitrag.
    Ich fotografiere auch sehr gerne in Restaurants für den Blog und als Erinnerung. Dabei verwende ich so eine kleine Knipsi und fotografiere ohne Blitz, weil ich niemand sonst belästigen möchte. Um meinen Mann nicht zu nerven mache ich es schnell. Ehrlich gesagt nehme ich dann lieber schlechte Fotos in Kauf. Ich war schon in Restaurants, die so perfektes Licht hatten, daß das mit den Fotos wirklich ein Kinderspiel war.

  2. […] Der Blog Go to Rio bricht eine Lanze für Food-Fotografie in Restaurants, nach dem Motto: Wirte, wehrt euch nicht! Wie dabei anständige Bilder herauskommen, verrät der Blog Küchenreise in dem schönen Beitrag Hilfe, mein Nachbar hat das Essen totgeblitzt! […]

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