„Simmering gegen Kapfenberg, das ist Brutalität“, zitiert mein Wiener Freund am Telefon die Aussage des legendären Kabarettisten Helmut Qualliger über den engagierten Umgang der Fussballer zweiermittelmässiger österreichischer Klubs in den regelmässigen Derbys.
„Aber morgen, da geht’s richtig los. Ich darf Dir aber noch nix genaueres sagen…“, spricht er weiter. Und ich weiss, morgen verkündet der Guide Michelin die 2019er Sterne für Wien.
Und ahne, was da kommt. Lese es am nächsten Tag in allen Online-Medien: Der Guide Michelin hat das erste Mal drei Sterne in Österreich vergeben. Doch nicht etwa an das Steirereck oder ein anderes Restaurant mit österreichischer Küche. Sondern an den „Deutschen“ beziehungsweise den „Spanier“? Der erstens neu ist in der Stadt an der Donau, und zweitens so irgendwie international kocht. Halt so gar nicht österreichisch, beklagen sich besonders jene, die noch nie dort waren.
Da effauchiert sich auch so manch einer im österreichischen Gastro-Feuilleton. Wie der Severin Corti vom sonst doch eher weltoffenen Standard; er beklagt, dass die Amador-Sterne (immerhin ein Hattrick – nach Langen und Mannheim jetzt auch Wien) nicht funkeln. Nix regional, und ausserdem fokussiere Juan Amador ja auf „teilweise jahrzehntealte“ Signature Dishes.
Hätte der Herr Corti die Beiträge in diesem Blog über das Steirereck genauer studiert, wüsste er, dass das ja nicht zwingend etwas schlechtes ist. Denn die haben ja auch ihre „jahrzehntealten“ Signature Dishes dort. Und ein Besuch im „L’Ambrosie“ in Paris könnte ihm vielleicht zeigen, dass jahrzehntelange Wiederholung in genialer Perfektion enden kann. Aber weshalb auch über den Tellerrand hinausschauen?
Und der Herr Amador (bei dem ich in der Vergangenheit grossartige, aber auch nicht so grandiose Erlebnisse hatte)? Der ist cool geblieben, denn „gesunde Konkurrenz macht alle besser“. Wo er recht hat, hat er recht.
Sicherheitshalber hab ich fast ein Jahr vergehen lassen, bevor ich mir erneut ein Bild über die Küche im Amador gemacht habe. Soll mir ja keiner voreilig ans Schienbein treten, falls das ganze nur ein kurzes Aufflackern an Genialität war, denn „Simmering gegen Karpfenberg…“
Und ich war positiv überrascht: Das Küchenteam von Juan Amador kocht auf Höchstniveau!
Sportlich habe ich die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigt, und bin von der U-Bahn in Heiligenstadt durch Gegenden gelaufen, in welche noch nie ein Ortsfremder und auch die meisten Einheimischen noch nie ihren Fuss gesetzt hat. Vorbei an den Balzrufen aufgeregter Jugendlicher an neben Gartenwegen gelegenen dunklen Spielplätzen. Um dann in Grinzing anzukommen; eigentlich für seine Heurigen berühmt und für die Busladungen von Touristen, welche gegen Provisionszahlungen zu diesen angekarrt werden, berüchtigt; doch auch die Heimat des Weingutes Wieninger. Ja, in Wien gibt’s guten Wein.
Und in einem zum Restaurant umgebauten ehemaligen Weinkeller befindet sich das Restaurant Amador. Ganz überzeugt bin ich ja von der Location noch nicht, doch sind frühe Sünden wie der Begriff „Wirtshaus“ im Name zumindest Verschwunden. Und optisch wirkt das ganze genauso spacig mit viel Weiss und Rot wie damals in Mannheim. Einzig die Hintergrund-Musik hätte einen Upgrade verdient.
Bei einem Glas Krug Champagner studiere ich die Karte. Das 7-Gang-Degustationsmenü ist mit 255 Euro angeschrieben, mehr Auswahl gibt’s nicht (und braucht es auch nicht). Die Weinbegleitung mit EUR 165, das wird ein Multiplikator zum Retail-Preis von sicher 4-6 sein, irgendwo muss man die Rendite ja machen.
Ach ja: die Qualität der Bilder in diesem Bericht hält nicht mit der Qualität der Gerichte mit. Juan Amador hat im März über die Medien verkündet, keine Bilder mehr von seinen Gerichten zu veröffentlichen und seine Gäste zu gleichem zu ermutigen. Davon merkt man im Restaurant zwar wenig (alle knipsen weiter ungestört mit ihren Mobiltelefonen, auch ich habe mir das erlaubt, aber den kleinen Fotoapparat ohne Blitz zu Hause gelassen), aber die Darstellung des gebotenen in den verschiedenen Online-Kanälen (und auch hier) ist einfach lausiger. Schade. Ein gelungenes Bild lässt die Emotionen am Tisch auch in Zukunft weiterleben. Ein schlechtes oder gar keines schreckt eher potentielle Gäste ab.
Zum Einstieg zunächst ein paar „Tapas & Snacks“, allesamt filigran komponiert und perfekt abgestimmt (die Sardine mit Birne ist nicht abgebildet, da vor dem Fotografieren bereits verspeist).Beispielhaft zu Beginn das Beef Tatar – sehr cremig, klare Aromatik, leichter asiatischer Touch (Sojasauce?), in Kombination mit einem tiefgründigen Beef Tea, welcher mit einem Ingwer-Eiswürfel aromatisiert wird („je länger sie warten, ums präsenter wird der Ingwer“); das mag einfach klingen, ist aber ganz grosse Klasse! (9+/10)
Weiter geht es mit einem Krustentiertatar mit Apfel, Gurke und grünem Jalapeño. Besonders gefällt mir bei diesem Gericht die Qualität und Frische des Tatars, der leichte Schaum ergänzt wunderbar. Dieser Gruss ist zurückhaltend-filigran mit einem leichten Tick an Schärfe, und wunderbar rund mit klarer Aromatik. (9/10)
Die geeiste Beurre Blanc ist einer der grossen Klassiker aus der Küche von Juan Amador; über die Zeit immer wieder variiert (vor ein paar Jahren in Wien z.B. mit Rotkraut), diesmal wieder in der wie mir scheint (und zu meiner Freude) in der ursprünglicheren Version.
Am Teller eine Nocke von Eis aus der klassischen, weissen Beurre Blanc Sauce, kühl, buttrig, mit einem Tick lebendiger Säure. Die Nocke Kaviar darauf steuert jodige, nussige Aromen bei. Dazu gemäss dem Service sous vide gegarte Austern, welche mit Limette und Limtettenabrieb verfeinert wurden; sowie ein Austernblatt (der Service versucht den Herren am Nachbartisch vergeblich zu überzeugen, dass dies nicht nur zur sofort zu entfernenden Dekoration gehört); und ein wunderbarer, alle Komponenten zusammenführender Haselnuss-Milchschaum mit leichtem, doch präsentem Aroma von gerösteten Haselnüssen; sowie mit kleinen kusprigen Komponenten (ich vermute, das waren die Malzbrösel).
Dieser Gang ist wirkt stilistisch nicht nur wie ein „typisches“ Amador-Gericht (und zurecht ein Signature Dish), er ist auch wunderbar abgestimmt, filigran und erneut mit sehr klarer Aromatik, er schmiegt sich zärtlich über die Geschmackspapillen des Essers. Ganz grosse Klasse! (9+/10)
Ja, Amador kocht international, er kombiniert die „besten Produkte“, woher sie auch kommen mögen. Das wird ihm manchmal vorgeworfen („wo ist das regionale?“, „wo ist das österreichische?“), doch das macht er in Perfektion. „Diese Küche könnte auch in New York, in London sein“ – ist das jetzt ernsthaft schlecht? Oder zeigt es nicht, wie grossartig die kulinarische Szene in Wien mittlerweile geworden ist (nicht nur Amador, sondern in ihrer ganzen Breite)?
Und keine Angst: Auch die eine oder andere österreichische Idee hat ihren Einzug in die Küche gefunden, und natürlich auch lokale Produkte. Wenn der nächste Gang auch ein „internationaler“ bleibt; Beim „Parfum de Siam“ werden vorzüglicher Kaisergranat mit einem perfekten Stück von der Wachtel, mit einem wunderbar runden grünem Curry und einer „falschen Erdnuss“ (gefüllt mit Erdnusscreme) grossartig kombiniert. (9/10)
Der Atlantik Steinbutt (erneut von sehr guter Qualität, wie alle Meerestiere des Abends) mit festem Fleisch ist auf einem dünn aufgeschnittenen Mangalitza-Schweizekopf gesetzt, eine sehr schöne Kombination. Dünne Scheiben vom Steinpilz geben erdige Aromen und viel Umami. Die Sauce mit Miso ist dezent, steigert die Umami-Noten weiter und verbindet die Komponenten. Und da ist sie wieder, diese Zärtlichkeit: Hier ist nichts plakativ oder übertrieben, sondern alles schmiegt sich an den Gaumen, und ruft „geniess mich“! (9+/10)
Vielleicht ist das nun folgende Gericht ja als eine „Cooking Challenge“ nach dem Besuch einer Skihütte in den österreichischen Bergen entstanden? Nach einer grossen Portion Kässpätzle und einem Wortgefecht „das war gut“ – „das kann ich besser“ – „beweise es mir“?
In jedem Fall sind das die ersten Kässpätzle, welche mir in einem vom Guide Michelin mit 3 Sternen ausgezeichneten Restaurant untergekommen sind. Gut gemachte Spätzle ohne Röstaromen, darüber als verblüffend gute Kombination Carabineros und weisser Alba-Trüffel. Dazu eine dünnflüssige, aufgeschäumte Käsesauce mit Spritz, dem „Schweizer Parmesan“, wie der Service annonciert (Käsebewusste Schweizer würden dem sicherlich zustimmen und den Parmesan als schlechte, weniger intensive Kopie des Sprinz ansehen).
Die Küche von Juan Amador demonstriert hier eindrücklich, wie man ein einfaches, eher grobes Gericht (das soll nicht heissen, das schlecht!) etwas rundes, filigranes und viel komplexeres machen kann, ohne die Herkunft zu verleugnen. Gelungen! (8+/10)
In zwei Gängen werden dann die „Steak Frites“ serviert: Zunächst mit Artischocken und einer Gänselebersauce wie auch einem „kleinen Beilagensalat“.
Dann Ozaik-Beef mit einer tiefgründigen, intensiven (und diesmal nicht so lebendig-leichten) Sauce und spanischen Erdäpfel-Churros mit leichter Süsse und einer schaumigen Sauce Béarnaise zum tippen. Tolle Zutaten, gut gemacht und präzise umgesetzt – für mich aber nicht ganz so beeindruckend wie manch einer der vorherigen Gänge. (8+/10)
Das Pre-Dessert ist dann „der erste Schnee“. Der war in diesem Dezember in Wien zwar nur ganz kurz da, schon ist wieder alles grau und nass. Doch die Kombination von Mandel, Birne, Topinambur und einem am Tisch dazugegebenen Birnenschnee ist sehr ansprechend. (8+/10)
Von der Idee her ein weiterer Klassiker aus der Küche von Juan Amador ist „The Cube“ als Dessert, diesmal mit Moosbeere, Kardamon und Granny Smith. Die Würfel sind aus Fruchtgummi, mit Granny Smith / Cranberry, Cranberry Sorbet und gestockter Milch mit Kardamon gefüllt und entwickeln – in dieser Reihenfolge gegessen – zunehmend mehr an Süsse. (8+/10)
Ein neuer Margenbringer in der Gastronomie ist der Kaffee, so meine Prognose. Ja, oft werkelt da heimlich noch die Nespresso-Maschine hinter der Küchentür (was affengestanden noch immer besser ist als ein Espresso aus einer schlecht gewarteten und bedienten Kaffeemaschine). Doch der ultimative Upsell ist natürlich eine Kaffeekarte mit all den grossen Namen zu, wenn ich mich richtig erinnere, Preisen von deutlich über 10 EUR. Da ist die Marge nochmals deutlich höher.
Und wenn ich mir auch manchmaleinfach den perfekten, konzentrierten italienischen Espresso mit schönen Röstaromen wünsche (fast schon ein wenig aus der Zeit gefallen, ja), ansprechend ist er schon der Jamaican Blue Mountain Espresso.
Und grossartig sind die dazu gereichten Petit Fours…
… wie auch eine Art Interpretation der Buchtel mit Zwetschke und einer Sauce Anglaise mit Vanille und Eigelb.
Als ich dann zu meinem Taxi laufe, wirkt mir das Michelin-Männchen noch zu.
Das Küchenreise-Rating
Ist bei Amador alles neu? Nein – Juan Amador baut auf seinen Klassikern auf, variiert diese und entwickelt sie sorgfältig weiter. Die frühen molekularen Spielereien aus der Zeit in Langen sind längst abgelegt. Was entstanden ist, sind runde, präzis abgestimmte, aromatisch klare und gefällige, ja fast schon „zärtliche“ Gerichte. Der manchmal rau wirkende Juan Amador ist zum zärtlichen spanischen Stier geworden, und seine Küche verführerisch auf sehr hohem Niveau.
Der Service im Restaurant Amador wird in den sozialen Medien sehr unterschiedlich kommentiert, bei meinem Besuch war sowohl Charme, Fachwissen wie auch Interaktion auf Augenhöhe voll gegeben und die Damen und Herren haben zum gelungenen Abend beigetragen.
Grinzing ist eine „exotische“ und wahrscheinlich auch nicht ganz einfache Location für ein drei-Sterne Restaurant, doch sowohl mit Taxi/Uber also auch öffentlich gut erreichbar. Die Räume im ehemaligen Weinkeller sind modern möbliert, das Publikum bei meinem Besuch ein Mix aus Wienerisch und mit internationalem Anteil.
Alles in allen eine sehr überzeugende Küchenleistung; und wer den Stil von Amador mag, der kann ihn hier wieder in Höchstform erleben.
Restaurant Amador in Wien (Österreich)
Bewertung Essen (?): | 9 / 10 |
Küchenreise-Rating (?): | 5 – unbedingt wieder |
Guide Michelin: | *** |
Gault Millau: | 18.5 / 20 |
Gusto: | – |
Küchenchef: | Juan Amador |
Adresse: | Grinzinger Str. 86 A-1190 Wien |
Telefon: | +43 660 90 70 500 |
Web: | restaurant-amador.com |
Kosten: |
Degustationsmenü (7 Gänge) EUR 245 |
Angekündigter Besuch (?): | Nein |
Einladung (?): | Nein |
Extras (?): | Nein |
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung. |
Danke für die Erwähnung, ist mir eine Ehre! Kann es sein, dass Sie meinen Text nicht gelesen haben?
https://www.derstandard.de/story/2000100648745/echauffierte-gastro-kritiker-in-deutschland-severin-corti-antwortet#story-community
Dessen ungeachtet ein aufschlussreicher Bericht wie man ihn selten bekommt! Danke und ein wunderbares 2020!
Ihr Severin Corti
Danke für den Kommentar!
Wenn man aus Wien in die “weite Welt” zieht, dann verändert sich vielleicht irgendwann der Blick auf das Zurückgebliebene.
Die Begeisterung für das Grossartige in Österreich, ja gerade auch im kulinarischen Bereich, die bleibt weiter. Und die in der Ferne Weilenden sind meist der engagierteste Botschafter der Qualität und Vielfalt österreichischen Essens (und und Weines).
So wie man sich auch in der Ferne noch mehr als 40 Jahre danach am legendären Sieg des österreichischen Fussball-Teams gegen Deutschland in Cordoba erfreuen kann. Doch realistischerweise sagen muss: Wenn der österreichische Fussball in den 40 Jahren danach nicht allzuviel erreicht hat (und auch in Cordoba nur die Deutschen “rausgeschmissen” hat, selber aber auch nicht weitergekommen ist), dann muss man entweder an der Qualität (den Rahmenbedingungen etc.) dieses Sportes arbeiten oder das akzeptieren. Einzig in Cordoba-Erinnerungen schwelgen bringt nicht wenig bis gar nichts. Aus der Ferne kann dieses Schwelgen dann ein wenig wie der kleine Bruder wirken, der eigentlich auf den Grossen neidig ist, aber es niemals zugeben würde.
In der Kulinarik ist Österreich besser als im Fußballl (ich hoffe, ich tue den österreichischen Fussballern jetzt nicht unrecht!). Und doch wirkt das Ganze aus der Ferne (vielleicht mein subjektiver Eindruck) immer wieder wie der kleine Bruder, der trotzig ist, weil der grosse bessere Noten bekommen hat, anstatt sein Talent auszuspielen, hart zu arbeiten und ihn auf diese Weise zu übertrumpfen.
Ich lese ihre Artikel gerne und regelmässig, die sprachliche Brillanz, die Begeisterung für gutes Essen, ja auch die Ironie bei Bröselteppich und Semmelflummi oder das am Kohlmarkt’er Denkmal nagen gefällt mir, lässt mir das Wasser im Munde zusammenlaufen oder mich gar laut loslachen. Und auch die erwähnte “Antwort” habe ich gelesen (auch wenn mir nicht mehr bewusst war, dass dort auch das Wort “echauffiert” ebenfalls verwendet wird).
Absolut fairer und richtiger Punkt: die Auszeichnung von Amador sollte nicht die österreichischen Köche (die vom Chef bis zum Geschirrspüler oft recht international sind) dazu animieren, alles eigenständige, lokale und regionale beiseite zu schieben, im Amador-Stil zu kochen und auf drei Sterne zu hoffen. Das wird nicht funktionieren.
Doch wenn das der wichtige Punkt ist, weshalb dann (klick-trächtige) Schlagzeilen wie die “Drei Sterne, die nicht funkeln”? Die These, das der Michelin einen Küchenstil fokussiert, welcher die Region nicht abbildet (viel reisend kann ich das nicht nachvollziehen). Die Kommentare zu den “teilweise jahrzehntealten” (wirklich mehr als 20 Jahre?) “Signature Dishes” aus “importierten Luxusporodukten”, welche im Kontext so wirkt, als wäre das schlecht? (Der Saibling in Bienenwachs im Steirereck könnte es auch irgendwann zum jahrzehntealten Signature Dich bringen). Die Message, im Amador wird “offensichtlich” auf Drei-Sterne-Niveau gekocht (also in Wirklichkeit ja nicht)?
Und die These, dass das deutsche Gourmet-Feuilleton “in Wut versetzt” ist und dies offenbar als persönliche Beleidigung empfunden hat, scheint mir trotz einiger weniger Artikel übertrieben. Und vielleicht ist die triumphierende Retourkutsche für die angebliche kalte Schulter ja auch nur ein kurzes Rauschen in der Flut der Artikel gewesen.
Österreich hat grossartige Köche, welche regional und mit lokalen Qualitätsprodukten kochen. Doch kann sich Österreich deswegen überlegen fühlen? Solche Köche gibt es affengestanden in Deutschland auch. Wie dort (und in vielen anderen Ländern) auch gar nicht so selten Sterneköche österreichischer Herkunft. Nur schien es bei Witzigmann niemanden gestört zu haben, dass ein Österreicher mit französischen Luxusprodukten kocht und dann auch noch fremdländisches wie Kaiserschmarrn macht. Und beim Sebastian Frank wird auch mehr diskutiert, ob und wann er einen dritten Stern bekommt, als über die doch sehr ausländische Küche in Besorgnis zu verfallen.
Und eigentlich könnte mir das ja ganz egal sein. Ich erfreue mich dann der österreichischen Küche wie an der deutschen (wie an jener anderer Länder); und wenn sie mich nicht erfreuen würde, dann fahre ich halt nicht mehr hin.
Und doch ärgert es mich. Weil mir scheint, dass es eben nicht hilft, Österreich auf dem kulinarischen Firmament (und in den Bewertungen auch internationaler Restaurant-Guide) noch weiter nach vorne zu bringen. Dazu braucht es den Ehrgeiz, sich (auf eigene Art und Weise, nicht als Copy Cat) mit den Allerbesten zu messen, ja diese übertreffen zu wollen.
Und der Standort ist ganz wichtig! Wenn das Potential an Gästen grösser ist (und dazu braucht es auch ausländische Gäste), dann lässt es sich auch wirtschaftlich leichter rechtfertigen, auf so hohem Level zu kochen. Und da ist es halt (bitte den trivialen Vergleich zu entschuldigen) wie mit einer Einkaufsstrasse: Viele gute Restaurants ziehen Gäste an, und die erlauben es noch mehr Restaurants zu florieren. Wien sollte seine Internationalität vermarkten, sollte die drei Sterne von Amador in die weite Welt rausposaunen. Das hilft den anderen, und den Ehrgeiz und das Können haben die schon, dass sie dann auch dorthin kommen können!
Langer Rede, kurzer Sinn: Den Standard am Internet lesen ist eine wunderbare Verbindung zu Österreich. Die Severin Corti Artikel dort sind unterhaltend und inspirieren für Kulinarisches bei Wien-Besuchen. Aber beim Amador bin ich halt nicht wirklich ihrer Meinung.
Gleichfalls ein grossartiges 2020!
Ein schöner Bericht. Er wäre wohl fast perfekt, würde man „Karpfenberg“ gegen der steirischen Ort „Kapfenberg“ austauschen.
Ist angepasst, ganz herzlichen Dank für den Hinweis!