Hauptgänge, welche in die 250 Euro Region vorstossen, und Vorspeisen / Desserts, welche auch schon 100 oder mehr Euro kosten können: Das klingt nach den exorbitanten Preisen in Guide Michelin 3-Sterne Restaurants in Paris. Und das ist sehr sportlich in einem 2 Sterne Restaurant in Leipzig.
Da ist das Passion Legere Menü im Restaurant Falco, ja hier sind die a la Carte Preise in diesen Höhen, mit EUR 229 ja noch verhältnismässig günstig. Doch auch hier gibt’s noch diverse, mit grossartigem Blick auf Leipzig zu geniessende Upgrades, z.B. „Off-White“ anstatt von „Foiergott Agni“ als Vorspeise (Aufpreis EUR 33) oder als Hauptgang mit „Wagyu Strip Loin“ anstatt „Limousin Kalb“ (Aufpreis EUR 44). Das ergibt dann in Summe stolze EUR 306, was leicht teurer ist das das vorzügliche Paris-Tokio Menü bei Christian Bau (inkl. dem Upgrade von Tajima Wagyu auf Kagoshima A5 Beef).
Doch genug der Mathematik: Was einen solch hohen Preis hat, muss ein Knaller sein. So meine Erwartung. Wie sehr ich doch enttäuscht wurde…
So richtig rund läuft es an diesem Abend eh nicht: Der Service wirkt etwas umkoordiniert, die Wartezeiten sind zu Beginn im 27. Stock des Westin-Hotels etwas lang.
Beim Servieren der Vorspeisen passiert dann auch noch ein Malheur, etwas fällt zu Boden und muss dann von dort mit etwas Mühe entfernt werden. Kann passieren, gar kein Problem.
Doch so richtig überzeugend sind diese Kleinigkeiten für mich nicht, das sind zum Teil sehr plakative Geschmäcker, welche nicht immer sauber abgestimmt wirken; und es ist in Summe recht ausgiebig. Und schon bevor die Vorspeisen aufgegessen oder die dazugehörigen Gerätschaften abserviert sind, wird schon der erste Gang gebracht.
„Heute haben wir iranischen Kaviar, der ist wunderbar und den bekommt man ja nur noch ganz selten heutzutage„, so oder so ähnlich war ein weiterer Upsell-Versuch bei diesem Gang. Der mich wahrscheinlich so (wenn ich mich an die a la carte Preise richtig erinnere) nochmals so 50 Euro gekostet hätte.
Nun hatte der Iran mal als Kaviarproduzent einen grossartigen Ruf (und damit spielt dieser Upsell-Versuch), doch das war, bevor die wild lebenden Störe fast ausgerottet waren. Heute produzieren sie wie viele andere auch Zuchtkaviar, und sicher keinen schlechten; doch das Alleinstellungsmerkmal scheint mir so nicht mehr vorhanden.
Doch alles egal, es hätte eigentlich auch Seehasen-Kaviar sein können. Denn kombiniert man Kaviar mit Brombeere, dann ist er nach meinem Geschmacksempfinden tot. Richtig tot. Hinausgeschmissenes Geld.
Und so geschieht es in diesem Gericht. Weshalb es „OFF – WHITE“ heisst, habe ich vergessen zu fragen. Die „Cool Skater Edition“ – die Küche hat sich Mühe gegeben mit einem Miniatur-Skateboard als Bestandteil der Tellerdekoration.
In der Mitte des Tellers befindet sich ein intensives, mit guter Säure wie auch Süsse ausgestattetes „Brombeer-Süppchen“. Lassen wir mal Schweinebauch und Zucchiniblüten (als Cracker und Tatar) – beides für sich durchaus ansprechend – beiseite, dann sind da noch die Brombeerstücke mit ihren adstringierenden Kernen. Und somit haben wir den Kaviar besiegt. Er hat keine Chance mehr. Wer den Fehler macht (wie ich), die Komponenten am Teller ein wenig zu mischen, der schmeckt Brombeer-Kerne und Brombeere intensiv.
Das ist nicht cool, auch nicht für Skater. Und schon gar nicht zu diesem Preis. (-/10)
Doch der Ausblick kann mich ablenken, die aufgeraute Glas-Tischplatte nervt dagegen mit Geräuschen beim Auflegen des Besteckes und der Teller.
Bluttaube und Amberjack (Gelbschwanzmakrele), das sind die Hauptzutaten des nächsten Ganges. Die Taube dünn aufgeschnitten, dazu ein angenehm-dezenter Haselnusspudding. Kirschen steuern wiederum eine präsente Süsse bei. Und da ist noch die „Kamikaze Marinade“ – die plakative Bezeichnung hätte mich warnen sollen. Kamikaze, das heisst Schärfe, und zwar genug, um etwa die Gelbschwanzmakrele sehr in den Hintergrund zu rücken. (7/10)
Der Knurrhahn überzeugt qualitativ, doch er musste wohl lange auf den Service warten (die erwähnten Situationen, wo das ganze nicht so koordiniert scheint) und ist schon eher auf der „gut durch“ Seite.
Die Kombination mit Fenchel ist ansprechend, die Sauce gefällt, die Austern gleichfalls; die „feurigen Tomaten“ steuern erneut eine plakativ wirkende Schärfe bei. (7+/10)
Das kleine Stück Steinbutt „aus der Gegend des Leuchtturms von Jument“ erleidet auch das Schicksal eines vielleicht zu spät abgeholten und daher für mich schon über den optimalen Garpunkt seienden Fisches, der dann Brillanz vermissen lässt.
Fein die Feldsalat-Creme und der Kalbskopf, ansprechend die leichte Säure in der Sauce. Ananas und Spargel sind weitere Begleiter. So richtig aromatisch klar und präzise abgestimmt wirkt das auf mich aber nicht, und wenn das Hauptprodukt am Teller nicht so richtig überzeugt, dann hilft der Rest wenig. (7/10)
Die Namen der Gerichte bleiben kreativ, nun bringt der Service die „feige Sau“. Wirklich heiss ist der Hauptdarsteller am Teller, der Bauch vom Klosterschein, geschmacklich aber sehr fein, einzig die Kruste etwas fest.
Sehr ansprechend der Fonds wie auch das in Butter kontierte Kohlgemüse, eine diesmal angenehme leichte Schärfe steuert der Ali Simon Chili bei. (8/10)
Als Erfrischung wird mir dann ein Gurkensorbet gereicht.
Klein doch wohlschmeckend die Portionen vom Kalbsherz (toll) und Kalbsbries (fein). Dazu gibt es ein Steinpilz-Pfirsichbeet, Senfkohl und kühle rote Gamberoni. (7+/10)
Auch beim Pre-Dessert spürt man die unkonventionelle Kreativität (und das sei sehr positiv gemeint) von Peter Maria Schnurr – ein Ohr aus Joghurt (mit einem „Wattestäbchen“) mit Yuzu. Das schmeckt gut, wirkt diesmal aber extrem kalt auf mich.
Bei „Orange is the new black“ wird dann Hokkaid mit Mandarine, Ricotta und schwarzem Nusspapier kombiniert. Was mir der Name des Gerichtes sagen soll, weiss ich nicht, doch das ganze ist – wenn auch eher säurebetont und nicht auf der ganz filigranen Seite – doch wohlschmeckend und gelungen. (8/10)
Die Signature-Petit Fours von Peter Maria Schnurr im Falco in Leipzig sind die Badeschlapfen, darauf ein wenig „Sand“ und zwei grüne, süsse Kugeln. Diese wirken auf mich allerdings so eiskalt, das meine (sonst nicht empfindlichen) Zähne schmerzen und sich mir deren Geschmacksrichtung nicht wirklich erschliesst.
Das Küchenreise-Rating
Leider hat mich die Küche im Falco – gerade in Relation zu den hohen Preisen – enttäuscht: Die Gerichte wirken plakativ, oft von z.B. Schärfe dominiert und nicht filigran abgestimmt. Kompositionen wie Kaviar mit Brombeere (Süsse, Säure, Kerne mit Tannin) wirken auf mich absolut nicht funktionierend. Die Kreativität der Gerichtebezeichnungen und mancher Zutaten scheint wichtiger (geworden) zu sein als der Geschmack der Gerichte.
Und auch sonst scheint einiges nicht so richtig geklappt zu haben bei meinem Besuch: Mal war ein Element viel zu heiss, mal wirkte eine Zutat wie „zu lange wartend und nicht abgeholt“ (und auch das Beobachten des Services liess ähnliches Vermuten), mal waren Elementen „Freezing cold“.
Peter Maria Schnurr hat sich im Falco einen guten Ruf erarbeitet mit viel Kreativität, einer eigenständigen Küchenlinie und hohen Bewertungen in den diversen Führern. Ich möchte das respektieren, doch am Abend meines Besuches hat mich das (preislich sehr ambitionierte) Essen nicht überzeugt.
Restaurant Falco ** in Leipzig (D)
Bewertung Essen (?): | 7 / 10 |
Küchenreise-Rating (?): | 2 – kaum wieder |
Guide Michelin: | ** |
Gault Millau: | 19 / 20 |
Gusto: | 10 / 10 |
Küchenchef: | Peter Maria Schnurr |
Adresse: | Westin Hotel Gerberstrasse 15 D-04105 Leipzig |
Telefon: | +49-341-988 27 27 |
Web: | falco-leipzig.de |
Kosten: |
Menü EUR 229 / EUR 262 (mit „Off White“ als Vorspeise); Aufpreis von EUR 44 für Wagyu Strip Loin (statt Limousin Kalb) beim Hauptgang |
Angekündigter Besuch (?): | Nein |
Einladung (?): | Nein |
Extras (?): | Nein |
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung. |