Voller Erwartungen
„Enttäuschung ist das Ergebnis falscher Erwartungen“
(Unterschiedliche Quellen auf Google)
Und unsere Erwartungen waren hoch. Sehr hoch. Das Ikarus kocht jeweils für einen Monat das Menü eines aussergewöhnlichen Gastkoches, einmal im Jahr gibt es auch einen „Ikarus“ Monat. Es hat 18 Gault Millau Punkte. Dann noch einen Michelin Stern. Jede Menge gute bis euphorische Medienartikel. In der „Leserwertung“ des Falstaff Magazines unglaubliche 100 von 100 Punkten. „Unsere Tester schweben dort, stolz wie Ikarus, ohne jemals abzustürzen“, steht dort geschrieben.
Doch nachdem Samos und Delos zur Linken und Lebinthos zur Rechten passiert waren, wurde Ikarus übermütig und stieg so hoch auf, dass die Sonne das Wachs seiner Flügel schmolz. Nein, im Restaurant Ikarus ist das Wachs der Flügel nicht geschmolzen. Die Location ist beeindruckend, unser Taxifahrer bemerkte „Schön, wieder mal dort hinzufahren. Der Hangar 7 zeigt, dass moderne Architektur schön sein kann“. Der Service ist perfekt. Viele Details beeindruckend. Doch die Küche hielt an diesem Abend nicht so ganz, was wir euphorisch erwarteten. Achtung – das bedeutet noch immer toll. Aber eben, Enttäuschung ist das Ergebnis falscher (in diesem Fall übersteigerter) Erwartungen…
Das Ikarus ist Teil des Hangar 7, einem futuristischen Hangar am Flughafen Salzburg, von Red Bull mit Flugzeugen, Formel 1 Wagen, einer Bar (oben an der Decke, mit Glasboden) sowie dem Restaurant Ikarus ausgestattet. Die Bilder zeigen den Blick in den Hangar:
Das Restaurant ist klein und überschaubar, einige Plätze befinden sich draussen auf der Terasse direkt zum Hangar (Achtung, laut Reservierungsbestätigung kann es dort in den Sommermonaten heiss sein).
Emmanuel Renaut war der Gastkoch des Monats Juni 2011, wir wählten daher das ‚Menü Emanuel Renaut‘ mit der passenden Weinbegleitung.
Unser Dinner im Restaurant Ikarus Hangar 7 in Salzburg
0. Snacks:
Champagne Jacquesson Millésime 2002
0.a Parmesancreme
0.b Croûton mit Fischeiersahne
0.c Tartelette mit Kräutern und Radieschen
0.d Geräucherter Fisch mit Blini
Sehr verlockende Kleinigkeiten zum Einstieg. Im Hintergrund die Butter, der Brot und Butter Wagen bietet eine Auswahl an 5 verschiedenen Butter-Sorten (gierig, wie wir sind, wählten wir einen Querschnitt aus allen fünf). Dazu nur 2 Brotsorten (Sauerteigbrot, Baguette), aber diese sind schlicht und einfach Baguette. Im Supermarkt aufgebackenes Fertigbaguette ist schrecklich, Baguette vom ’normalen‘ Bäcker oft auch nicht so beeindruckend. Eines von den besten Bäckern – oft in Frankreich – ist wow, und ebenso war jenes im Ikarus. Das dunkle Brot schliesst sich diesem Standard an.
Der Jahrgangschampagner war einer der beeindruckendsten Champagner, an welche wir uns in jüngerer Zeit erinnerern; mit EUR 29 allerdings auch nicht der billigste. Und, wie gerade bei der Google Recherche zum Schreiben dieses Artikels gefunden, von Vinum im Extra Chamagner 2010 wohl zum besten Jahrgangs-Champagner (gemeinsam mit Krug) mit 20 von 20 Punkten ausgezeichnet.
0.e Gebackene Kugel mit Räuchermilch
Auch diese – innen flüssig – gefielen.
1. Tomatensalat in verschiedenen Texturen
Holunder blanc
Der akribische Leser des Küchenreise Blogs mag es ein wenig erahnen – wir schätzen Tomate in verschiedenen Texturen; in allen kreativen Varianten, die es da so gibt. In dieser obenauf eine dünne Scheibe gefrorene Tomatensuppe, dazu Tomaten.Concassée (kleine Tomatenstücke, entkernt und ohne haut, sanft geschmort), weissen Tomaten, Tomatensud, oben Bohnenkraut (?). Gute Kombination, wenn auch nicht spektakulär.
Dazu ein Weisswein mit Hollunder.
2. Polenta mit Steinpilzen und schwarzem Trüffel
2007 Sancerre „Monts Damnés“, Géerard Boulay, Loire, Frankreich
Schön gings weiter mit Polentascheibchen, darunter Stücken vom Steinpilz und schwarzen Trüffeln.
3. Mille-Feuille von Kartoffeln, Karotten, Pfifferlingen und Kräutern
2009 „Les Calinaires“, Domaine Gauby, V.d.P. des Cotes Catalanes, Roussillon, Frankreich
Ein Mille-Feuille vom Gemüse, schön ergänzt mit Haselnussöl; auch am Ikarus Website als das prägnanteste Bild zum Menü abgebildet. Gute Idee, doch im Mille-Feuille fehlte irgendwie der Kick. Ein wenig mehr Salz hätten wir begrüsst, oder einen anderen Geschmacksträger, welcher das Gemüse mehr zusammengefügt und noch intensiver an den Gaumen gebracht hätte.
4. Flusskrebse mit Hecht und Campari Kohlrabi
2008 Bourgogne Blanc, Vincent Dancer, Chassagne-Montrachet, Burgund, Frankreich
Ein Highlight des Abends. Flusskrebse in Perfektion – butterzart, intensiv, wunderbar! dazuein Hechtmousse, oben drauf eine hauchdünne geröstete Brotscheibe (diese war – wie auch immer – fest am Hechtmousse ‚fixiert‘?!), köstlicher Sud rundherum. Die Campari-Kolrabi sind uns wohl entgangen. In Summe ein ganz toller Gang.
5. Saibling mit Erbsengnocchi
2010 Little James‘ Basket Press, V.d. Pays d’Oc, Chateau de St. Cosme, Frankreich
Sehr feiner Fisch, gute Erbsen, der Erbensud vielleicht nicht ganz so intensiv, was aber durchaus Intension sein kann. Der Saiblingskaviar obendrauf – generell eine etwas schwierige Sache, da einerseits recht geschmacksintensiv und andere Aromen/Geschmäcke leicht verdrängend, und andererseits texturell manchmal mit fester Hülle etwas ’sehr knackig‘. Also je nach geschmacklichen Vorlieben gefällt er mehr oder weniger, optisch ist er natürlich sowieso die perfekte
6. Sautiertes Kalbsbries mit Holunderblüte und Morcheln
2003 Spätburgunder „Res“, Weingut Freidrich Becker, Schweigen, Deutschland
Das Kalbsbries gross und recht fest von der Konsistenz, hier haben wir schon solche gegessen, welche uns mehr zusagten. Gut die Sauce und die Morcheln.
7. Rinderfilet mit Speck, Zwiebeltarte und souflierten Kartoffeln
2009 Gigondas, Chateau de St. Cosme, Rhone, Frankreich
Das Rinderfilet von ausgezeichneter Qualität. Die souflierten Kartoffeln sehr interessant – eigentlich eine hohle Kartoffel, eine Chips-Hülle in Form einer Kartoffel – wäre interessant zu wissen, wie man diese zubereitet. Darauf angekündigt Salz – und genau dieses war nicht vorhanden und wurde stark vermisst.
Die Zwiebeltarte sehr intensiv zwiebelig, zu intensiv für unseren Geschmack; trotz dem ‚rustikalen‘ (nicht negativ gemeint) Fleisch in Speck eingewickelt.
8. Käse
Der Käsewagen, beindruckend. Die Portionen, so grosszügig sollte Spitzengastronomie immer sein. Wer bis jetzt noch nicht satt geworden ist, kann es am Käsewagen, wenn gewünscht, problemlos werden. Geliefert wenn wir uns korrekt erinnern von Maitre Antony. Gut, aber wer z.B. im Piment im Hamburg schon eine Scheibe alten Comté genossen hat, oder wer im Brot & Butter ein Stück vom 3-jährigen Comté ersteht und zu Hause geniesst, wird zumindest von dieser Sorte mehr beeindruckt sein als wir im Ikarus.
9.Zitrone
2009 Jurancon „Uroulat“ Charles Hours, Südwest, Frankreich
Dann das erste Dessert, die Zitrone in Zitronenespuma, sehr fein.
10. Überraschungsdessert
Zum Dessert dann zwei unterschiedliche Varianten, einmal für die Dame eine Rhabarbertarte und Baiser:
für den Herren Schokolardentarte, Milcheis und ebenfalls ein Stück Baiser (?) mit Raucharomen – die perfekte Alternative zur Zigarre!
11. Süsses
Zum Kaffee noch Süsses vom Wagen, köstlich. Für das Timing der Speisenfolge an dieser Stelle auch noch ein grosses Kompliment, weder zu schnell noch zu langsam; einfach perfekt!
Das Finanzielle:
Die Rechnung: Ein Abend im Ikarus ist an der oberen Grenze der Salzburger Top-Gastronomie angesiedelt; mit allem Drum und Dran gut über EUR 600 für 2 Personen.
Und zum Abschied noch ein Blick auf den abendlich illuminierten Hangar 7:
Unser Küchenreise-Rating:
Vergleichen wir das Ikarus mit dem Obauer oder Döllerer, dann haben uns diese küchentechnisch mehr fasziniert, und das zu günstigeren Preisen. Wenn wir wieder mal in der Gegend sind, gerne mal wieder, doch vermutlich erst wenn nach einem Besuch der beiden Alternativen noch Zeit bleibt.
Eine Ausnahme vielleicht im September, wenn das Menü von Alvin Leung vom Bo Innovation (2 Michelin Sterne) in Hong Kong kreiert wird, welches zumindest dort exzellent mundet – chinesische Küche modernst interpretiert (oder – lt. website ‚X-treme Chinese Cuisine‘).
3 – Wenn es sich ergibt wieder
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder)
Ikarus – Hangar 7
Salzburg Airport
Wilhelm-Spazier-Srasse 7A
A-5020 Salzburg
Ja wenn man hohe Erwartungen hat. So erging es auch uns vor kurzen bei Bau –Perl. Gut, ja sehr gute Küche, aber die sehr hohen Erwartungen die wir an diesen Abend stellten, konnten nicht erfüllt werden.