Trump’s Sweet Sixteen

Er ist in aller Munde, und das hier ist nicht eine neue Schlagzeile über noch jüngere Damen, die der Donald haben wollen würde. Es ist mein Bericht über ein gelungenes wenn auch nicht günstiges Dinner bei diesem Mann ohne Geschmack. Dem Anwärter auf die Präsidentschaftskandidatur ohne Format, dem gescheiterten Unternehmer, dem lachhaften Hotelier, dem vielleicht unappetitlichsten Amerikaner, den wir seit langem zu Gesicht bekommen haben.

An diesem Abend in Chicago ist es wie verhext, alle guten Restaurants sind entweder geschlossen oder ausgebucht, und ich war auch zu kurzfristig unterwegs, um besser geplant zu haben.

Außerdem war vor einem halben Jahr die Peinlichkeit der Trump-Kampagne erst ein Gerücht, und noch keine Gewissheit. Was ich ahnte war, dass ein „Hot-Trump-Dog“ vielleicht schmackhaft ist. Die Wurst mindestens doppelt so lange wie die angeblich sehr kurzen Finger des Kandidaten. Oder daß ein Trump-Burger mehr Fleisch als jedes andere Laibchen haben muss, plus oben drauf Blattgold. Making America great again.

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Ständig habe ich das Bild des Mannes im Kopf, den schon einst das Spy Magazien (März 1988) als Short-Fingered Vulgarian bezeichnet hat.

Was weiß der denn von Küche? Von Kombinationen der Texturen, und Geschmäcker? Was kann ein Restaurant in seinem Namen bieten an Form, Gehalt und Intelligenz der Speisen?

Zwar hat der Guide Michelin die Küche von Thomas Lents im Sixteen mit zwei Sternen ausgezeichnet, aber ich bin skeptisch. However, wie die Amis sagen würden, I’m in for a treat. In ein paar Stunden werde ich verblüfft und begeistert sein.

Mein Dinner im Restaurant Sixteen in Chicago

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Protzig leuchtet mir der Schriftzug TRUMP schon von weitem entgegen! Und auch das Entrée des Hotels ist amerikanisch-pompös. Mit dem Lift fahre ich hoch in den sechzehnten Stock, betrete dort das Restaurant Sixteen.

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Auch hier hat man, das ist mir nach einem schnellen Blick sofort klar, durchaus nicht mit Pomp gespart.

Über neun Meter Hoch ist der Raum. Durch die grosse Glasfront habe ich direkten Blick auf die Skyline und auf eines der Wahrzeichen von Chicago, dem Wrigley Building Clock Tower.

Im Publikum sitzen keine Hipster wie vielleicht in einem angesagten Restaurant in Berlin. Hier tragen die Herren noch Anzug, hier zieren sich die Damen noch mit auffälligem Klunker am Hals.

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So beschliesse ich, mich zu betrinken. Schwierige Situationen in Restaurants lassen sich so oft leichter meistern.

Der Champagnerwagen naht, und wenn hier schon geprotzt wird, dann lässt sich das mit einem Glas Dom Pérignon sicher besser observieren. Ein Benediktinermönch  hat ihn erfunden, heute schenkt Super-Donald diesen Schaumwein zum Apéro aus.

Doch jetzt bin ich überrascht. Der Service ist ja gar nicht schreierisch. Vielmehr wirkt er weltläufig, kompetent und entspannt.

Und wo ist der Zeitdruck, wie man ihn in amerikanischen Restaurants gerne auf den Gast ausübt? Time is money, you know. Hab ich ja erst gestern im Drei-Sterner Grace (Minutenpreis USD 6) erlebt.

Ach, jetzt stellt sich sogar noch ein netter Kellner aus Bern vor. Der Service hat seine Hausaufgaben gemacht. Meine Nummer unverkennbar aus dem deutschsprachigen Raum. Da schickt man den sympathischen Schweizer auch noch vorbei. Allmählich fühle ich mich entspannt, und das liegt nicht nur am Champagner.

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Und dann kommt die Kiste. Die Schatzkiste.

Aus Holz gefertigt offenbart sie nach dem Öffnen verschiedene Produkte aus dem heutigen Menü. Mit Kleinigkeiten zum probieren, wie Kürbisgel, Rettich in essbarer Erde oder Makrele mit Kürbis. (7+/10)

Das Motto des Menüs ist „Food in Progress: Assessing the American Food Revolution“. Das klingt doch wesentlich besser als ein undifferenziertes Make America Great Again. Auf einer kleinen Holztafel werden mir die Wahlmöglichkeiten zum heutigen Menü gezeigt.

Einzig beim Preis der luxuriöseren der beiden Weinbegleitungen wird es noch einen Moment schreierisch. 750 Dollar, das sind mit Sales Tax und obligatorischem Trinkgeld um die 900 EUR.

I. From the Garden

TOMATO GELEE, QUINOA, AVOCADO AND SORREL

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Der Einstieg in das Menü ist ein Tomatengelee, sehr kleine Mini-Tomaten, Avocado, Quinoa und Sauerampfer, am Tisch wird noch ein kühles Sorbet darüber gestreut.

Auf kleinem Raum ist das ein gut abgestimmtes, abwechslungsreiches Gericht mit intensivem Tomatengeschmack und abwechslungsreichen Texturen und Temperaturen! (8/10)

PEA ESPUMA, LEMON, MINT AND ESPELETTE

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Beim nächsten Gang fällt mir Rohkost in Perfektion ein.  Dünn aufgeschnittenes Gemüse, Erbsen-Espuma, Minze und mehr wird zu einem vorzüglichen Teller kombiniert – rohe, manchmal erdige Geschmäcker mit genau dem richtigen Tick an Säure und Lebendigkeit. (8/10)

FRESH PRESSED CORN, SUMMER SQUASH, ALMOND AND ROYAL OSETRA CAVIAR

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Ein am Tisch angegossenes Mais-Juice mit Süsse und einem feinen Tick Schärfe , Sommerkürbis, eine Hauch Bitterton von Mandel, wieder steht ein wunderbar abgerundetes Gericht vor mir. Einzig der Osetra Kaviar tritt hinter der Süsse des Gerichtes zu sehr in den Hintergrund. (8/10)

BABY GEM LETTUCE, BURNT BREAD, SERRANO HAM AND LEMON CONFIT

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Der Salat im nächsten Gang wurde gegrillt und dann im eigenen Saft geschmort. Sehr schön passen dazu der Serranoschinken und das angekohlte Brot, im Hintergrund der warme Geschmack von Zitronenconfit. Ansprechend und mit tollen Texturen, doch geschmacklich würde ich mir ein wenig mehr Power wünschen. (7+/10)

Nun wird mir auch Brot zunächst im Ganzen in einer Kupferschale gezeigt, dann an den Tisch gebracht.

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Nun wird mir auch Brot zunächst im Ganzen in einer Kupferschale gezeigt, dann an den Tisch gebracht.  American Food, Farminng, auch eine Show wird einem hier geboten, doch erfreulicherweise: Form always follows function!

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Eine kurze Pause nutze ich, um den verglasten Wein-„Keller“ zu betrachten. Ein kurzer Ausflug in die fast schon vergessene Trump-Welt: Hier wird alles präsentiert, was Rang und Namen hat und natürlich teuer ist.

II. The Farm

THE THIRD PLATE: BARLEY PORRIDGE, ESCARGOT, MUSTARD GREENS AND JUICE 

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Thematisch bin ich nun beim Menüabschnitt The Farm angelangt. Vor mir steht ein Gerstenbrei mit Schnecken und Senf. Was eindimensional klingen mag, ist in Wirklichkeit schlicht grossartig, hier wird Getreide auf das allerfeinste inszeniert!

Das Ganze ist rund, erneut texturell abwechslungsreich, wunderbar abgeschmeckt, süffig und schlicht und einfach zum Versinken schön! (8+/10)

III. The Sea

SHELLFISH: A BOUNTY LOST, A LESSON LEARNED

* POACHED SHIGOKU OYSTER, TAJARIN, ANISE CREAM AND SEAWEED

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Im Zentrum des nächsten Gerichtes steht eine pochierte Shigoku-Auster. American Farming – die Auster stammt aus einem Betriebes an der Pazifik-Küste, welche sich schon seit 1890, heute in der fünften Generation, Schalentiere züchtet.

Lange vorbei ist die Zeit vor der Meeresverschmutzung, in welcher selbst das Hafenbecken von New York voll mit diesen war. Doch die Zucht von Austern & Co hat sich als gute Alternative erwiesen.

Kombiniert wird meine Auster mit Tajarin-Nudeln, Algen und einer AnisCreme. Das ergibt ein fesselndes Spiel der Jodigkeit des Meeres mit Süsse und der Bitternote des Anis! (8+/110)

* ROAST LOBSTER WITH PINE, SUCCULENTS AND NORA PEPPER ROMESCO

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Der Hummer war ja einst ein Arme-Leute Essen nicht nur in Amerika. Zwischenzeitlich hat er sich zum Luxusprodukt gewandet.

Mir gefällt die Kombination mit Macadamia-Nüssen, Rosinen Sukkulenten und Romanesco, wenn ich auch den Hummer wie so oft ein wenig zäh und auch belanglos finde. (7+/10)

IV. The Ranch

POULTRY: A CHICKEN IN EVERY POT

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In einem vom Farming geprägten Land fand sich ein Huhn in fast jedem Topf, und dies ist auch das Thema der nächsten Gänge. Zuerst wird mir das Huhn noch im Ganzen in einem grossen, gusseisernen Topf gezeigt.

* BREAST OF YOUNG HEN, AUSTRALIAN BLACK TRUFFLE, LEMON CONFIT AND BRAISED LEEK

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Anschliessend wird die wunderbar zarte und geschmackvolle Hühnerbrust angerichtet mit schwarzem Trüffel aus Australien und einem Zitronenconfit gebracht. Eine tolle Kombination, einzig der geschmorte Lauch dazu ist eher faserig. Zu trinken dazu gibt’s einen Rotwein von Moric aus dem österreichischen Burgenland. Ich muss sagen, ich bin entspannt und zufrieden, mir gefällt dieser Abend ausgezeichnet! (8/10)

* HEN’S THIGH AND OYSTER, APRICOT MOSTARDA, CALABRIAN CHILI AND PARMESAN

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Nun folgen weitere Stücke vom Huhn,  der Schenkel und das Pfaffenstück (Sot l‘y laisse), welches an die Tradition der italienischen Einwanderer erinnert, welche nahezu alle Stücke vom Huhn zu verwerten wussten.

Am Teller dann noch Mostarda mit Aprikosen, hauchdünn aufgeschnittene Chilli, Parmesan, hauchdünne Scheiben von rohen Pilzen und eine 25-jähriger Aceto Balsamico, welcher mit einer Pipette am Tisch über das Gericht geträufelt wird.

Ich geniesse Bissen für Bissen, ein schönes Gericht, wenn auch ein wenig zu sehr von der Schärfe des Chili dominiert und damit einen Tick zu eindimensional. (7+/10)

V. Cheese

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Dann wird er angekündigt, der „beste Käsewagen von Chicago“. Mangels umfassender statistischer Evidenz kann ich diesen Superlativ ja nicht hinterfragen, doch so umfassend wirkt die Auswahl ja nicht.

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VI. The Field

EARL GREY TEA GRANITE, AFRICAN BLUE BASIL AND CHERRY CONSOMME

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Das Pre-Dessert, Gratiné vom Earl Grey Tee mit Kirschsaft und blauem Basilikum finde ich erfrischend, doch etwas belanglos. (6/10)

TEA SEEKING WHAT WAS LOST

* MATCHA GENOISE, RICOTTA CREAM AND RASPBERRY MILK JELLY

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Ganz ansprechend ist dann die Kombination von Himbeere, einer Himbeer-Rolle mit Ricotta-Creme und  luftigem Matcha-„Schwamm“. In der Weinbegleitung gibt es dazu einen modischen Sparkling Sake, welcher das Gericht mit angenehm bitteren Noten gut ergänzt (7/10)

* MINT AND GOAT CHEESE, COMPRESSED WATERMELON, DOMAINE DE CANTON TAPIOCA AND BROWN BUTTER STREUSEL

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Auch das dritte Dessert kann mich nicht so richtig begeistern. Pfefferminze, Ziegenkäse und Wassermelone harmonieren zweifelsohne, doch sind nicht so richtig überzeugend abgeschmeckt.

Die Domene de Canton Tapioka-Perlen sind zwar mit Ingwer aromatisiertem Likör zubereitet, doch schmecken genauso eindimensional wie Tapiokaperlen halt so schmecken. Und auch der Butterstreusel katapultiert das ganze nicht mehr in ungeahnte Höhen. (6+/10)

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Allmählich beginnt sich das Restaurant zu leeren. Ach wie geniesse ich es, in Ruhe zu essen, entspannt meinen Wein zu trinken, ohne dass jemand meinen Tisch endlich wieder und noch einmal besetzen möchte!

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Fast schon meditativ ist der Ausblick auf den Wrigley Building Clock Tower für mich geworden. Das Weinglas schwenkend, von Zeit zu Zeit einen kleinen Schluck nehmend betrachte ich, wie der sich Minutenzeiger hoch oben auf dem Turm langsam im Uhrzeigersinn bewegt.

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Doch nun ist es Zeit für einen Espresso. Nicht ohne alles, verschiedene gar köstliche Petits Fours werden mir noch dazu gebracht. Ich geniesse…

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Als ich dann dem Chicago River entlang nach Hause spaziere, realisiere ich erst so recht die besondere Magie dieses Abends.

Das Sixteen zelebriert eine Treue und Ergebenheit dem amerikanischen Boden und seinen Erzeugnissen, dem Wasser und der Luft, die der Donald nicht bieten kann. Klasse, Rafinesse und Können.

Der Gegensatz irritiert, aber das Restaurant überzeugt. Ich überlasse den Schluß den Lesern… und hoffe bloß, daß es fürs Chicagoer Sixteen nicht heisst You are fired!

Unser Küchenreise-Rating

Die Küche im Sixteen hat ein Thema: Das kulinarische Erbe, die essensmässige Vielfalt eines landwirtschaftlich geprägten Amerikas.

Und Thomas Lents und Team setzen dieses mit viel Kreativität und auf hohem Niveau um. Ausgezeichnete Produkte, klare und fein abgestimmte Aromen und eine handwerklich auf sehr hohem Niveau stehende Umsetzung überzeugen! Aussergewöhnlich ist die Weinauswahl.

Die Räumlichkeiten des Restaurants gefallen mit toller Aussicht auf die Skyline von Chicago. Und der Service ist weltgewandt, kompetent und charmant, und der Gast hat alle Zeit dieser Welt, sein Menü zu geniessen.

 

Restaurant Sixteen im Trump Tower, Chicago (USA)

Bewertung Essen (?): 8 / 10
Küchenreise-Rating (?): 4 – gerne wieder
Guide Michelin: **
Gault Millau:
Gusto:
Küchenchef: Thomas Lents
Adresse: 401 N Wabash Ave US – IL 60611 Chicago
Telefon: +1-312-588 80 30
Web: www.sixteenchicago.com
Kosten (Rechnung): Ca. USD 600 incl. Tip (1 Person)
Angekündigter Besuch (?): Nein
Einladung (?): Nein
Extras (?): Nein
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung.

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My so-called Food Blog (2015) Autumn Menu
Andy Hayler (2014) Sixteen
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