Neue nordische Küche
Unterirdisch, in den Gewölben des Kellers eines Herrenhauses aus dem 17. Jahrhundert im Zentrum von Kopenhagen ist das AOC gelegen. Schreitet der Gast die Stiegen hinunter zum Restaurant und betritt es, so wird er freundlich empfangen und dann in die stilvolle Lounge geführt.
Bei einem Aperitif und ersten Kleinigkeiten aus der Küche ist dort auch die Gelegenheit, die Menü- und die Weinkarte zu studieren. Das Menü wird in zwei Varianten angeboten, der normalen und ‚a little less‘, dazu gibt es zwei unterschiedliche Weinbegleitungen (eine exklusivere / eine einfachere, beide wie in Dänemark leider üblich recht hochpreisig).
Die Vorfreude wächst auf das Menü aus der ‚neuen nordischen‘ Küche von Søren Selin im Restaurant von Christian Aarø, und wie sich zeigen wird, gibt es auch auf und neben dem Teller eine Menge Show zu beobachten.
Dinner im Restaurant AOC in Kopenhagen
Snacks & appetizers, multiple servings
In der Lounge startet das Menü dann mit einer Serie von Appetizern, etwa einem Röllchen mit Kohl oder Brokkoli.
Danach zwei Bällchen, eines mit Kartoffel und Käse, eines wohl mit Rentier-Mousse. Letzteres schmeckt staubig und erinnert von der Konsistenz fast an Styropor. Nein, das war nicht in der „dieser Teil ist Dekoration, bitte nicht mitessen“-Liste! (6/10)
Sodann verlagert sich das Geschehen in die Restaurant-Räumlichkeiten.
Hay-baked celeriac, brown butter emulsion, fish roe
Die Kartoffel 2.0 ist dann eine neue Kartoffel, welche im Heu gebacken und mit Heu-Essig besprüht wurde. In die dazu gereichte Braune Butter und den Fischroggen eingetaucht ergab das eine den Kartoffelgeschmack sehr schön inszenierende Kleinigkeit. (6+/10)
Pancake
Als nächster Appetizer dann ein Pfannkuchen mit verschiedenen Zutaten wie Blüten vom Frühlingszwiebel, Kresse, Tatar vom Ochsen, Fischrogen, Petersiliencreme, Meerrettichcreme und ein rote-Beete Pulver (von rechts nach links).
Mit Hilfe eines Art Holzmessers werden die Gäste instruiert, die Zutaten auf den Pfannkuchen zu geben, diesen dann einzurollen und zu geniessen. Obgleich von der Handhabung eher schwierig, ist das Ganze interaktiv im positiven Sinne und das Ergebnis gefällt auch kulinarisch sehr gut. (7+/10)
Danish witch flounder topped with burnt hollandaise
Weiter geht es mit einem Stück Flunder aus Dänemark, welche mit einer vorzüglichen Hollandaise gratiniert ist. (7/10)
German Turnip with Danish oysters
Wieder eine grosse Show ist dann der auf Eis servierten Kohlrabi, in welchem sich Dänische Austern, fermentierte Kohlrabi-Stücke und darüber eine Schicht von Estragon Creme Fraiche befinden. Die Kohlrabi-Würfelchen sind schön knackig, die Austern steuern eine jodig-salzige Meeresnote bei, die Creme verbindet die Elemente wunderbar. Eine tolle Kombination! (8/10)
Sea scallop with fermented asparagus
Danach folgte eine Jakobsmuschel, welche – verspielt und erst auf den zweiten Blick erkennbar – wie ein Fächer aufgeschnitten war, dazwischen eine Creme mit fermentiertem Spargel. Begleitet war das Ganze mit einer Sauce mit Sauercreme und Dill. (8+/10)
Bread & butter
Nun wird mir ein Roggenbrot gebracht, dazu gesalzene Butter und Butter mit Nori-Algen.
Onion with caviar & elderflower
Beim nächsten Gang dann erneut Showtime, am Tisch wird zubereitet: Eine gebackene Zwiebel wird am Tisch von ihrer Schale befreit und in einem Teller auf eine Zwiebel-Bernaise Creme gesetzt, dazu wird dann ein wenig Holundersaft gegossen. Oben drauf noch eine Nocke Kaviar, und fertig ist ein spannendes Gericht.
Leider ist die Zwiebel sehr heiss, ja zu heiss, und auch noch sehr fest und damit schwer zu essen. Sie dominiert geschmacklich die anderen Komponenten, lässt aber erahnen, dass dieses Gericht bei perfekter Umsetzung ein aussergewöhnlicher Wohlgeschmack sein muss. (7/10)
Grilled & poached king crab
Die Königskrabbe wurde im ersten Teil des Gerichtes auf Wacholder gegrillt und wird in Kombination einer Creme vom Kabeljau-Roggen gebracht. (8/10)
Als zweiter Teil des Gerichtes dann ein geschmacklich zurückhaltender ‚Dumpling‘ mit gedämpftem Schulterfleisch von der Krabbe mit Lardo umhüllt, serviert in einem Kartoffelsud. (7/10)
Danish Lamb: Romaine salad & rack with ramson butter
Nein, das ist kein Fisch. Auch wenn der gegrillte Kopfsalat im ersten Teil des Gerichtes optisch ein wenig daran erinnert. Der Showmaster will bestimmt nur ein wenig verwirren und überraschen.
Der Kopfsalat wird von Spinat/Kopfsalat-sauce und einer Sauce von der Lammzunge schön begleitet. (7/10)
Im zweiten Teil des Gerichtes dann rosa gegartes dänisches Lamm, eher fest im Fleisch doch geschmacklich überzeugend, kreativ verhüllt in Bärlauch-Butter. (7+/10)
Beetroot with smoked marrow & truffle
Sehr ansprechend dann die gegarte rote Rübe mit Pilzen und Trüffel, schöne warme und erdige Geschmäcker! (7+/10)
Juniperberries, goseberries & blackcurrant branches
Nun wird wieder vor dem Gast gebastelt, schliesslich muss Unterhaltung ja auch sein! In einem Eisblock wird ein Wacholderbeereneis platziert und mit der frisch zubereiten Sauce aus Wacholderbeeren und fermentierten Stachelbeeren angegossen. Das Resultat gefällt und schmeckt wie Frühling im Mund. (8/10)
Burnt Jerusalem artichoke with caramel and hazelnut
Der nächste Teller täuscht auf den ersten Blick, erst wenn man die dünne karamellisierte Schicht mit dem Löffel durchschlägt, dringt man zum eigentlichen Kern – Karamell-Eis und gerösteter Topinambur und Haselnuss. Nun bin ich ja kein Fan der manchmal süsslich-penetranten Topinambur-Knollen, doch das Resultat hier – ein Mix aus Süsse, doch auch Röstaromen und einem Hauch von Bitterkeit gefällt hier durchaus. (7+/10)
Nordic vanilla
Mehr Show als Inhalt scheint mir dann die Nordische Vanille zu sein. Natürlich kann man eine Vanilleschote auch nachmachen mit Hilfe einer dehydrierten, mit Malz gefärbten und gesüssten Schwarzwurzel; und diese lässt sich dann auch im Ganzen verzehren, ist süsslich und ganz angenehm im Nachgeschmack. Doch in Summe fällt das eher in den Bereich der Spielereien. (6/10)
Aronia berries, beech nut & caramelized
Zum Abschluss dann noch drei Kleinigkeiten, eine Brioche mit Karamell, ein Mousse der Aronia Beere und eine Nusscreme. (7/10)
Weinbegleitung no. 2
2014 Grüner Veltliner Lamm, Weingut Hirsch, Kamptal, Österreich
2011 Bourgogne Aligoté, Domaine Jean-Claude Bachelet, Bourgogne, Frankreich
2014 Riesling Alte Reben, Weingut Markus Molitor, Mosel, Deutschland
2014 Mersault 1. Cru Genevrières, Domaine Antoine Jobard, Bourgogne, Frankreich
2014 Finca Dofi, Priorat, Alvaro Palacios, Katalonien, Spanien
2014 Etna Rosso Contrada Rampante, Az. Agr. Pietradolce, Sizilien, Italien
2012 Sancerre Skeveldra, Sebastian Riffault, Loire, Frankreich
1996 Colheita Port, Krohn Port, Duoro, Portugal
Unser Küchenreise-Rating
Der Begriff ‚neue nordische Küche‘ passt für das AOC recht gut: Hier werden lokale, nordische Zutaten kreativ und stilsicher kombiniert. Die Gerichte gefallen mit klarem Geschmack, guter Feinabstimmung und handwerklich exakter Umsetzung. |
Und auch neben dem Teller ist Showtime; Immer wieder wird etwas gerührt, gebastelt, finalisiert direkt am Tisch der Gäste. Manchmal warten auch die Gerichte mit dem einen oder anderen Überraschungseffekt auf. Das macht den Abend unterhaltsam, und wenn es auch nicht immer die kulinarischen Qualitäten steigert, so ist es dem Genuss keinesfalls abträglich.
Restaurant AOC in Kopenhagen (DK)
Bewertung Essen (?): | 7+ / 10 |
Küchenreise-Rating (?): | 4 – Gerne wieder |
Guide Michelin: | ** |
Gault Millau: | n/a |
Gusto: | n/a |
Küchenchef: | Søren Selin |
Adresse: | Dronningens Tværgade 2 DK-1302 Kopenhagen |
Telefon: | +45-33-11 11 45 |
Web: | restaurantaoc.dk |
Kosten (Rechnung): | Menü 1’700 DKK Wine Pairing 1’300 oder 1’600 DKK Juice Pairing 700 DKK |
Angekündigter Besuch (?): | Nein |
Einladung (?): | Nein |
Extras (?): | Nein |
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung. |
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