Angenehm warm ist die Abendluft an diesem Tag im späten Februar 2020, ich bin dem kalt-grauen Wetter in Mitteleuropa entkommen. Und die Stadt pulsiert an diesem Samstag Abend, die Autos hupen, die Strassen sind gefüllt mit fröhlichen und gutgekleideten Menschen. Und mit Ausnahme des abgesagten Mobile World Congress (daher habe ich kurzfristig noch ein Hotel und einen Tisch im Lasarte bekommen) scheint Conrona noch abstrakt und fern. Wer hätte damals geahnt, dass wenig mehr als zwei Wochen später die Stadt im Lockdown sein wird?

Ich geniesse die Stimmung und flaniere zum Restaurant Lasarte im luxeriösen Monument-Hotel. 2016 hat Chef Martin Berasategui sein Restaurant in Barcelona eröffnet, mit ähnlicher Stilistik, so informiere ich mich vorab, wie im „Haupthaus“ in San Sebastian. Und schon im Jahre 2017 wurde auch das Lasarte in Barcelona vom Guide Michelin mit drei Sternen ausgezeichnet.

Womit sich natürlich die Frage aufdrängt: Ist das Restaurant ebenso gut wie das Martin Berastaegui in Lasarte-Oria bei San Sebastian? Die Antwort vorweg: Das Lasarte ist an diesem Abend nicht „second to none“, es liegt klar hinter dem Stammhaus bei San Sebastian zurück.

Ready to dine: Lasarte ***, Barcelona

Es ist noch ein wenig früh, so geniesse ich zunächst einen Drink an der schönen Bar des Monument Hotels, bevor ich die paar Schritte zum Restaurant gehe. Vom freundlichen Service werde ich begrüsst und an den Tisch geführt. Der erste Eindruck dort leider ein negativer: der kleine Nebenraum des Restaurants wirkt beengt und dunkel; gar kein Vergleich zu den grosszügigen und hellen Räumen des Restaurants Martin Berasategui bei San Sebastian (Bericht: Und es hat Zoom gemacht).

Menükarte

Angeboten werden im vom Guide Michelin mit drei Sternen ausgezeichneten Restaurant Lasarte in Barcelona drei Menüs aus der Küche von Martin Berasategui eine Auswahl von a la carte Gerichten wie auch zwei Menüs: das kleinere Lasarte Menü (7 Gänge, EUR 230) und das grosse Tasting Menü (10 Gänge, EUR 260). Ich wähle die grosse Version.

Das „Weinbuch“ mit der Weinbegleitung

Neben der umfassenden Weinkarte offeriert das Restaurant Lasarte noch zwei Weinbegleitungen; jene passend zum Tasting Menü mit fünf Weinen für EUR 95, die Grössere zum Degustationsmenü mit 6 Weinen für EUR 150. Der Schwerpunkt liegt bei letzterer auf Spanischen Weinen, ergänzt mit einem Deutschen Riesling (ein günstiger Kabinett von Dönnhof) und einem Puilly-Fume von der Loire (der Zweitwein zum Baron de L von Patrick de Ladoucette). Die im Einkauf wohl teuersten Flaschen sind der 2017 Clio von Bodegas El Nido und der 2015 Rioja Gaminde von Finca Allende; beide im Einzelhandel wahrscheinlich irgendwo um die EUR 50 für die Flasche. Grob schätze ich, dass der Multiplikator zum Einkaufspreis irgendwo bei 6-7 liegen könnte.

Schon werden die ersten Kleinigkeiten an meinen Tisch gebracht: Eine Art warmer Beignet mit Seeanemone, Tapioca-Cracker mit roter Beete und aus Topinambur und eine Art länglicher Toast mit rohen Meeresfrüchten. Das ist sehr gut gemacht, aber ohne den ultimativen Wow-Effekt. (8/10)

Dann ein grosser Klassiker: Das Mille-feuille mit gerächertem Aal, Foie Gras, Grünem Apfel und einer Frühlingszwiebelsauce. 1995 setzte Martin Berasategui dieses Gericht erstmals auf seine Karte im Hauptrestaurant, und seither findet es sich immer wieder auf dieser.

Doch anderes als im Martin Beresategui bei San Sebastian, dort ist die Vorspeise kaum an Genialität zu übertreffen, wirken hier die Proportionen der Bestandteile nicht ganz so stimmig auf mich; die Umsetzung nicht vergleichbar perfekt. Ja, die Säure der dünnen Granny Smith Scheiben ist eine tolle Kombination mit dem Fettreichen Aal, doch sie bleibt hier vergleichsweise im Hintergrund. Der Schmelz der Gänseleber, die karamellisierte Schicht ganz zu oberst, die Sauce mit Frühlingszwiebeln – alles überzeugend, doch erneut ohne den ultimativen Wow-Kick. (8+/10)

Anschliessend wird mir Brot vom Brotwagen gebracht, dazu Olivenöl und unterschiedlich aromatisierte Butterstücke.

Auf den ersten Blick, oder sagen wir mal farblich erinnert der nächste Gruss aus der Küche an die Jalapeno-Creme mit Carabinero-Tatar, welches bei Peter Kogel im Basler Cheval Blanc (Bericht: Königlicher Genuss) serviert wird und dort mittlerweile schon eine Art Signature Dish geworden sein dürfte. In den Details unterscheidet sich die Speise aber deutlich; die Schärfe des kühlen Schaumes mit Jalapeno und Gurke,ist im Lasarte an diesem Abend sehr präsent, aber die Kombination mit einem Stabmuschel-Tatar und der Lakritze sehr gelungen. Dennoch 1:0 für Peter Kogel im Cheval Blanc. (8+/10)

Sweet potato, avacado and grilled corn, marinated hamachi and coriander

Kleinteilig und ansprechend dann der grossartige Hamichi, kombiniert mit Süsskartoffeln wie auch einer Art Mille Feuille aus Avocado und Grilled Corn. (8+/10)

Langoustine and ginger, arabica Brazilian coffee infusion and roasted sheep milk
Squid tatare qwith liquid egg yolk, onion and kaffir consommé

Sehr ansprechend dann das Tatar vom Tintenfisch mit Tupfen von karamellisiertem Zwiebel, Kafir, einem flüssigen Eidotter und Trüffel – ein Wohlfühlgericht! (8+/10)

Caper Royale, seaweed and liquid tomato, tembered carabinero and its coral soup

Klein, aber fein dann das nächste Gericht: Ein sehr ansprechender Carabinero mit Algen und Tomated, das ergibt ein schönes und Rundes Geschmacksbild. (8/10)

Vegetable leaf and petal salad, herbs, sprouts with lettuce cream and lobster

Ein grosser Klassiker dann aus der Küche von Martin Berasategui dann der „Gemüsesalat“, welcher in seiner ursprünglichen Version im Jahre 2001 im mit vom Guide Michelin mit 3 Sternen ausgezeichneten Restaurant des Chefs in der Nähe von San Sebastian auf die Karte kam, und seither in kleinen Variationen dort, aber etwa auch in vereinfachter Version im eMe Be Garrote (dem Bistro-Restaurant des Chefs) oder nun auch im Lasarte in Barcelona angeboten wird. Wahrlich ein Signature Dish für nun fast 20 Jahre!

Wenn auch das Gericht im Lasarte nicht ganz so rund und begeisternd ist wie im Schwesterrestaurant bei San Sebastian: Dennoch schön und Abwechslungsreich die vielfältigen Geschmäcker und Aromen, toll die Bitternoten, das jodige Gelee, der Hummer.. (8+/10)

Wagyu ravioli and glazed eel, iodized cream, horseradish and caviar

Grossartig dann aber die Ravioli (mit etwas dickerem Teig) gefüllt mit geschmortem Wagyu-Beef, einer Nochke von Caviar, glasiertem Aal und Meerrettich-Creme. (9/10)

Red mullet in suquet with Vinum Acre pearls, smoked sardine and celeriac

Sehr überzeugend dann auch die feste und perfekt auf den Punkt gegarte Rotbarbe mit einem wunderbar-komplexem Fonds, Perlen mit „Vinum Acre“ und geräucherter Sardine. (9/10)

Grilled venison with black truffle cream, orange sauce and spiced jus

Perfekt dann das Rehfilit mit einer Orangensauce, einem angenehm-würzige Jus, einer Trüffelcreme und Morcheln. (9/10)

Cardamom spheres, apple and yogurt

Kardamon (als Sphären), Yoghourt Perlen und Appfel – eine grossartige Kombination! (8+/10)

Pecan nut bonbon, milk rocks, coffee and smoked whiskey

Doch das Dessert-Highlight ist der nun folgende, bescheiden wirkende und auftretende Gang: Pekanuss-„Bonbons“, Milch-„Felsen“, Kaffee und Whiskey mit Räucheraromen werden hier zu einer wunderbar feinen, runden und filigranen Komposition mit unterschiedlichen Konsistenzen und Temperaturkontrasten vereint! Das ist dezent, in keinem Moment plakativ oder aufdringlich und gerade deshalb so überzeugend – grossartig! (9+/10)

Petit-fours

Zum Abschluss des Abends dann noch einige ansprechende Petit Fours.

Seit 2016 betreibt Chef Martin Berasategui sein „Zweitlokal“ in Barcelona, das Lasarte, welches vom Guide Michelin gleichfalls mit drei Sternen ausgezeichnet ist. Das Restaurant gibt einen grossartigen Einblick in die Küche des Chefs, die Umsetzung des Menüs ist an diesem Abend jedoch nicht so überzeugend wie im Stammhaus in Lasarte-Oria nahe San Sebastian; auch die Atmosphäre im Nebenraum des Speisesaales wirkt trist im Vergleich zum Stammhaus.

Bewertung Essen (?): 8* / 10
Küchenreise-Rating (?): 4 –  gerne wieder
Guide Michelin: ***
Gault Millau:
Gusto:
Küchenchef: Martin Berasategui / Paolo Casagrande
Adresse: Carrer de Mallorca, 259, ES-08008 Barcelona
Telefon: +41-34-934 45 32 42
Web: restaurantlasarte.com
Kosten:

Lasarte Menü (7 Gänge) EUR 230, Tasting Menü (10 Gänge) EUR 260

Angekündigter Besuch (?): Nein
Einladung (?): Nein
Extras (?): Nein
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung.
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