Reise in die Vergangenzeit

Von himmlischen Kreationen spricht der Gault Millau, und erklärt, dass Chef Janez Bratovžes es scheinbar mühelos schafft, aus durchaus bodenständigen Zutaten solche zu zaubern. Mal werden die zarten Texturen gelobt, mal das echte Feuerwerk der Aromen, dann erhält der Gast einen Gaumenschmeichler, so der Restaurantführer; und verleiht dem JB Restaurant 16 Punkte. Und auch in der Liste der World’s 100 Best Restaurants war das JB schon mal vertreten.

Gebucht! Schade nur, dass was an jenem Abend auf meinen Teller kam, so gar nicht den vom Gault Millau gesetzten Erwartungen entsprach. Mir schien, ich war auf einer Reise in die Vergangenheit…

Mein Dinner im JB Restaurant in Ljubliana

Eigentümlich schon die Dekoration des fast leeren Restaurants. Modernistische Elemente wie Spiegelschränke wie aus den 80er Jahre, an den Wänden eine Vielzahl Bilder, auf dann erst auf dem Tisch: Grünliche Glaskugeln, innen mit kleinen Lämpchen beleuchtet, neben kleinen und kitschigen Zwergen (man verzeihe mir, wenn ich diese mythologischen Figuren nicht richtig einordnen sollte). Während ich über letztere hinwegsehen kann, lässt das grünliche Licht der ersteren weder die anwesenden Personen noch die Speisen besonders vorteilhaft erstrahlen.

Ja, die anwesenden Personen: Er naht, die Rettung des Abends. Nicht kulinarischer, doch servicetechnischer Art. Der Herr im Service ist aus dem Elsass, die Liebe hat ihn wohl nach Slowenien verschlagen. Eine Mischung aus Maitre d’ in einem Drei-Sterne-Restaurant und einem Ober in einem Wiener Kaffeehaus. Er versteht es, den Gast in eine andere Welt zu verzaubern, jenseits von kulinarischen Anspruchshaltungen.

Das Essen: Ich entschliesse mich zum Grossen Tasting Menü (EUR 85)

– Greetings from the kitchen

– Backed peppers with eggplant and burata

– A cube of beef fillet with meat sauce, olive oil, caviar and mustard cream

– Fresh Adriatic shrimp on almonds cream and lemon grass foam

– Goose liver with dried apricots marmelade and shallot

– Snail with a lovage and toioca

– Homemade ravioli filled with cottage cheese and pistachio, meat and cream sauce, goose liver, liquorice

– Sorbetto

– Fillet of white fish, sea sauce, mangold with potatoes, oysters

– Deer back with the sauce of juniper berries

– Dessert „JB“

mit ein paar kleinen Anpassungen.

Das Menü dann zur Hintergrundmusik aus den 90ern passend; Grosse Zutaten wie Gänseleber oder Austern (einzig die modernen Tapiokaperlen haben es auch auf den Teller geschafft, weshalb bloss diese?), mit wenig Komplexität und mit nicht überzeugendem Geschmack im Stil vergangener Jahrzehnte zubereitet. Und auch wenn sich der Küchenchef zeitweise intensiv dem Tisch mit den Damen nebenan widmet, so rettet der weltgewandte Herr im Service zumindest atmosphärisch den Abend.

          

Unser Küchenreise-Rating

Die Küche im JB Restaurant erinnert an vergangene Epochen mit französischem Einschlag und slowenischen Elementen, die Speisen der langen Menüfolge sind nicht zu komplex angelegt und haben mich geschmacklich nicht überzeugt. Die Küchenlinie würde aus meiner Sicht eine Modernisierung vertragen, auch ein fokusierteres Angebot würde ihr guttun. Am meisten irritiert hat mich jedoch der Unterschied zwischen Beschreibung im Gault Millau und am Website und meiner Wahrnehmung; und noch immer verstehe ich nicht, weshalb meine Erwartungen und die Realität so ganz anders schienen..

JB Restaurant, Ljublijana (D)

Bewertung Essen (?): 5 / 10
Küchenreise-Rating (?): 1 – nicht wieder
Guide Michelin:
Gault Millau: 16 / 20
Gusto:
Küchenchef: Janez Bratovž
Adresse: Miklošičeva cesta 19, 1000 Ljubljana
Telefon: +386-1-430 70 70
Web: jb-slo.com
Kosten (Rechnung): Grosses Tasting Menü: EUR 85
Angekündigter Besuch (?): Nein
Einladung (?): Nein
Extras (?): Nein
Alle Bewertungen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Besuches. Unsere Wertungen reflektieren einzig unsere persönliche Meinung.
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1 Kommentar

  1. Sehr schön geschrieben, den Abend kann man sich sehr gut vorstellen… Slowenien steht jetzt eh nicht auf meiner Liste der bald zu besuchenden Länder, aber nun weiss ich wenigstens, wohin ich nicht essen werde, sollte ich doch mal dort sein 😉

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