Kulinarischer Traum am See
Die KritikerInnen der Sonntagszeitung, NZZ, Bilanz & Co haben wir diesmal abgehängt. Bei der spannendsten Restaurant-Eröffnung des Jahres am Schweizer Vierwaldstättersee.
Kein Wunder auch, die Stimmung ist mystisch, als wir uns Vitznau (30 min von Luzern / 50 min von Zürich entfernt) nähern. Da kann man sich leicht verirren…
Hinter einer Kurve taucht dann plötzlich das hell erleuchtete Parkhotel vor uns auf. 1867 als Pension Pfyffer eröffnet wurde dann 1901-1903 das eigentliche, prachtvolle Parkhotel angebaut. 2009 wird das zwischenzeitlich zur Oetker-Gruppe gehörige Hotel dann an Peter Pühringer verkauft.
Ja, an jenen Peter Pühringer, welcher auch in Wien im Palais Coburg ein prachtvolles Hotel etablierte. In welchem sich nun eines der besten Wiener Restaurants befindet, das Silvio Nickol (Lesen Sie auch: Chef, die Warp 2 Barriere ist durchbrochen!).
Prächtig ist auch das Parkhotel geworden. Der Umbau hat deutlich länger gedauert als erwartet, doch vor kurzem wurde dann endlich eröffnet.
Wir fahren vor und betreten das Hotel durch den neuen Eingangsbereich. Freundlich werden wir begrüsst. Grosszügig, hell und eindrucksvoll ist die Hotellobby.
Wir sind gespannt – wird uns dieser Abend kulinarisch zum Träumen bringen?
9 Gänge bietet die Karte des Restaurant Focus an. Der Gast kann sich daraus sein Menü zusammenstellen. Schwer, da nicht „alle Neune“ zusagen!
Der Weinkeller ist riesig, und auch eine Weinbegleitungwird angeboten; letztere haben wir gewählt. Und schon geht es los!
Unser Dinner im Restaurant Focus im Parkhotel in Vitznau
0. Grüsse aus der Küche
5 Grüsse erlauben uns erste Einblicke in die Küchenlinie von Nenad Mlinarevic. Ja, jener Nenad Mlinarevic, der u.a. bei Andreas Caminada (Schloss Schauenstein) als Sous Chef gearbeitet hat und dann im „Neue Blumenau“ einen Michelin-Stern erkochte und Gault Millau „Neuentdeckung des Jahres 2011″ wurde.
Und so kosten wir uns durch 5 Kleinigkeiten – zunächst ein Buchweizencracker gefüllt mit Crème Fraîche.
Anschliessend ein Cracker mit feiner schärfe gebender Salsiccia.
Der nächste Gruss lässt dann erahnen, was die Küche drauf hat: Eine gebeizte Makrele (wir lieben Makrele – ein oft unterschätzter Fisch), dazu dünne Scheiben vom Radieschen, ein Radieschenjus sowie Meerrettich.
Die Intensität des Fisches treffen hier auf die feine Schärfe von Radieschen und Meerrettich; und das ganze Gericht ist wunderbar lebendig und frisch abgeschmeckt!
Danach essen wir Taschenkrebs auf Gurkencreme und schön knackigen Gurkenwürfelchen – eine gute Kombination.
Und nun geht’s zum Käse. Schweizer Sbrinz ist für manch Käsekenner die bessere Alternative zum Parmesan. Am Teller hier ein Sbrinz-Chip, ein Würfelchen aus einer Art Gelee vom Käse (anders als annonciert innen nicht mehr flüssig) sowie der Sud vom Käse – gelungen!
Gleich beginnt das Menü – auch das Brot und die Butter wrid uns nun gebracht.
1. GEMÜSE Kräuter_Knochenmark
Veyder-Malberg Grüner Veltliner Hochrain, Wachau 2011
Als ersten Gang geniessen wir säuerlich mariniertes Gemüse (‚Pickles‘) mit geräuchertem Rindsmark, Markschaum und am Tisch angegossenem Rinderfonds.
Das Gemüse ist wunderbar knackig, mit viel Eigengeschmack und mit lebendiger, leicht säuerlicher Note! Die intensiveren Noten des fettreichen Knochenmarks und des Markschaumes ergänzen dazu toll, und der intensive Rinderfonds verbindet alle Komponenten auf gute Art und Weise. Supertoll!
2. ENTE Leber_Rhabarber
Robert Weil Riesling Kiedricher Gräfenberg Spätlese Rheingau 2006
Nun steht Entenleber am Programm: Als wunderbare Terrine und als Eis.
Dazu begleitet wiederum gepickelter Rhabarber mit Süsse und leichter Säure, Sellerie und Ziegenmilchkaramel. Gereicht wird dazu ein kleines Brioche. Gelungen!
3. ST. PIERRE Bohnen_Raps
Jean-René Germanier Petite Arvine, Valais 2010
Der St. Pierre versucht, mit seinem festen und wohlschmeckenden Fleisch zu glänzen – für uns ist er jedoch schon deutlich zu lange in der Hitze gewesen und daher zu trocken. Sehr wohlschmeckend dazu das Erbenspüree, verschiedene schön knackige Bohnengemüse und eine leckere Bohnenkraut-Velouté.
4. KABELJAU Zitrone_Brokkoli
Kongsgaard Chardonnay Napa Valley 2004
Beim Kabeljau ist der Garpunkt sehr gut getroffen. Dazu gibt es schwarzen Knoblauch (Frittiert, als Creme), Zitronenconfit, Zitronenöl, Brokoli und kleine Würfelchen von eingesalzener Zitrone.
Eine harmonische Kombination, welche beim Biss auf einen Zitronenwürfel immer einen kleinen Extra-Kick erhält.
Ein Spaziergang zwischen den Gängen
So, bevor es mit dem nächsten Gang weitergeht, Zeit für einen Spaziergang durch das Hotel. Gehen wir doch zunächst durch die Lobby auf die Terrasse. Toll der Ausblick auf den abendlichen Vierwaldstättersee! Und wie schön muss es sein, an einem schönen Frühsommerabend auf dieser Terrasse zu sitzen!
Zurück von der Terrasse in die weitläufige Lobby – stylisches Weiss und helle Farben beherrschen hier das Bild:
Weiter gehen wir wieder zum Restaurant. Das Entrée dort gleichfalls sehr stylish, gemütlich wirkt die grüne Sitzbank, interessant rechts der „Besteck-Baum“:
Den Weinkeller dürfen wir natürlich nicht links liegen lassen. „Den“ Weinkeller‘? Es gibt gleich deren 6 verglaste Weinkeller!
Auch bei den Grossflaschen rechts im Vordergrund würden wir keinesfalls Nein sagen…
Zurück im Restaurant: Im Moment ist farblich alles in violett getaucht. Das erinnert uns an die Farbgebung im Silvio Nickol in Wien. Könnte sich jedoch ändern – die Beleuchtung kann in verschiedenen Farbtönen glänzen.
Und schon geht es wieder weiter mit unserem Dinner…
5. SPANFERKEL Weisskohl_Senf
Wunderbar zart mit schönen Röstaromen ist nun das Spanferkel! Dazu bekommen wir karamellisierten Blumenkohl, feine und toll knackige Scheiben vom Weisskohl und ein Blumenkohlpüree. Vermählt wird das ganze durch eine Senfvinaigrette. Ein toller Gang!
6. RIND Pilze_Kartoffel
Grünenfelder Pinot Noir Eichholz Jenins, 2005
Der nächste Gang wirkt etwas polarisierend auf uns. Das Fleisch scheint uns nicht gerade butterzart – schade. Die Pilzvariationen sind dafür ganz grosse Klasse! Und die Pilzcreme, in Kombination mit den zwei kleinen und intensiv schmeckenden Kartöffelchen sogar ein Wow-Erlebniss!
7. KÄSE Jersey Blue_Stoss_Bergfichte
Der Käsegang nun aus der Schweiz: Wunderbar cremig-flüssiger Stanser Fladä, ein Bergkäse von der Alp Stoss und ein in der Schweiz (aus der Milch der Jersey Kühe) hergestellter Jersey Blue.
Lecker dazu auch das Sanddorngel (und ja, hat auch noch eine Menge Vitamin C – wenn schon der Frühling nicht kommt…) und ein kleines Stückchen Bündner Nusstorte in Perfektion.
8.a KAROTTE
Vor den süssen Gängen grüsst die Küche erneut, und zwar mit Karotte: Als Kuchen, eingelegt und als Sorbet. Ein schöner Zwischengang.
8.b FRÜCHTETEE Zitrusfrüchte_Exotische
Gantenbein Pinot Noir Eichholz Jenins, 2005
Früchtetee mal anders. Und das auf eine Art und Weise, welche auch uns als Nicht-Früchtetee-Liebhaber durchaus mundet…
Am Teller finden sich verschiedene Zitrusfrüchte, ein Mandarinensorbet und eine Erdbeerconsommée – gut.
9. BIRNE Milch_Malz
Château Rieussec 1997
Ein richtig schöner Abschluss dann das zweite Dessert, die Birne mit Milch und Malz.
Da sind Stücke von pochierter Birne, da ist Dorrbirnen-Paste. Da ist Milcheis, da sind eine Art Milchcracker. Und da ist braune ‚Erde‘ aus mit Kondensmilch verfeinertem Malz.
Das ergibt eine tolle Kombination aus Fruchtigkeit, aus leichter Bitterkeit und aus kühler Milchigkeit. Und ist auch optisch gelungen. Sehr lecker!
10. Petit Fours
Spät ist es geworden. Schade, unser Dinner neigt sich dem Ende zu. Doch auch die Pralinen machen Freude: Wirklich toll z.B. die Himbeerpralinen und die Schaumküsse (so ähnliche haben wir auch im Restaurant Vendôme geniessen dürfen). Aber auch alle anderen haben wir restlos verputzt.
[tabs title=“Tabs Group Title“ active=1 event=“click“] [tab title=“Rating“]
Unser Küchenreise-Rating
Wir waren ganz kurz nach der Eröffnung im Restaurant Focus im Park Hotel Vitznau. Bereits beeindruckend die Küche. Eine moderne, internationale Linie wird hier gefahren. Gerichte wie das Gemüse mit Knochenmark, die Entenleber mit Rhabarber, das Spanferkel mit Weisskohl oder die Birne mit Milch und Malz begeistern!
An anderer Stelle wird wohl noch ein wenig mit angezogener Handbremse gefahren, das ist normal bei einem neuen Restaurant. Ein wenig mehr Verwegenheit etwa bei den Grüssen aus der Küche würde uns noch mehr Freude bereiten; und der eine oder andere Garpunkt könnte noch perfekter sein.
Doch wir glauben, dass hier ein ganz tolles Restaurant entsteht. Und sehen alles Potential, um aus dem Restaurant Focus das „am höchsten bewertete“ Restaurant am Vierwaldstättersee werden zu lassen.
Ergänzung Ende 2013: Das Hotel wurde mttlerweile mit 2 Michelin Sternen ausgezeichnet!
Wenn das die anderen wie das Restaurant Belvedere (Lesen Sie auch: Kulinarischer Bauhaus-Stil am See) oder das Restaurant Annex im Park Weggis (Lesen Sie auch: Den Vierwaldstättersee nicht links liegen lassen) glechfalls zu immer höheren Leistungen animiert, soll’s uns recht sein!
Der Service ist schon kurz noch Eröffnung souverän: Kompetent, freundlich, unterhaltsam und mit Charme – unser Kompliment!
Die Location – stylisch und beeindruckend. Mit zwei kleinen Kritikpunkten – der Handy-Empfang im Hotel / Restaurant ist vielerorts lausig (daran scheint aber gearbeitet zu werden). Und die Akustik im Restaurant ist schlecht – manchmal wie in einer Kantine hört mal Stimmengewirr und Tellergeklimper.
Ein kulinarischer Traum am See? Ja, wir haben den Abend sehr genossen! Und kommen sicher wieder, um die Entwicklung von Restaurant und Küche weiter zu verfolgen.
5 – Unbedingt wieder
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder)
Was schreiben andere?
Da das Restaurant Focus Ende März 2013 neu eröffnet wurde, liegen noch keine Wertungen vom Guide Michelin oder vom Gault Millau vor.
Ergänzung: Mitllerweile 2 Sterne im Guide Michelin, 16 Punkte im Gault Millau.
[/tab][tab title=“Kosten“]Das Finanzielle
Im Restaurant Focus stehen 9 Gänge auf der Karte, der Gast kann sich daraus sein persönliches Menü zusammenstellen. Die Kosten belaufen sich dann zwischen CHF 140 (4 Gänge) bis zu CHF 215 (9 Gänge). Dazu ist eine Weinbegleitung erhältlich, alternativ hält der Weinkeller des Hauses eine beeinduckende Kollekton aussergewöhnlicher Trouvaillen bereit.
Der Preis für unser Dinner (einmal 7-Gang, einmal 9-Gang, Teile der Weinbegleitung, Wasser, Espresso) war angemessen und betrug knapp CHF 600,-
[/tab][tab title=“Adresse“]Die Adresse
im Park Hotel Vitznau
Seestrasse 18
CH-6354 Vitznau
Reservationen
Reservationen können per Telefon +41-41-399 60 60 oder via Email info@parkhotel-vitznau.ch getätigt werden.
[/tab] [/tabs]